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Die Tour de France ist ein Witz dagegen

Nicole Reist ist Ultracyclerin. Und zwar mit Abstand die beste. Gerade hat die 35-Jährige aus Weisslingen (ZH) das «Race Across France» gewonnen. Für 2600 Kilometer und 45 000 Höhenmeter brauchte sie 5 Tage, 8 Stunden und 22 Minuten. Und sie ist noch lange nicht am Ende.

Was hast du in den letzten Tagen so gemacht? Ein bisschen Sport? Vielleicht sogar locker die magische 10 000-Schritte-Marke geknackt und zufrieden auf deinen Fitness-Tracker geschaut? Oder die Tour de France gewonnen? Selbst wenn es so sein sollte und du Egan Bernal heisst, wirkt dein tägliches Sportpensum verglichen mit Nicole Reists Leistungen bestenfalls überschaubar. Ihren Weg verfolge ich seit einiger Zeit mit ungläubigem Staunen.

  • Hintergrund

    «Ein Rennen fühlt sich an wie das Leben im Schnelldurchlauf»

    von Michael Restin

900 Kilometer Vorsprung

Ultracycling fängt in Dimensionen an, die kaum zu fassen sind. Ab 1000 Kilometern nonstop gehen die Rennen los. Nicole Reist ist bei den Frauen praktisch konkurrenzlos und auch im Vergleich mit den Männern absolute Weltspitze. Nur der Luxemburger Ralph Diseviscourt war beim «Race Across France» vor ihr im Ziel, die «Verfolger» lagen rund 900 Kilometer zurück. Besser geht's nicht. Oder? «Bei freundlicherem Wetter wäre wohl noch eine bessere Zeit drin gelegen», sagte Reist am Ziel in Le Touquet-Paris-Plage an der französischen Nordküste.

Schlaflos im Sattel

Am legendären Mont Ventoux machten ihr Böen von bis zu 80 Stundenkilometern zu schaffen und in anderen Gegenden der Grande Nation herrschte starker Gegenwind. Das ist nicht nur für den Körper, sondern auch mental eine Qual. Angesichts der Umstände sind 5 Tage, 8 Stunden und 22 Minuten für 2600 Kilometer und 45 000 Höhenmeter doch eine ganz ordentliche Zeit. Auch die drei Schlafpausen von jeweils rund 45 Minuten, die sie sich während des Rennens gegönnt hat, seien aufgrund der Umstände verziehen.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Berg: Nicole Reist am Mont Ventoux.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Berg: Nicole Reist am Mont Ventoux.
Quelle: Beatrix Arlitzer

Richtig gelesen: Drei kurze Pausen an fünf Tagen, ansonsten sass Nicole Reist permanent im Sattel. Für sie war es wohl eine Art bergiges Mittelstreckenrennen, zumindest im Vergleich mit einer anderen Herausforderung: «Beim 'Race Across America' kommen 50 000 Höhenmeter auf 5000 Kilometer. In Frankreich sind es fast gleich viele Höhenmeter auf etwa die halbe Distanz.»

Auf nach Österreich

Nur die halbe Distanz? Da geht also noch was. Das «Race Across America» hat Nicole Reist schon zweimal gewonnen. Diese Saison setzt sie sich andere Ziele. Nachdem Frankreich durchquert ist, legt sie erst einmal die Beine hoch... nein, natürlich nicht. Sie startet schon am 12. August beim «Race Around Austria», das mit 2200 Kilometern und gut 30 000 Höhenmetern auch eine knackige Veranstaltung ist. Die Konsequenz für Nicole Reist: «In der kurzen Pause dazwischen muss ich ziemlich hart trainieren, damit mein Körper nach dem Rennen nicht in einen längeren Erholungsmodus geht.» Na dann: weiter geht's. Sehr viel weiter.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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