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Die Qual der Wahl: Darum fallen Entscheidungen so schwer

Schon mal eine Münze über dein Liebesleben entscheiden lassen? Bei den vielen Entscheidungen, die du täglich triffst, hätte das kleine Geldstück bereits ein Schleudertrauma. Wenn auch du zu den stets Unentschlossenen dieser Welt gehörst, kommt hier ein Lösungsvorschlag.

Du stehst vor dem Supermarktregal. Allein das Überangebot an Fruchtjoghurt-Optionen lässt dich Minuten davor verbringen – unsicher, welche Sorte du in deinen Einkaufskorb legen sollst. Heidelbeere, Himbeere, Pfirsich, Natur ... Es ist zum Verzweifeln.

Die Sache ist nur die: Es bleibt nicht bei dieser einen Entscheidung. Pro Tag musst du rund 20 000 ähnlicher Entscheidungen treffen. Das behauptet zumindest Hirnforscher Ernst Pöppel in seinem Buch «Zum Entscheiden geboren». Er stellt darin auch fest: Rund 40 Prozent deines Gehirns sind nur dafür da, Entscheidungen zu treffen.

Ja, nein, keine Ahnung: Warum fallen Entscheidungen so schwer?

Du wendest täglich sehr viel Energie dafür auf, Entscheidungen zu treffen. Denn auch wenn von tausenden Entscheidungen die meisten automatisch getroffen werden, bleiben dir noch zwischen 20 und 70 Entscheidungen am Tag, die du bewusst treffen musst, sagt die Expertin. Und warum kommt es dabei so oft zu inneren Konflikten?

«Die verschiedenen Entscheidungsoptionen stehen oft für verschiedene Ziele oder Wünsche, die man im Leben hat. Schwierig wird es, wenn diese im Konflikt zueinander stehen», sagt von Helversen. Besonders bei wichtigen Entscheidungen, wie welches Studium du wählen oder welches Haus du kaufen sollst, kommen Zweifel ins Spiel. Und ein langer Abwägeprozess aller Vor- und Nachteile nimmt seinen Lauf.

Mit jeder Entscheidung für etwas, entscheidest du dich auch immer gegen eine Reihe anderer Möglichkeiten. «Diese Trade-offs nimmt man leichter in Kauf, wenn man sich selbst gut kennt. Je klarer man sich darüber ist, was einem selbst wichtig ist, desto leichter fällt die Entscheidung» sagt die Expertin.

Wer sich selbst gut kennt, entscheidet leichter. Darüber hinaus entscheiden aber auch andere Faktoren in der Persönlichkeit darüber, wer schnell Entscheidungen fällt – und wer noch immer vor dem sprichwörtlichen Joghurt-Regal steht. «Entscheidungsfreudige Menschen haben oft eine höhere Selbstwirksamkeit und sind meist insgesamt optimistischer und emotional stabiler» sagt von Helversen.

Intuition, Erfahrung, Erwartung: Was beeinflusst deine Entscheidungen?

Was die Entscheidungsfindung außerdem so verdammt schwierig macht: Währenddessen wirken viele innere und äußere Einflüsse auf dich ein: Fehlende kognitive Ressourcen durch Stress oder Zeitdruck, Emotionen, persönliche Präferenzen, Erwartungsdruck oder durch das soziale Umfeld. Oder man hat einfach ein schlechtes oder gutes Bauchgefühl.

«Das Bauchgefühl ist oft nicht irrational, sondern spiegelt unsere Erfahrungen wider» sagt die Expertin. «Erfahrung ist ein wichtiger Grundbaustein für das Treffen von Entscheidungen. Im positiven Sinne – durch sie lernen wir, welche Attribute von Optionen wichtig für uns sind.» Entscheidungen, die in der Vergangenheit richtig waren, bieten dir folglich Orientierung für zukünftige Entscheidungen.

Diese Bauchentscheidungen sind oft aussagekräftiger als langes Abwägen der Vor- und Nachteile. Das kann je nach Entscheidung durchaus sinnvoll sein, denn: «Rationale Prozesse können manchmal in die Irre führen» sagt die Expertin. «Man kann schnell das Gefühl dafür verlieren, was einem selbst wichtig ist und passt sich stattdessen den Erwartungen anderer an.»

Dein soziales Umfeld hat nämlich viele Erwartungen, die normativ richtige Entscheidung zu treffen – und übt so einen enormen Entscheidungsdruck aus. «Besonders Erwartungen von Menschen, die einem nahe stehen, können Entscheidungen beeinflussen» sagt von Helversen.

«Choice Overload»: Machen viele Entscheidungsmöglichkeiten unzufrieden?

Du wählst also nicht nur zwischen ungeheuer vielen Optionen pro Tag, du versuchst diese Entscheidungen noch dazu im Einklang mit den vielen inneren und äußeren Einflussfaktoren zu treffen. Kein Wunder: Das führt häufig zu einer inneren Zerrissenheit.

Entscheidungen treffen: Mit diesen Tipps fällt es dir leichter

Ums Entscheiden kommst du nicht herum. Ob alltägliche oder scheinbar lebensverändernde Entscheidungen: Du allein musst dich ihnen stellen. Das Gute ist: Es gibt Tipps, wie du dich an gute Entscheidungen herantasten und so das Entscheiden üben kannst. Expertin von Helversen teilt fünf Tipps, wie du dich an die wichtigen und unwichtigen Entscheidungen des Lebens wagen kannst:

1. Erkenne das Problem

Entscheidungen zu treffen ist schwierig, besonders bei wichtigen, komplexen Lebensfragen. Im ersten Schritt kannst du dich also fragen: Weshalb fällt diese Entscheidung gerade so schwer und wo liegt das Problem? «Zuerst sollte man das Problem erkennen, über die Konsequenzen nachdenken und sich der Trade-offs bewusst werden» rät von Helversen.

2. Führe dir deine Ziele vor Augen

3. Reduziere die Optionen

Unendlich viele Optionen zu haben, macht weder die Entscheidung leichter noch dich zufriedener. Was also tun? Eine Vorauswahl treffen, um die Entscheidungslast zu reduzieren: «Noch bevor man sich über die einzelnen Optionen tiefergehend informiert, sollte man sich fragen: Welche Optionen kommen überhaupt in Frage?». Die Auswahl, die übrig bleibt, repräsentiert dann im Idealfall die Richtung, die im Einklang mit deinen Zielen und Präferenzen stehen.

4. Eine gute, nicht die richtige Entscheidung

5. Nimm die Entscheidung weniger ernst

Titelfoto: shutterstock

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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