Hintergrund

Cranberry, Blasentee, Vitamine: Was hilft bei Blasenentzündung?

Gerade Frauen leiden häufig an Blasenentzündungen. Antibiotika sind oft die unumgängliche Folge. Doch kannst du bei milden Verläufen auch auf Hausmittel zurückgreifen? Eine Fachärztin für Urologie klärt auf.

Nasser Bikini und kalte Füße: Was löst eine Blasenentzündung aus?

Ganz von der Hand zu weisen sind Omas Empfehlungen aber nicht, sagt die Fachärztin. Denn die Kälte biete den Bakterien ideale Voraussetzungen, um sich in der Blase auszubreiten: «Durch die Kälte verengen sich unsere Gefäße und die Kälte wird von den Füßen in Richtung Unterleib geleitet. Zusätzlich setzt die Kälte unser Immunsystem herab, wodurch die Infektion leichteres Spiel hat.»

Besonders relevant wird die Kälte für hartnäckige Keime wie dem E-coli Bakterium. Hat es dieses einmal in den Urogenitalbereich geschafft, wird man den Keim oft nur sehr schwer wieder los. «Der Escherichia coli kann sich in der Epithelzelle von Harnröhre und Blase verstecken und so auch Antibiotikabehandlungen überstehen.» Durch gewisse Trigger – wie zum Beispiel eben den Kältereiz – kann der Keim immer wieder zurückkommen und Beschwerden verursachen.

Blasenentzündung: Frauen sind öfter betroffen als Männer – warum?

Harnwegsinfekte gelten in der Tat als Frauenproblem. Dass sie öfter daran leiden, liegt an ihrer Anatomie: Die Harnröhre der Frau ist um 14 Zentimeter kürzer als die des Mannes, zusätzlich liegen Harnausgang und After näher beisammen. Bakterien aus dem Darm-Trakt haben daher einen insgesamt kürzeren Weg in die Blase.

Generell gilt: «Vor dem Sex ausreichend zu trinken und danach auf die Toilette zu gehen hilft dabei, E-coli Bakterien direkt wieder auszuschwemmen, bevor sie sich in Blase und Harnröhre festsetzen können», sagt die Expertin.

Schmerzmittel statt Antibiotika?

Die Urologin Lazar ist diesbezüglich skeptisch: Viele Schmerzmittel würden über die Niere abgebaut werden, weshalb diese Form der Behandlung mit Vorsicht anzuwenden sei. «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Schmerzmittel nicht ausreichen um einen Infekt loszuwerden. Die Symptome werden dadurch zwar gut bekämpft, aber eine Langzeit-Elimination der Keime halte ich für unwahrscheinlich.»

Antibiotika gegen Harnwegsinfekt: So oft wie nötig, so selten wie möglich

Fakt ist: An einem Antibiotikum führt ab einem gewissen Punkt des Harnwegsinfekts kein Weg mehr vorbei. Diese Alarmsignale gibt es: Blut im Harn, Flankenschmerzen und Fieber. «Wer da nicht zum Arzt oder zur Ärztin geht, riskiert eine Nierenbeckenentzündung und im schlimmsten Fall eine Urosepsis mit Nierenversagen», warnt die Urologin.

In einem Übersichtsartikel der Wissenschaftsplattform PubMed wird daher dazu geraten, unkomplizierte Verläufe ohne Vorerkrankungen oder anderen Risiken vorerst nicht mit Antibiotika zu behandeln.

Heißt also: Bei anfänglichen Symptomen wie einem Brennen beim Wasserlassen und unkomplizierten Verläufen soll man zuerst einmal auf Hausmittel zurückgreifen.

Präparate aus Preiselbeeren bei Blasenentzündung: Studien sind sich uneins

Auch die Fachärztin Lazar relativiert die Wirkung der Preiselbeere, zumindest wenn es um akute Infekte geht: Zwar solle das in der Preiselbeere enthaltene Arbutin die Anhaftung der E-coli-Bakterien in der Blase behindern. Jedoch zeigt sich in ihrer Beobachtung: «Meistens reicht es nicht aus, eine Infektion nur mit Preiselbeer-Präparaten loszuwerden. Man kann den Preiselbeersaft aber auf jeden Fall als zusätzliche Therapie versuchen.»

