

Was ist besser: RAW oder JPEG?

Kameras speichern Bilddateien wahlweise als JPEG oder als Rohdaten ab. Was für wen besser ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Hier erfährst du nicht nur die Theorie, sondern auch die praktische Anwendung.
Wenn du an Fotografie interessiert bist, hast du sehr wahrscheinlich schon mal etwas vom RAW-Format gehört. Vermutlich weisst du sogar ungefähr, was es ist. Das RAW-Format ist immer mal wieder ein Thema, neuerdings sogar im Smartphone-Bereich.
Was RAW genau ist und was es bringt, ist in der Theorie relativ einfach zu verstehen. Viel schwieriger ist aber, für sich selbst zu entscheiden, ob man nun in RAW oder JPEG fotografieren will. Beides hat seine Vor- und Nachteile, und was man wie stark gewichtet, ist individuell sehr verschieden. Mit diesem Beitrag will ich dir bei der Entscheidung helfen.
RAW können fast alle
Die Zeiten, in denen RAW den teureren Kameras vorbehalten war, sind längst vorbei. Unser Shop listet derzeit fast 300 Kameras auf, die RAW unterstützen. Lediglich bei den Kompaktkameras musst du genauer hinsehen. Die günstigeren können teilweise nur JPEG.
Das ist derzeit die günstigste Kamera mit RAW-Unterstützung:
Das ist die kleinste:
Und das die härteste:
Ob deine Kamera RAW beherrscht, siehst du, wenn du im Menü die Bildqualität aufrufst. Dort müsste dann neben verschiedenen JPEG-Grössen und -Qualitätsstufen auch RAW stehen.
RAW in vier Sätzen
Die Theorie: Was bei RAW besser ist
Ein JPEG hat pro Farbkanal 256 Abstufungen (8 bit). Dadurch, dass es drei Farbkanäle gibt (eben Rot, Grün und Blau), sind 256 x 256 x 256 verschiedene Farben darstellbar, also 16,7 Mio. insgesamt.
Beim RAW sind es 4096 (12 bit) oder 16384 (14 bit) Abstufungen pro Kanal, was insgesamt dann 68,7 Milliarden oder gar 4,4 Billionen Farbkombinationen ergibt.
Die Praxis: Nachbearbeitung RAW vs. JPEG
Die zusätzlichen Farbabstufungen bringen also einen Vorteil bei der Nachbearbeitung. Aber wie wirkt sich das konkret aus? Das demonstriere ich an folgendem Beispiel:
Du siehst in beiden Bildern, dass der Bereich rund um die Flamme aufgehellt wurde. Während jedoch der Farbverlauf von hell zu dunkel im RAW-Bild links einigermassen glatt verläuft, erkennst du im JPEG rechts deutliche Farbabstufungen. Dieser Effekt wird «Color Banding» genannt.
Die Uhr ist überbelichtet: Die Ziffern sollten gelb sein, nicht weiss, und die Umgebung sollte dunkel sein, nicht gelb.
In RAW bekomme ich das in der Nachbearbeitung ziemlich gut hin:
In JPEG dagegen kann ich das vergessen. In den weissen Bildteilen sind tatsächlich die Bildinformationen verloren, weil das wegen zuwenig Farbabstufungen als reines Weiss gespeichert wurde.
JPEG go home? Nein, so einfach ist es nicht
Bei den obigen Vergleichen kommt JPEG ziemlich flach heraus. Aber zur Ehrrettung von JPEG muss ich noch folgendes anmerken:
Die Nachteile des RAW-Formats
Den letzten Punkt habe ich auch erwähnt, weil das Thema «soll ich weg von Lightroom?» gerade aktuell ist.
Einheitliche Farbgebung – auch in RAW
Wenn du deine Bilder als JPEG schiesst, verwandelt die Kamera die Rohdaten in das Endformat. Sie tut das nach einem bestimmten vom Kamerahersteller entwickelten Verfahren (sog. JPEG-Engine), daher unterscheidet sich die Farbgebung von Marke zu Marke ein wenig.
