
Produkttest
Isetta unter Strom: Der Microlino ist ein teurer Traum vom anderen Fahren
von Michael Restin
Sono Motors war angetreten, um ein Auto mit Solarzellen in der Karosserie zu bauen. Nach der Insolvenz verfolgt das Unternehmen als SonoSolar andere Ziele. Es startet als Zulieferer für Solarintegration durch.
Gut zwei Jahre ist es her, dass ich in Zürich vor dem Sion stand. Einem fahrbereiten Auto aus dem Hause Sono Motors, unter dessen mattschwarzer Karosserie nur bei genauerem Hinsehen Solarzellen durchschimmerten. Was allerdings auch auf der damaligen Roadshow zur Investorensuche schon durchschimmerte, war, dass es finanziell eng werden würde. Sehr eng.
«Das Projekt ist zu weit, um jetzt zu scheitern», schrieb das Unternehmen zwar noch im Januar 2023 an alle Unterstützer. Doch auch die Kampagne #savesion half nichts – am Ende des Traums von einem selbstgebauten, selbstladenden Fahrzeug stand die Insolvenz. Der weniger visionäre, dafür wirtschaftlichere Plan für die Zeit danach: Die Erfahrungen mitnehmen und sich voll auf die patentierte Solartechnologie konzentrieren.
Diese Woche hat das Unternehmen bekannt gegeben, ab sofort unter der Marke SonoSolar aufzutreten. Man sei schon seit geraumer Zeit kein PKW-Hersteller mehr, wird Head of Commercial Georg Zurmühl zitiert: «Stattdessen sind wir der führende Anbieter von Solarlösungen für die Automobilindustrie.» Die Mission bleibt «Solar on every Vehicle». Doch der Wandel ist vollzogen und kommt auf den ersten Blick weniger spektakulär daher. In Nutzfahrzeugen, aber auch mit Angeboten für Privatanwender.
Einerseits entwickelt SonoSolar nun massgeschneiderte Produkte für Fahrzeughersteller. Bei MAN können Reisebusse mit Solarintegration als Zubehör bestellt werden, ausserdem wurden Elektro-, Hybrid- und Dieselbusse sowie Kühltransporter in ganz Europa mit Solaranlagen ausgestattet. Seit Anfang Jahr ist es das erste Unternehmen in Deutschland, das eine Allgemeine Betriebserlaubnis für fahrzeugintegrierte Photovoltaik erhalten hat und mit dem «Solar Bus Kit» eine Nachrüstlösung anbietet.
Andererseits gibt es auch Module für DIY-Fans, die ihren Camper oder Balkon mit Solarzellen bestücken möchten. Zur Feier des Namenswechsels gibt es gerade ein limitiertes Angebot. Von Plug-and-Play-Kits bis zu speziell entwickelten High-End-Lösungen ist im neuen Produktportfolio alles dabei, was die ursprüngliche Vision der Solarmobilität zumindest ein bisschen unterstützt – auch wenn der Hauptantrieb oft eben doch noch ein Verbrennermotor ist.
Ein paar Quadratmeter Solarpanels auf einem Busdach sind nicht nichts, wenn die Energie ins Bordnetz eingespeist wird. Darüber kann zum Beispiel die Heizung oder Kühlung unterstützt werden. So sollen sich bis zu 1500 Liter Diesel und bis zu vier Tonnen CO₂ pro Bus und Jahr sparen lassen. SonoSolar spricht von bis zu sieben Prozent weniger Kraftstoffverbrauch, hebt den geringeren CO₂-Fussabdruck hervor und verweist auf die höhere Ausfallsicherheit durch die unterstützenden Solarsysteme.
Von der ursprünglichen Strategie, Fahrzeug, Sharing-App und Solartechnologie zu vermarkten, hat sich nur letztere als profitabel erwiesen. Schade um eine schöne Idee. Dass es alternative E-Konzepte von kleinen Herstellern auf dem Markt nicht leicht haben, hat auch unser Microlino-Test gezeigt.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.