Schreibst du noch von Hand?
- Bestimmt nicht. Ich arbeite nur digital.10%
- Höchstens mal einen Einkaufszettel.14%
- Stift und Papier habe ich immer dabei.77%
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Ich notiere mir meine Gedanken auch im Jahr 2020 noch von Hand. Klingt exotisch, bietet aber viele Vorteile.
Mit einem Kugelschreiber – Caran d’Ache vorzugsweise – übe ich leichten Druck auf ein Stück Papier aus. Schwarze Lettern formen sich, werden zu Wörtern und Sätzen. Meine Hand fühlt jede Bewegung, führt jeden Schnörkel aus. Seite für Seite füllt sich mit meinen Gedanken. Wo sich heute jedes Büro mit papierlosem Arbeiten brüstet, bin ich Aussenseiterin. Eine, die ganz bewusst Papier verbraucht. Ich nehme mir Zeit für meine Notizen abseits des aggressiven Bildschirmlichts. In meinem Büchlein gibt’s keine Tabs, die ich nebenher öffnen könnte, keine sozialen Medien, die zu viel Raum auf meinem Monitor und in meinem Kopf einnehmen. Beim Niederschreiben meiner Gedanken konzentriere ich mich nur auf diese eine Tätigkeit.
Benutze ich das Büchlein als Gedankenstütze in der Rolle als Zuhörerin, sporne ich mein Gedächtnis an. Das Niederschreiben von Hand ist anstrengend, weil jeder Buchstabe eine direkte Konsequenz aus der Bewegung meines Handgelenks ist. Ich muss mich innerhalb von Millisekunden entscheiden, was wichtig ist und was nicht. Ich denke mit, formuliere um, weil ich gar nicht anders hinterher komme. Das lockere Niederschreiben auf der Laptop-Tastatur hingegen verleitet zur Transkription, was sich auf Gedächtnis und Verständnis auswirkt. Ich habe zwar das Gesagte beinahe Wort für Wort vor mir auf dem Bildschirm, aber keine Ahnung, was es bedeutet. Ich verlasse mich nicht gedankenlos auf elektronisch gespeicherte Daten, sondern denke im Moment des Gesprächs mit.
Die Handschrift hat neben rationalen auch emotionalen Wert. Bei jedem verfassten Wort schwingt Persönlichkeit mit. Kein Arial Schriftgrösse 11, dem sich alle bedienen, sondern nach links oder rechts lehnende Buchstaben, manchmal verbunden, manchmal alleinstehend. Jeder schreibt, wie es ihm passt. Öffne ich mein Notizbüchlein für fremde Augen, machen die sich sofort ein Bild von mir als Schreiberin – ohne den Inhalt überhaupt gelesen zu haben. So individuell wie wir Menschen sind auch unsere Handschriften.
Nur mit Notizbuch und Stift ausgestattet, nehme ich meine Umwelt bewusster wahr. Mein dünnes Moleskine-Büchlein versperrt mir nicht die Sicht auf die Welt. Hinter meinem Laptop-Monitor hingegen bin ich versteckt und abgekapselt wie hinter einer Mauer. Ich muss meine Notizen nicht per «CTRL» + «F» binnen Sekunden durchsuchen können. Ich will einst Niedergeschriebenes lesen und meinen Kopf nach den Zusammenhängen durchstöbern. Ich will das Notierte verstehen, nicht nur die Festplatte damit füllen.
Ja, von Hand bin ich langsamer, als ich das mit dem 10-Finger-System auf der PC-Tastatur wäre. Und das ist der grösste Vorteil. Warum muss immer alles ein Wettlauf gegen die Zeit sein, anstatt sich diese bewusst zu nehmen, bewusst zu erleben? In einer Welt, in der alles quantifizierbar und effizient sein muss, gilt die handschriftliche Notiz schon beinahe als Protest. Denn ich entscheide mich bewusst für die Qualität von Informationen, nicht die reine Menge. Mit meinen handschriftlichen Notizen bin ich auf dem malerischen Weg unterwegs, während die Laptop-Jünger auf den Autobahnen durchs Leben rasen.
Schreibst du noch von Hand?
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.