Produkttest

Die Sigma fp im Nichttest

David Lee
4.12.2019

Die kleinste Vollformatkamera der Welt lässt sich modular aufrüsten und wie eine Grosse bedienen. Sie bietet ausserdem professionelle Video-Features. Schön, schön. Ich weiss allerdings nicht, was ich damit anfangen soll.

Dies hätte ein Test der kleinsten Vollformatkamera der Welt werden sollen. Doch ich habe mich extrem schwer damit getan. Das liegt am sehr eigenwilligen Konzept dieser Kamera. Herausgekommen ist am Ende mehr so eine Art Erfahrungsbericht.

Eine Profi-Videocam?

Mein Problem ist allerdings, dass ich Profi-Videofunktionen nicht sinnvoll testen kann. Das ist eine Welt für sich, in der ich nicht zuhause bin. Unser Video Producer Manuel Wenk ist zwar an einem Test interessiert, aber nur, wenn er dafür ein passendes Projekt findet – und das kann noch länger dauern.

Fotografieren mit der Sigma fp

Doch selbst, wenn ich mich auf die Fotofunktionen beschränke, gibt mir die Sigma fp mehr als genug Rätsel auf. Für eine Vollformatkamera ist sie winzig, was irgendwie sehr cool ist. Ohne Griff und Objektiv sieht sie aus wie eine Kompaktkamera.

Doch in dieser Form ist die Kamera natürlich nicht brauchbar. Da gehört mindestens noch ein Objektiv dran. Vollformat-Objektive sind tendenziell gross. Mit dem 45mm f/2,8 ist die Kamera noch einigermassen handlich. Die beiden anderen Linsen, die ich ausprobieren konnte, sind gross und schwer.

Um die Kamera so klein bauen zu können, hat Sigma diverse Dinge weggelassen: Sucher, Blitz, Handgriff. Das alles lässt sich als separates Zubehör anschrauben oder anstecken. Es handelt sich um ein modulares System. Das bedeutet aber auch, dass du alles separat dazu kaufen musst und des Öfteren am Umbauen bist.

Ich habe von diesem Zubehör nur den Handgriff zur Verfügung und den brauche ich bei den zwei grösseren Objektiven unbedingt.

Zwischen dem Bildschirm und dem Rest des Bodys befindet sich ein Spalt, aus dem die Abwärme entweichen kann. Der Bildschirm sieht darum aus, als ob man ihn herausziehen könnte, doch er ist unbeweglich.

Noch mehr Rätsel

Und so geht das immer weiter. Ich nehme die Kamera mit in eine Indoor-Gokart-Anlage, es ist ziemlich dunkel und die Belichtungszeiten müssen kurz sein. Das bedeutet: Es braucht hohe ISO-Werte. Hier eine Aufnahme mit 5000 ISO.

Das Rauschverhalten ist einer Vollformatkamera würdig. Irgendwie cool. Aber eine richtige Sportkamera ist die Sigma fp nicht. Kein superschneller Autofokus, zu wenig Bedienelemente. Ich bin etwas ratlos.

Sigma verwendet kein proprietäres RAW-Format, sondern Adobe DNG. Das finde ich vorbildlich. DNG lässt sich bezüglich Farbtiefe und Weissabgleich genauso flexibel bearbeiten wie RAW, ist aber ein standardisiertes Format, mit dem fast alle Editoren, auch ältere, umgehen können.

Ganz nett finde ich die verschiedenen Farbstile für JPEGs, die durch eine eigene Taste direkt zugänglich sind. Auch wenn ich am Ende doch die Rohdaten bearbeite statt das farblich modifizierte JPEG: Die Farbvarianten bringen mich dazu, schon beim Fotografieren auf eine bestimmte Richtung hinzuarbeiten. Das ist sehr wertvoll, denn nur so mache ich überhaupt die entsprechenden Fotos. Wenn die Fotos nicht existieren, nützt auch die beste Nachbearbeitung am PC nichts.

Rätsel gibt mir die Funktion Fill Light auf. Laut Benutzerhandbuch dient sie dazu, dunkle Schatten aufzuhellen, ohne dass die hellen Partien zu hell werden. So einen Kontrastausgleich haben fast alle Kameras, er funktioniert in der Regel nur im JPEG-Modus. So auch hier.

Das Seltsame ist, dass ich Fill Light bis auf Plus 5 oder Minus 5 drehen kann, jedoch schon Stufe 1 starke Auswirkungen hat. Auf Stufe 3 gibt es einen völlig übertriebenen HDR-Effekt, und was die Kamera auf Stufe 5 abliefert, ist einfach nur noch grotesk.

Eine Kamera für alles, oder doch nur für Videos?

Trotzdem mag ich die Kamera. Die schnuckligen Abmessungen, die stabile Verarbeitung, die Objektive, die Eigenwilligkeit. Kaufen würde ich sie mir aber nicht.

12 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


Foto und Video
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Produkttest

Unsere Expertinnen und Experten testen Produkte und deren Anwendungen. Unabhängig und neutral.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Nikon Z5II: solider Einstieg ins Vollformat

    von David Lee

  • Produkttest

    Hands-on mit der Fujifilm GFX100RF: minimalistisches Mittelformat

    von Samuel Buchmann

  • Produkttest

    Diese Kamera ist schlecht

    von David Lee