Hintergrund

Auch in der DDR wurden Computer hergestellt – sie waren jedoch kaum erschwinglich

Kevin Hofer
7.6.2023

Desktop-Computer gab es auch in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Dort hiessen sie Kleincomputer statt wie bei uns Heimcomputer.

Der gleiche Chip in beinahe allen DDR-Rechnern

Die DDR-Führung forciert bereits ab den 1950er-Jahren die Elektrotechnik und später die Mikroelektronik. Das CoCom-Embargo von 1949 der westlichen Staaten verbietet die Einfuhr von Hochtechnologie in sozialistische Länder. Deshalb ist Ostdeutschland auf Eigenentwicklungen angewiesen – oder auf Kopien.

KC85

Der Rechner kommt vor allem in Industrie, Militär und Berufsausbildung zum Einsatz. Viele Jugendliche erhalten in der Schule Zugang zum KC85. Dazu müssen die DDR-Kids aber erst Theorie büffeln. Erst dann geht es an die Rechner. Zeitzeuge Andre Weissflog erinnert sich im Buch «Auferstanden aus Platinen» folgendermassen:

Also bevor wir da erst einmal überhaupt an den Rechner ran konnten, haben wir zehn Monate Theorie gebüffelt und BASIC programmiert und alles so'n Zeugs. Und da ging das dann auch los, dass die ersten Spiele programmiert wurden, so dann halt als Freizeitprojekte.
Andre Weissflog

Weiter sagt Weissflog, dass es eine Selbstverständlichkeit war, Programme – vor allem Spiele – weiterzugeben. Die Spiele werden auf Kassetten gespeichert und per Post verschickt.

Noch heute gibt es Menschen, die fasziniert von dem Rechner sind. Der KC-Club veröffentlicht regelmässig eine Informationsschrift und organisiert Treffen.

PC1715

Der Computer ist in Braun und Weiss erhältlich. Er muss ohne Festplatte auskommen, hat dafür zwei Diskettenlaufwerke. Die Disketten speichern bis 800 Kilobyte. Zum PC1715 gibt es drei Tastaturmodelle, die sich nur durch die Form der Tasten unterscheiden.

Z1013

Geschätzt 50 000 PC-Arbeitsplätze gibt es in der DDR zur Wende. Wie viele PCs im Privatbesitz sind, ist nicht bekannt. Vom PC1715 und KC85 sind es aufgrund der Preise wohl nur wenige. Deshalb entwickelt der VEB Robotron den Z1013.

Bei dem Kleinrechner handelt es sich um einen Bausatz ohne Gehäuse. Er kostet 650 DDR-Mark und muss schriftlich vorbestellt werden. Die Abholung erfolgt persönlich im Robotron-Fachgeschäft in Erfurt. Von 1985 bis 1990 werden etwa 25 000 Bausätze hergestellt.

Müller entdeckt seinen Z1013 im Jahr 2001 wieder und seine alte Liebe entfacht von Neuem. Er entwickelt eine Software, die das System des alten Rechners nachahmt. Der Kleincomputer-Enthusiast stellt JKCEMU auf seiner Homepage zur Verfügung. Der Emulator ahmt heute beinahe alle Kleincomputer der DDR nach.

Aber nicht nur auf Emulatoren leben die DDR-Rechner weiter. Tatsächlich benutzen Fans der alten Geräte sie auch weiterhin. Die alten Computer scheinen für die Ewigkeit gebaut.

Titelbild: Wikipedia

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