Epistemic Injustice ( Power and the Ethics of Knowing )

Epistemische Ungerechtigkeit untersucht die Idee, dass es eine spezifisch epistemische Art von Ungerechtigkeit gibt – eine Ungerechtigkeit, die speziell im Zusammenhang mit der Fähigkeit einer Person als Wissender auftritt. Miranda Fricker unterscheidet zwei Formen epistemischer Ungerechtigkeit: die testimoniale Ungerechtigkeit und die hermeneutische Ungerechtigkeit. Testimoniale Ungerechtigkeit tritt auf, wenn Vorurteile dazu führen, dass ein Zuhörer den Worten eines Sprechers ein geringeres Mass an Glaubwürdigkeit zuschreibt, wie in Fällen, in denen die Polizei jemandem aufgrund seiner Rasse nicht glaubt. Hermeneutische Ungerechtigkeit hingegen tritt auf, wenn eine Lücke in den kollektiven interpretativen Ressourcen jemandem einen unfairen Nachteil bei der Sinngebung seiner sozialen Erfahrungen verschafft. Ein zentrales Beispiel für diese Art von Ungerechtigkeit ist eine Frau, die sexuelle Belästigung erlebt, bevor die relevanten kritischen Konzepte verfügbar sind, was sie daran hindert, ihre eigene Erfahrung vollständig zu verstehen oder sie effektiv an andere zu kommunizieren. In Bezug auf diese Formen epistemischer Ungerechtigkeit entwickelt Fricker die Idee, dass unsere testimoniale Sensibilität eine korrigierende anti-vorurteilende Tugend einschliessen sollte, um eine genauere und demokratischere epistemische Praxis zu fördern. Traditionell war die Epistemologie durch das Fehlen eines theoretischen Rahmens eingeschränkt, der die ethischen und politischen Dimensionen unseres epistemischen Handelns offenbart. Epistemische Ungerechtigkeit zeigt, dass die Tugendepistemologie einen allgemeinen epistemologischen Rahmen bietet, in dem diese Themen effektiv diskutiert werden können.