Kapuzinerkresse und Meerrettich: Senföle sollen helfen

Die Wirkung gegen antibiotikaresistente Keime konnte auch in anderen Studien bewiesen werden. «Senföle sind antibakteriostatisch», bestätigt Dr. Lazar. «Sie verhindern das Bakterienwachstum und können die Bakterien sogar in manchen Fällen abtöten.» Für letztere Wirkung brauche man allerdings eine sehr hohe Dosis.

Vitamin C: In die saure Zitrone beißen

Auch Vitamin C sollte Teil jeder Hausapotheke sein: Sie ist oft ein erster Lösungsansatz bei einer beginnenden Blasenentzündung. Die Ascorbinsäure im Vitamin C wirkt antibakteriell und hemmt das Bakterienwachstum, bestätigt die Urologin. Des Weiteren hilft Vitamin C das Immunsystem zu stärken, wodurch Infekte leichter bekämpft werden können.

Blasentee: Was bringt das Produkt aus der Apotheke?

Der Klassiker unter den Blasenmitteln ist wohl der Blasentee, der in jeder Apotheke erhältlich ist. Er beinhaltet viele Kräuter, die das Bakterienwachstum hemmen, erklärt die Urologin. «Wir wissen, dass die Goldrute direkt gegen den E-coli-Keim wirkt, wie auch die Beerentraube.»

Weil insbesondere die Bärentraubenblätter bei einer langfristigen Einnahme zu Leberschäden führen können, sollte man den Blasentee aber nicht länger als fünf Wochen im Jahr zu sich nehmen. «Blasentee ist ein therapeutisches Mittel und darf nicht präventiv oder langfristig angewandt werden», sagt die Fachärztin. Es sei zudem sehr unwahrscheinlich, dass ein Harnwegsinfekt durch Blasentee alleine verschwindet. Aber: «Eine zusätzliche Ohrfeige ist er allemal.»

D-Mannose: Ein guter Zucker gegen Blasenentzündung

D-Mannose, zum Beispiel eingenommen als Kapsel, ist eine Zuckerart, die von unserem Körper kaum verstoffwechselt, sondern über den Harn aus dem Körper gleitet wird. Unterwegs nach draußen bindet die D-Mannose Bakterien, die für Blasenentzündungen und Harnwegsinfekte verantwortlich sind.

Dr. Lazar erklärt: «D-Mannose hat eine osmotische Wirkung im Körper und ist sehr harntreibend. Dabei werden Darmbakterien ausgespült, die sich in der Blase festgesetzt haben.» Die Expertin rät daher: Wer vor dem Sex ohnehin Wasser trinkt, um einer Blasenentzündung zu entgehen, könne dazu ein bisschen D-Mannose zu sich nehmen. Das erhöhe die Chance, alle Bakterien danach erfolgreich auszuschwemmen.

Zuckerfrei ernähren bei Harnwegsinfekten?

Ohne Vorerkrankung müsse man das aber nicht befürchten, so Dr. Lazar. «Wenn man als gesunder Mensch hier und da nascht, hat das gar keine Auswirkung auf etwaige Harnwegsinfekte.»

Generelle Empfehlungen bei Harnwegsinfekten

Harnwegsinfekte sind bei unkomplizierten Verläufen gut in den Griff zu bekommen. Wer regelmäßig darunter leidet, kann sich eine erfolgsversprechende Hausapotheke mit pflanzlichen Naturmitteln zusammenstellen, um akut oder vorbeugend einzuschreiten.

Generell sei eine ärztliche Absprache aber unumgänglich, sagt die Expertin. «Es gibt so viele Faktoren zu beachten: Gibt es Risikofaktoren? Wie lautet die bisherige Krankheitsgeschichte der Patientin? Wie wird verhütet? Ich rate daher, auch die Einnahme von pflanzlichen Mitteln ärztlich zu begleiten.»

Und ein Pro-Tipp von Dr. Lazar, wenn die Blase mal wieder zwickt? «Frisch gepresster, hoch dosierter, roher Knoblauchsaft. Der tötet E-coli-Bakterien ziemlich verlässlich ab.»

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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