Wichtiger als die Kameramarke sind aber die Bild-Einstellungen. Dafür haben meisten Kameras verschiedene Bildstile zur Auswahl: natürlich, lebendig, poppig, blass etc. Dabei lässt sich neben der Farbbalance und der Sättigung meist auch die Schärfe einstellen. Irgendwo in den Kamera-Einstellungen kannst du zudem angeben, ob und wie stark die Kamera das Bildrauschen unterdrücken soll. Ein zu starkes Bildrauschen kann zu aquarellartig verwaschenen Bildern führen.
Solange du immer den gleichen Bildstil benützt, wird die Farbgebung der JPEGs einigermassen konsistent bleiben. Beim manuellen Entwickeln eines RAW-Bildes besteht dagegen die Gefahr, dass jedes Bild für sich allein optimiert wird. Dann sieht es für sich betrachtet vielleicht gut aus, passt aber farblich nicht zum Rest der Serie. Das kann etwa bei Fotobüchern ein Problem sein.
Das müsste aber gar nicht sein, denn du kannst die Bildstile der Kamera auch im RAW-Format benützen. Das geschieht aber erst im Nachhinein am PC, während es beim Fotografieren in JPEG direkt in der Bilddatei «fixiert» wird. In Lightroom zum Beispiel gehst du auf Entwickeln und dann in den Abschnitt «Kamerakalibrierung». Dort finden sich neben der Adobe-Standardvorgabe auch verschiedene Bildstile, die denen der Kamera entsprechen.
Ob für deine Kamera solche Bildstile hinterlegt sind, siehst du bei Lightroom im Verzeichnis
Programme\Adobe\Adobe Lightroom\Resources\CameraProfiles\Camera
Was tun?
Nun, da du die Vor- und Nachteile kennst, kannst du besser entscheiden, welches Dateiformat du verwenden willst. Dieser Artikel alleine reicht jedoch nicht aus, um wirklich die richtige Entscheidung zu treffen. Erst die Erfahrung zeigt, welche Vor- und Nachteile für dich wichtig sind.
Und dann gibts ja auch noch DNG
Neben RAW und JPEG gibt es noch etwas Drittes: DNG. Die Abkürzung steht für Digital Negative. Adobe hat dieses Dateiformat erfunden und die Spezifikationen offengelegt. DNG kann genauso viele Farbinformationen speichern wie RAW, ist aber ein einheitliches Format, welches von allen RAW-Konvertern und einigen anderen Foto-Anwendungen gelesen werden kann. Adobe bietet gratis einen DNG-Konverter an, mit dem du alle RAW-Files in DNG umwandeln kannst.
Auch mit DNG sind jedoch verschiedene RAW-Konverter untereinander nicht kompatibel. Das hat nichts mit dem Dateiformat zu tun, sondern damit, dass die Bearbeitung in jeder Software anders funktioniert.
Unter Umständen speichert DNG nicht ganz alle Metadaten, die im RAW-File drin sind. Ansonsten gibt es keine Nachteile gegenüber RAW.
Leider verwendet kaum eine Kamera das DNG-Format, weil jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht. Aber seit einiger Zeit gibt es Smartphones, die Fotos direkt in DNG speichern. In Zukunft können das wohl sehr viele Modelle, denn iOS und Android bringen alles Nötige dafür bereits mit.
Bei der Frage, ob RAW oder DNG, ist es eigentlich recht einfach: Nutze das Format, das deine Kamera bzw. dein Smartphone produziert. Einzige Ausnahme: Wenn dein RAW-Konverter dein RAW-Format nicht lesen kann, und du keine Lust hast, deswegen einen neuen Konverter zu kaufen, dann nutze DNG (mit dem Adobe DNG-Konverter).


Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.
Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.
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