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Der erste Pelz aus dem Reagenzglas

Vanessa Kim
23.9.2021

Weil Kleidungsstücke aus Echtpelz und Kunstfell einen schlechten Ruf haben, sucht die Modebranche nach Alternativen. Eine liefert das Start-up Geneusbiotech: In-vitro-Pelze.

Für die Fashionindustrie sterben pro Jahr rund 100 Millionen Tiere. In Verruf steht jedoch nicht nur das Tierleid, sondern auch das chemische Aufbereiten der Häute, damit diese nicht verwesen. Mindestens genauso schädlich für die Umwelt ist Kunstpelz, mit dem die Branche das Tierleid stoppen will. Die Produktion der dafür benötigten synthetischen Fasern ist mit hohen CO₂-Emissionen verbunden. Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte ein Labor-Pelz sein. Diesen Furoid kultiviert das niederländische Start-up Geneusbiotech. Die Überlegung liegt auf der Hand, denn Leder wird bereits erfolgreich in Labors gezüchtet.

Das erste biogedruckte Kollagenstück mit integrierten Haarfollikeln.
Das erste biogedruckte Kollagenstück mit integrierten Haarfollikeln.
Raw-data-prototyping eines Kollagenrasters mit dem 3D-Biodrucker. Bilder: Furoid/Geneusbiotech
Raw-data-prototyping eines Kollagenrasters mit dem 3D-Biodrucker. Bilder: Furoid/Geneusbiotech

Für die zellbasierte Echtpelzalternative machen sich die Forscher:innen der Universität Amsterdam – mit der das Biotech-Unternehmen zusammenspannt – die zelluläre Landwirtschaft zunutze. Sprich: Tierische Produkte werden aus Stammzellen statt aus Tieren hergestellt. Die Wissenschaftler:innen kombinieren für den Pelz aus dem Reagenzglas Stammzellen von Wirbeltieren wie dem Nerz mit Wachstumsfaktoren und Biomaterialien, bevor ein 3D-Biodrucker zum Einsatz kommt. Weil das Färben bereits auf zellulärer Ebene stattfindet, entfällt das umweltschädigende Weiterverarbeiten des Pelzes in der Gerberei und der hohe Wasserverbrauch.

Ein SEM-Mikroskopbild des ersten gedruckten Prototyps samt sichtbarem Papillarkörper. Bild: Furoid/Geneusbiotech
Ein SEM-Mikroskopbild des ersten gedruckten Prototyps samt sichtbarem Papillarkörper. Bild: Furoid/Geneusbiotech

Der im Labor gezüchtete Pelz soll mit Echtpelz molekular identisch sein und ihm in Sachen Haptik und Optik in nichts nachstehen. Ausserdem ist er hypoallergen und hält die Träger:innen wie das Original warm. Einen Haken hat die Sache allerdings: Wann Furoid in den Handel kommt, ist noch unklar. So auch die Finanzierung. Denn das Start-up will nicht nur mit einem einzigen etablierten Modekonzern kooperieren, sondern den Labor-Pelz auch jungen Labels zugänglich machen.

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Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt. 


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