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Besuch im grössten Japangarten Europas: Sabine Rusch lüftet das Geheimnis der Gartenkunst

Inmitten von Hamburgs Grossstadtlärm wartet das Unerwartete: der grösste Japanische Garten Europas. Die Expertin und «Kameliendame» Sabine Rusch zeigt, wie Steine, Wasser und Pflanzen eine eigene Sprache sprechen – und warum weniger mehr ist.

Feucht, fröhlich, ausgelassen: Unsere Teamreise nach Hamburg war vieles – ausser ruhig. Insbesondere für die von uns, die in den Genuss (oder war's eher ein Verdruss?) des Schlagermoves kamen:

«Es wird Ihnen bestimmt gefallen», sagt Sabine Rusch, als wir uns begrüssen und fordert mich gleich auf, mitzukommen. Wir schlängeln uns durch farbig geblümte Wege und an Gewächshäusern vorbei. Hinter uns verblassen das Stimmengewirr, das Brummen der Motoren – und schliesslich, als wir vor dem Japanischen Garten stehen, die Farben.

Es ist das Gesamtbild aus Steinen, Wasser und Pflanzen: eine Miniaturabbildung der Welt. Sie ist nicht makellos, aber sehr viel geordneter als die chaotische Realität dahinter: der Fernsehturm, Wohnblöcke, Wolkenkratzer, die kreuz und quer zwischen den Bäumen emporragen. Dass der Hintergrund Teil des eigenen Gartens sei, nenne man im Japanischen «Shakkei», geborgte Landschaft, sagt Sabine Rusch. «Es soll den Garten optisch vergrössern und den Blick erweitern.»

Lange und gesund leben möchten auch viele Gäste des Japangartens. Am Eingang des Teegartens steht ein Schöpfbecken. Hier können sie sich den Stress wegwaschen und die Seele reinigen, bevor sie im Teehaus dahinter eine Teezeremonie besuchen. In den Genuss bin ich in der Schweiz auch schon gekommen.

Sabine Rusch zeigt auf den Boden. In einem Chinagarten wäre dieser mit Mosaiken bestückt, hier besteht er aus schlichten Steinen. Auch die Brücke, die wir überqueren, ist aus Granitstein statt aus farbig verziertem Holz gefertigt. Immer wieder begegnen wir kleinen offenen Rasenflächen. «Ma» steht im Japanischen für bewusst gestaltete Leere. «Kanso» heisst, sich aufs Wesentliche zu reduzieren.

Während ich in Gedanken den Bedeutungen nachhänge, bemerke ich gar nicht, dass wir auf dem Fuji-Gipfel angekommen sind. Hier hat Landschaftsarchitekt Yoshikuni Araki einen für Japangärten einzigartigen Bachverlauf erstellt: Auf der einen Seite fliesst Wasser in den «Pazifik», auf der anderen Seite in das «Japanische Meer». «Seine Liebe fürs Detail ist bemerkenswert», sagt Sabine Rusch.

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Ich liebe alles, was vier Beine oder Wurzeln hat – besonders meine Tierheimkatzen Jasper und Joy sowie meine Sukkulenten-Sammlung. Am liebsten pirsche ich auf Reportagen mit Polizeihunden und Katzencoiffeurinnen umher oder lasse in Gartenbrockis und Japangärten einfühlsame Geschichten gedeihen. 


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