Produkttest

Amazfits erster Smartring überzeugt – bis der Akku schlapp macht

Kein Abo, günstiger Preis von 130 Franken oder Euro – eigentlich macht Amazfit bei ihrem ersten Smartring alles richtig. Leider hat er eine grosse Schwäche, nämlich die Akkulaufzeit.

Amazfit hat sich in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Der chinesische Hersteller hat sich auf Sport-Gadgets spezialisiert, die preiswert, aber qualitativ hochwertig sind. So hat zum Beispiel Kollege Patrick Bardelli der Smartwatch T-Rex 3 Bestnoten verteilt.

Preischeck schon mal erfüllt

Die Erwartungen an den ersten Smartring von Amazfit sind also gross. Zumindest beim Preis werden diese auch voll erfüllt. Je nach Grösse kostet der Helio Ring bei uns im Shop rund 120 bis 130 Franken. Damit ist er hundert Franken günstiger als das günstigste Modell der etablierten Konkurrenz, nämlich den RingConn Gen 2 Air. Modelle von Oura oder Samsung sind dreimal so teuer.

Amazfit Helio Ring 8 Sport (8, Titanium)
Smart Ring
CHF156.–

Amazfit Helio Ring 8 Sport

8, Titanium

Wichtig zu wissen: Zusätzliche Kosten fallen nicht an. Für die App braucht es kein Abo. Alles kann gratis genutzt werden. In der App fand ich zwar einen «Premium»-Bereich. Aber selbst den konnte ich kostenlos freischalten. Gebraucht habe ich die Extras wie Meditationen oder auf den eigenen Puls angepasste Einschlafmusik nicht.

Schade ist, dass Amazfit den Ring offiziell in der Schweiz nicht lanciert hat. Bei uns im Shop findest du also Importe und leider jeweils nicht alle Grössen. Auch ein Sizing-Kit gibt es nicht. Ich habe mir einfach Grösse 12 wie bisher bei allen anderen Smartringen bestellt. Diese passt gut auf den Mittelfinger meiner linken Hand.

Leider hält der Ring nicht lange durch

Schon nach ein paar Testtagen kristallisiert sich die grösste Schwäche des Helio Ring heraus: Der Akku hält nicht lange durch. Ich muss ihn alle dreieinhalb Tage aufladen. Zum Vergleich: Bei der Konkurrenz ist das Doppelte Standard, einige Modelle schaffen sogar zehn Tage.

Den Ring musste ich im Test öfter vom Finger nehmen, als mir lieb war.
Den Ring musste ich im Test öfter vom Finger nehmen, als mir lieb war.

Im ersten Moment hat mich das nicht gestört, nach mehreren Wochen im Test jedoch schon. Denn eine Stärke der Smartringe im Vergleich zu einer Smartwatch ist gerade die Möglichkeit, sie rund um die Uhr zu tragen. Beim Helio Ring hatte ich das Gefühl, dauernd auf den Ladestand schauen zu müssen.

Tatsächlich habe ich mehrmals den richtigen Zeitpunkt verpasst und einzelne Nächte oder Tage nicht getrackt. Den Ladestand sehe ich nur in der App. Und die schaue ich mir nur ein- oder zweimal täglich an.

Aussergewöhnliches Design, aber nicht in der App

Der Ring an sich ist meiner Meinung nach einer der ausssergewöhnlichsten Modelle auf dem Markt. Die Oberfläche mit einer mattgoldenen Titanlegierung ist leicht perforiert. Das sehe ich aber nur, wenn ich ganz dicht dran gehe. Aus der Distanz wirkt er sehr elegant strukturiert. Eine angenehme Alternative zu den sonst meist unifarbenen, glatten, oft gar glänzenden Smartringen.

Die Oberfläche sieht bei genauem Hinschauen aus, als hätte sie viele kleine Löcher.
Die Oberfläche sieht bei genauem Hinschauen aus, als hätte sie viele kleine Löcher.

Mit einem Gewicht von 4,1 Gramm (in der Grösse 12) trägt er sich sehr angenehm. Der Helio Ring ist bis 10 ATM wasserdicht, er muss also zum Duschen, Schwimmen oder Schnorcheln nicht abgenommen werden.

Die Daten synchronisiert das Gadget mit der «Zepp»-App, die es für Android und iOS gibt. Zepp ist der Name des Mutterkonzerns von Amazfit. Die Software ist dann deutlich weniger elegant als die Hardware.

Das Design ist sehr schlicht, die vielen Zahlen und die recht langen Texte können abschreckend wirken. Zudem kommt es in der deutschen Übersetzung zu kleinen Ungenauigkeiten. Beim Wort «Anstrengung» ist das zweite «g» direkt in der Hauptansicht auf eine zweite Zeile gerutscht.

