
Hintergrund
Smartphones in der Badi: Streitpunkt und unterschätzte Gefahr
von Michael Restin
Ob du zur Arbeit fährst, ins Fitnessstudio gehst oder den Freitagabend in deiner Stammbar verbringst: Dein Standort verrät mehr über dich, als du denkst.
Jeder, der ein Smartphone benutzt, gibt täglich unzählige Daten preis – oft unbewusst. Besonders brisant: Standortdaten. Laut einer aktuellen Analyse der ETH Zürich sind sie digitales Gold für Datenhändler und Cyberkriminelle. Sie verraten nicht nur, wo du wohnst und arbeitest, sondern auch, wie du deine Freizeit verbringst, welche Ärzte du besuchst oder welche politischen Überzeugungen du haben könntest.
«Ich habe doch nichts zu verbergen.» Schon mal diesen Satz gehört? Vielleicht hast du ihn selbst gesagt. Klingt logisch: Wer nichts Illegales tut, hat nichts zu befürchten. Doch das Argument ist trügerisch. Denn es geht nicht darum, ob du etwas zu verbergen hast. Es geht darum, was mit den Informationen passiert, die du preisgibst.
Standortdaten sind besonders wertvoll, weil sie sehr persönlich sind. Sie zeigen nicht nur, wo du warst, sondern auch, wie du dein Leben gestaltest. Dein Bewegungsprofil verrät:
Datenbroker nutzen diese Infos, um aus deinen Bewegungen ein detailliertes Profil zu erstellen. Damit können sie deine Interessen und Gewohnheiten analysieren – und diese Information teuer verkaufen.
In einer perfekten Welt würden Unternehmen unsere Daten nur für harmlose Zwecke nutzen, etwa für personalisierte Werbung. Die Realität sieht anders aus. Standortdaten können für deutlich problematischere Dinge verwendet werden: Versicherungen könnten Kunden höhere Tarife aufbrummen, wenn sie oft riskante Orte besuchen. Finanzdienstleister könnten anhand deines Wohnortes Rückschlüsse auf deine Bonität ziehen. Deine Bewegungsdaten könnten analysiert werden, um gezielte Wahlwerbung oder sogar Desinformation auf dich zuzuschneiden. Betrüger könnten dein Verhaltensmuster nutzen, um dich gezielt zu manipulieren.
Und das alles, ohne dass du jemals «Ja» gesagt hast.
Vielleicht denkst du jetzt: «Naja, meine Standortdaten sind doch ungenau.» Stimmt – GPS-Daten haben oft eine Fehlertoleranz von mehreren Metern. Doch KI-Modelle sind mittlerweile so gut, dass sie aus verrauschten Daten trotzdem zuverlässige Muster erkennen.
Forscher haben gezeigt, dass selbst Standortdaten mit einem Fehler von 100 Metern ausreichen, um dein Verhalten zehnmal genauer vorherzusagen als reines Raten. Erst wenn die Daten um mehr als einen Kilometer verfälscht werden, verlieren sie ihren Wert.
Die gute Nachricht? Du bist nicht komplett machtlos. Hier sind einige einfache Schritte, um deine Standortdaten besser zu schützen:
Auch wenn du dich an alle Regeln hältst – du hast ein Recht auf Privatsphäre. Dein Standort ist ein Spiegelbild deines Lebens und sollte nicht einfach so verschenkt werden. Unternehmen und Datenhändler haben längst erkannt, wie wertvoll diese Informationen sind. Es liegt an uns, ihnen nicht alles auf dem Silbertablett zu servieren.
Vielleicht ist es Zeit, den Satz «Ich habe nichts zu verbergen» ein für alle Mal aus dem Wortschatz zu streichen.
Eine gute Übersicht über Datentracking und Handel findest du auch auf SRF Spion in der Hosentasche: Tausende Apps verraten unseren Standort. Der auf der Seite erwähnten Podcast «Die Cookiefalle» von SRF Hintergrund kann ich als Einstieg empfehlen.
Cool: Schnittstellen zwischen der realen Welt und der Welt der reinen Informationen aufbauen. Uncool: Mit dem Auto ins Einkaufszentrum fahren, um einzukaufen. Mein Leben ist «online», und das Informationszeitalter ist meine Heimat.