
Aufblasbares Leder und andere Neuheiten für den Innenraum
Papier, Karton oder Leder wurden an der vergangenen Möbelmesse «Maison et Objet» unkonventionell für neue Designsstücke verwendet. Wegen neun davon bin ich immer noch ganz aus dem Häuschen.
Gewöhnliches ungewöhnlich behandeln. Das machen kreative Leute. Sie sehen Alltagsmaterialien mit anderen Augen und schaffen daraus etwas noch nie Dagewesenes. An der diesjährigen Designwoche in Paris haben unterschiedliche Designstudios unter anderem Papier oder Leder neu interpretiert und mich damit begeistert.
1. Schwebepapier
Die meisten Lampen machen einfach nur Licht, diese sind gleichzeitig Mobiles: Die Hängelampen aus der Kollektion «Suki» von Baku Sakashita setzen sich aus halbdurchsichtigen Papierkreisen und -rechtecken sowie dünnem Edelstahldraht zusammen. Wenn Licht durch sie dringt, werden die geometrischen Formen auf den Boden und die Wände projiziert.

«Suki» bedeutet auf Japanisch gleich mehrere Dinge: «Transparenz», «Papier von Hand herstellen», «leerer Raum» oder «feiner Geschmack». Die ersten drei Begriffe bringen den Charakter des japanischen Washi-Papiers und damit auch der Lampe perfekt zum Ausdruck.

2. Spiegelhandtaschen
Normalerweise sind Spiegel zum Mitnehmen kompakt. Die Variante von Hélène Nepomiatzi ist jedoch so gross wie eine Handtasche und kommt auch sonst wie eine daher. «Miroir sellier» besteht aus Kalbsleder und besitzt einen Griff zum Transportieren sowie Laschen auf der Rückseite zum Aufhängen an der Wand. Die Einflüsse aus der Mode sind kein Zufall. Die Accessoire-Designerin hat bereits für Marken wie Hermès oder Céline entworfen.

3. Quastenlampen
Der unkonventionelle Blick von Hélène Nepomiatzi auf die Dinge zeigt sich in einem weiteren Objekt: Der Lampe «Pompom». Eigentlich sind Handnaht, Kantenfärbung und zweifarbige Lederfransen traditionelle Stilmittel in der Verarbeitung von Lederwaren. Bei «Pompom» kommen sie zum Einsatz, um eine schlichte Leuchte zu verschönern. So werden Tradition und moderne Ideen in einem Objekt vereint.

4. Aufblasbares Leder
Aufblasbare Produkte sind einfach zu tragen. Dennoch nutzen wir sie nur vorübergehend. Dabei könnten sie uns andauernd wertvolle Dienste erweisen, findet Satomi Minoshima. Die japanische Designerin aus Eindhoven hat eine Reihe von aufblasbaren Möbeln entworfen, die mit echtem Leder bezogen sind. Sie sollen dank ihrer Leichtigkeit, Haptik und Optik ihre Berechtigung im Innenraum haben: «Je mehr das Leder genutzt wird und altert, desto mehr steigt der Wert», meint die Designerin.

5. Lederfliesen
Ohne Luft, aber nicht ohne Pusten bei der Arbeit entstehen die Wandverkleidungen von Alphenberg. Die niederländische Marke bezieht Wände mit weichen Lederstücken auf zwei verschiedene Arten: «Die dickeren Stücke aus Tundra-Kunstleder fügen wir wie Fliesen dicht zusammen», beschreibt der Hersteller sein Vorgehen. «Die weicheren Wildleder-Stücke spannen wir zuerst auf eine zusätzliche Platte und montieren diese dann an der Wand.»

6. Bogen-Kartonbox
Dass Aufbewahrung dekorativ sein kann, beweist die Netflix-Serie «The Home Edit». Den Beweis, dass diese jedoch nicht regenbogenfarbig sein muss, liefert die skandinavische Designerin Kristina Dam. Sie hat gerade bogenförmige Boxen namens Storage Decor, übersetzt, Aufbewahrungsdeko, als Ergänzung zu ihren kurvigen Couchtischen herausgebracht. Wenn du sie mit einer zweiten Bogen-Box aus gebranntem Karton und den passenden Curved-Box-Clips zusammensteckst, werden sie zum unabhängigen Auffangbecken für Zeitschriften, Kinderspielzeug und mehr.

7. Papptische
Ebenfalls Teil der Kristina Dam Studio-Kollektion, die in Kopenhagen entsteht, ist das skulpturale Möbel «Edo», das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit Amanda Betz, einer dänischen Papierdesignerin. Du kannst den Beistelltisch wie einen Umzugskarton aus Pappe zusammenfalten und ihn vor allem bei beengten Wohnverhältnissen gebrauchen.

8. Villa-Kunterbunt-MDF
MDF wird oft mit Furnier überdeckt, um es optisch ansprechender zu gestalten. Doch Broste Copenhagen macht eine Ausnahme. Die dänische Marke versteckt das etwas günstigere Holz nicht, sondern färbt es ein. Ebenso wissenswert: Durch den Deckel wird Chaos versteckt und ein Couchtisch draus.

9. Holz-Terrazzo
Auffällig oft bedienen wir uns für die Erzeugung von Holz nur an einem ganz bestimmten Teil vom Baum. Nicht so Yuma Kano. Der Designer mischt für sein Projekt «ForestBank» alles vom Baum mit einem Acrylharz zusammen: Rinde, Laub, Samen, Früchte und die Erde drumherum. Daraus wird eine feste Masse, die an Terrazzo erinnert.

Auf diese Weise wird jeder noch so kleine Baum wertvoll, der bisher im Möbelbau als wertlos eingestuft wurde. Darüber hinaus können sie mit denselben Holzbearbeitungsmethoden verarbeitet werden. Gleich aussehen werden sie dabei aber nie. Denn das Muster variiert und gewährt je nach Tiefe des Schnitts andere Einblicke in die Maserung der einzigartigen Waldfunde.
Designstudien wie diese sind der Grund, warum ich ab jetzt selbst Alltägliches wie Karton oder Baumrinde nicht mehr als langweilig abstempeln werde.

Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.