Leider ist die App trotz des zurückhaltenden Designs nicht besonders übersichtlich. Den Schrittzähler finde ich beispielsweise nur auf der Übersichtsseite, wenn ich nach unten scrolle, und nicht unter dem Menüpunkt «Anstrengung», wie ich das erwartet habe. Die Schlafwerte dagegen sind auf der Übersicht zu finden – und auch unter dem Menüpunkt «Schlaf».

Die App ist etwas unübersichtlich und nicht besonders attraktiv designt.
Die App ist etwas unübersichtlich und nicht besonders attraktiv designt.

Grosse Datensammlung zur eigenen Analyse

Vielleicht ist der Aufbau der App auch dem Schwerpunkt von Amazfit geschuldet. Die Marke kommt eher aus dem Sport- und Trainingsbereich als aus der Lifestyle-Ecke. Dementsprechend finde ich in der App eine Unmenge an Daten vom Ruhepuls über die Herzfrequenzvariabilität bis zur Schlafregelmässigkeit. Allein für den Schlaf sind fünf verschiedene Metriken abrufbar, die dann wieder einzeln analysiert werden können.

Die Analyse muss ich aber vorwiegend selbst machen. Mit einem Ampelsystem zeigt Amazfit zwar, welche Werte gut, mittel oder nicht so gut sind, dazu gibt's jeweils in der Übersicht kurze tägliche Meldungen zu Schlaf, Stress oder anderen Auffälligkeiten. Andere Hersteller liefern aber viel mehr Ratschläge, Hinweise und Anleitungen. Mir gefällt die zurückhaltende Auswertung grundsätzlich, ich finde aber die Daten zu wenig schnell.

Ganz links die vielen Metriken, rechts die Vertiefung im Bereich Schlaf.
Ganz links die vielen Metriken, rechts die Vertiefung im Bereich Schlaf.

Erstaunlich ist, dass ein etwas versteckter Bereich, der eigentlich gar nichts mit dem Ring zu tun hat, alle anderen überragt. Und zwar kann ich in der App auch gleich die Kalorien aller Mahlzeiten zählen. Das funktioniert entweder, indem ich einfach per Text- und Spracheingabe mitteile, was ich gegessen habe – oder indem ich ein Foto aufnehme und zur Auswertung hochlade. Die hinterlegte KI ist richtig gut und berechnet in Sekundenschnelle den Kalorienwert. Für solch eine Funktion muss ich sonst eine separate App mit viel Werbung oder kostenpflichtem Abo herunterladen.

Wie genau misst denn nun der Ring? Das ist wie immer bei solchen Alltagstests schwierig zu beurteilen. Beim Schlaftracking sind zumindest die Einschlaf- und Aufwachzeiten immer korrekt. Und auch beim Schrittzähler kann der Ring überzeugen.

Von Hand habe ich zwei Mal 1000 Schritte gezählt. In der Ring-App waren es einmal 1007 und einmal 1008 Schritte. Amazfit ist also etwas optimistischer, aber die Abweichung liegt absolut im Rahmen – auch wenn ich mit anderen Modellen und einer Smartwatch vergleiche.

Ist nun der Helio Ring insgesamt ein Schritt vorwärts? Ja, weil erstmals ein etablierter Hersteller eine gute Tracking-Technik zu einem für alle erschwinglichen Preis auf den Markt bringt. Nein, weil ich bei der Akkulaufzeit und der App zu viele Abstriche machen muss.

Fazit

Preis und Design erstklassig, Akkulaufzeit und App nicht

Tracking-Spezialist Amazfit bringt den ersten Smartring zu einem Kampfpreis auf den Markt. Und das mit einem schicken Design und präzisen Sensoren. Dass für die Auswertungen kein zusätzliches Abo gelöst werden muss, ist ein zusätzlicher Pluspunkt.

Kompromisse musst du bei der App eingehen. Die liefert eine grosse Menge an puren Daten in einer ziemlich unübersichtlichen Darstellung – und wenigen Tipps oder Erklärungen. Im Alltag mühsam ist die kurze Akkulaufzeit.

Pro

  • tiefer Preis
  • kein Abo-Modell
  • schickes Design
  • guter KI-Kalorienzähler

Contra

  • weniger als vier Tage Akkulaufzeit
  • unübersichtliches App-Design
Amazfit Helio Ring 8 Sport (8, Titanium)
Smart Ring
CHF156.–

Amazfit Helio Ring 8 Sport

8, Titanium

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Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.


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