

Angeln mitten in der Stadt: Mein Streetfishing-Abenteuer in Hamburg

Angeln statt Hafenrundfahrt: Streetfishing zeigt Hamburgs verborgene Seiten. Mit Kescher und Köder geht’s auf Zander und Barsch – mitten in der Grossstadt.
«Diesen Spot kannst du nur zwei Mal am Tag erreichen», erklärt Angelguide Manuel, kurz bevor wir zum Streetfishing in Hamburg aufbrechen. Das liegt an den Gezeiten, denen die Elbe ausgesetzt ist. Der sogenannte Tidenhub beträgt rund 3,8 Meter. Sprich: Das Wasser des Flusses sinkt fast vier Meter ab – und steigt dann wieder an. Und das zwei Mal am Tag.
Wir balancieren vorsichtig über die Steinschüttung bei einer Schleuse in Richtung Elbe. Dort, wo der Nebenarm und der Hauptstrom zusammentreffen, sehen wir bereits kleine Fischchen springen. Die Raubfische sind aktiv – und auf sie haben wir es abgesehen.

Beim Sightseeing der erste Biss
Für den ersten Teil meiner etwas anderen Hamburg-Rundfahrt habe ich mir eine Tour bei Elbcoast Guiding gebucht. Für rund 100 Franken oder Euro bin ich in einer kleinen Gruppe mit professioneller Begleitung unterwegs. Das hat den Vorteil, dass Leihgerät vorhanden ist und dass du ohne Angelschein mitmachen kannst.
Und an einem Gewässer wie der Elbe, mit Ebbe und Flut, die sich erst noch jeden Tag um eine Stunde verschieben, ist ein lokaler Experte doppelt so wichtig. Er weiss, wann die Fische wo sind – ob sie dann beissen, ist wieder eine andere Frage.
Unsere Gruppe steht an der Spitze der Steinschüttung und macht die ersten Würfe mit kleinen Gummifischen. Sie imitieren jene kleinen Beutefische, die wir immer wieder im Wasser sehen. Diese schwimmen, weil das Wasser ja absinkt, aus den Steinen und suchen sich neue Verstecke. Die Zander wissen das und schlagen sich den Magen voll.
Auswerfen, Köder auf den Grund absinken lassen, kurz ankurbeln, wieder absinken lassen, ankurbeln, absinken – und das wieder und wieder. Zanderangeln braucht Geduld und Ausdauer. Währenddessen habe ich die Zeit, die Hamburger Hafenatmosphäre zu geniessen. Auf dem Hauptstrom ziehen kleine und grosse Boote vorbei, vorne sehe ich die Elbbrücken, nebenan grosse Kräne. Ich stehe mittendrin und fahre nicht nur vorbei wie bei einer Hafenrundfahrt.
Plötzlich zuckt es an der Rute. Da ist es, das berühmte «Tock» der Zander, das beim Einsaugen der Beute entsteht. Ist die Beute mein Gummifisch, spüre ich das als Schlag in meiner Angelrute. Doch der Fisch hängt nicht – dafür steigt schlagartig die Motivation und die Konzentration.

Der erste und der letzte Fisch
Kurze Zeit später melden auch andere Gäste der Guiding-Tour Fischkontakt. Und plötzlich spüre ich wieder so einen Biss. Dieses Mal schlage ich schnell genug an, und ich kann den Zander landen. Es hat sich trotz zwei Stunden ohne Fangerfolg gelohnt, dranzubleiben.

Eine sogenannte Beissphase beginnt. Solche Zeiträume, in denen die Raubfische alle aktiv werden und auf die Jagd gehen, erlebe ich als Angelnde*r immer wieder. Der Guide fängt einen kleinen Zander, später noch einen zweiten. Und auch eine andere Person aus der Gruppe hat Glück. Allerdings steigt der Mini-Zander kurz vor dem Kescher aus – auch das ist Alltag beim Angeln. Nicht so schlimm: Der zu kleine Fisch hätte sowieso von Gesetzes wegen zurückgesetzt werden müssen, da er das Schonmass noch nicht erreicht hat.
Sobald das Wasser wieder ansteigt, ist es vorbei mit den Fischkontakten. Wir verlassen den Spot – weil irgendwann die ganze Steinpackung wieder überschwemmt ist und wir nasse Füsse bekommen würden. Zudem sind bei ansteigender Elbe andere Spots besser geeignet.
Wir fahren mit dem Auto in einen anderen Bereich des Hafens, zwischen zwei Brücken. Hier herrscht eine starke Strömung, aber es gibt auch einen ruhigen Bereich. Und genau dort lauern die Raubfische, um vorbeischwimmende Fischchen zu jagen. Unsere Köder ignorieren sie aber komplett – genauso an weiteren Spots.
Es bleibt also an diesem Tag bei einem Fangerfolg in rund sieben Stunden. Das gehört zum Angeln. Dafür habe ich viele Ecken des Hafens gesehen, an denen die Touristenrundfahrten nicht vorbeikommen – etwa den Bereich, in dem Schrott ein- und ausgeladen wird.
Hamburg, die Ruderstadt
Ein paar Tage später gehe ich alleine auf die Pirsch. Ich greife dafür auf meine Reiserute zurück, die dank ihrer vierteiligen Konstruktion in jedem Koffer Platz findet und bei Städtetrips darum oft mit dabei ist.
Die beste Zeit im Sommer ist oft der frühe Morgen und der späte Nachmittag – darum stehe ich bei Sonnenaufgang an der Alster. Hier zeigt sich Hamburg von einer ganz anderen Seite: keine rostigen Hafenanlagen, sondern grüne Ufer, von Fusswegen und Parkanlagen gesäumt.
Kaum sind die ersten Sonnenstrahlen zu sehen, ist das Wasser belebt – leider nicht mit Fischen, sondern mit Ruderbooten und Kanus. Ganz Hamburg scheint sich dem Rudersport verschrieben zu haben, dazwischen ab und zu ein erstes Ausflugsboot.

Da ich vor allem den Uferbereich abangle, stört mich der Schiffsverkehr nicht. Wie so oft im Sommer ist es ein Geduldsspiel. Ich fange in Blickweite herrschaftlicher Villen und schöner Stadthäuser ein paar kleine Barsche – in der Schweiz auch Egli genannt.

Zum Schluss meiner etwas anderen Hamburg-Tour wechsle ich ins Hammerbrook-Quartier. Das ehemalige Arbeiterviertel ist heute ein modernes Büroquartier. Die alten Kanäle und Brücken sind mit Fusswegen erschlossen – zum Beispiel am Mittelkanal.
Das ist nicht nur für Spaziergängerinnen interessant, sondern auch für Angler. Denn so kann ich meine Köder gut unter den Brücken präsentieren. Dort stehen die Fische besonders gerne. Und tatsächlich fange ich im grossstädtischen Ambiente auch den grössten Barsch des Tages – ein schöner Abschluss des Streetfishing-Abenteuers.



Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.