Produkttest

Was ist die beste Reisekamera? Drei Modelle im Test

Pünktlich zur Ferienzeit stellt Sony die Alpha 6700 vor, eine kleine Systemkamera mit APS-C-Sensor. Ich lasse sie im Kampf um den Titel «beste Reisekamera» gegen die Konkurrenz von Fujifilm und OM System antreten.

Die Sommerferien stehen bevor. Wer auf Reisen mehr Möglichkeiten und eine bessere Bildqualität als mit dem Smartphone will, greift oft zu kleinen Systemkameras. Zusammen mit einer Festbrennweite oder einem kompakten Superzoom sind sie handlich und unauffällig. Ich teste drei aktuelle Modelle im direkten Vergleich: Die brandneue Sony Alpha 6700, die OM System OM-5 und die Fujifilm X-S20.

Zu jeder Kamera besorge ich mir je zwei Objektive: Ein Reisezoom und eine lichtstarke Standard-Festbrennweite. Dabei wähle ich jeweils die Linsen, die ich selber kaufen würde. Das Zoom als Generalist und die Festbrennweite für das Spiel mit der Tiefenschärfe. Die Kits kosten unter dem Strich alle etwa gleich viel. Bei der einen Marke ist die Kamera leicht teurer, bei den anderen die Objektive.

Ich teile meinen Vergleich in verschiedene Kategorien auf, am Ende jedes Abschnitts findest du eine Zwischenwertung. So kannst du dir selber ein Gesamturteil zusammensetzen, je nachdem, was dir bei einer Kamera besonders wichtig ist.

Hier einige Spezifikationen im Überblick:

Design und Ergonomie: Retro vs. schlicht

Als ich zum ersten Mal den Rucksack mit den drei Testkameras öffne, greife ich instinktiv zur Fujifilm X-S20. Sie versprüht einen gewissen Retro-Charme, den ich gerne mag. Gleichzeitig hat sie einen genug grossen und gut geformten Griff, mit dem sie bequem in der Hand liegt. Nur mein kleiner Finger findet wie üblich bei kleinen Kameras keinen Platz.

Optisch gefällt mir auch die OM System OM-5, vor allem in der silbernen Farbe meines Testexemplars. Ihr Design ist genau wie bei der Fujifilm an klassische Kameras angelehnt. Doch die kleine Vertiefung und der Daumen-Grip bieten mir zu wenig Halt. Ich finde die OM System mit meinen mittelgrossen Händen nicht bequem.

Da ich die Ergonomie einer Kamera höher gewichte als einen stylischen Look, landet die OM System in dieser Kategorie auf dem letzten Platz. Die anderen zwei sind für mich gleichwertig.

1. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20
3. Platz: OM System OM-5

Grösse, Robustheit: Punkt für OM System

Der Sensor der OM System ist kleiner als derjenige der anderen zwei Kameras. Dennoch ist der Body praktisch gleich gross und schwer wie bei den Kontrahenten. Erst die Objektive sind je nach Modell kompakter. Besonders das 14-150mm ist für seinen Brennweitenbereich extrem klein. Als einzige der drei Kameras hat die OM-5 ein IP53 Rating. Das heisst, sie ist gegen Staub und Spritzwasser geschützt.

Legst du Wert auf möglichst guten Wetterschutz, bist du bei OM System am besten aufgehoben. Angst vor dem kleinsten Regenschauer brauchst du aber auch mit den Modellen von Sony und Fujifilm nicht zu haben. Bei der Kompaktheit hat die OM-5 die Nase ebenfalls knapp vorn.

1. Platz: OM System OM-5
2. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20

Objektivauswahl: Keine klare Siegerin

1. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20, OM System OM-5

Bedienung: Gewöhnungssache

Im Verlaufe meines Test-Tags rotiere ich zwischen den drei Kameras und muss mich immer kurz umgewöhnen. Jede Marke löst die Bedienung leicht anders. Die Menüs bereiten mir bei keinem der Modelle nennenswerte Probleme, wobei die OM System eine uralte Struktur verwendet, die sich zeitweise wie ein Labyrinth anfühlt.

Mit der Sony fühle ich mich am wohlsten. Alle Funktionen erreiche ich mit der rechten Hand über logisch beschriftete Tasten. Der Druckpunkt der Knöpfe könnte allerdings deutlicher sein. Die Position des vorderen Einstellrads gefällt mir nicht, ich muss den Zeigefinger seltsam krümmen, damit ich es erreiche. Ungewohnt, aber nicht schlecht finde ich die Position des Suchers. Für Videoaufnahmen habe ich einen eigenen Switch – das ist super.

Bei der Fujifilm gefallen mir Verarbeitung und Druckpunkt der Buttons am besten. Sie klicken vertrauenswürdig und ich spüre genau, wann ich etwas gedrückt habe. Dafür passt mir das Layout aus zwei Gründen weniger gut als bei Sony: Erstens brauche ich für die Playback-Taste zwingend die linke Hand. Das nervt. Zweitens verbaut Fujifilm einen Joystick statt eines Wählkreuzes – gut für die Wahl des Fokuspunktes, unpräziser für alles andere.

Die Vor- und Nachteile in der Bedienung der drei Kameras heben sich unter dem Strich in etwa auf. Nach einer Weile gewöhnst du dich an jedes Modell und keines hat schwerwiegende Schwachpunkte.

1. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20, OM System OM-5

Sucher und Display: Was ist dir wichtiger?

Genau umgekehrt ist die Rangliste bei den Displays auf der Rückseite. Hier trumpft die Fujifilm mit 1,84 Millionen Bildpunkten auf, während die anderen zwei mit 1,04 Millionen auskommen müssen. Das Display der Sony scheint mir bei Sonnenlicht zudem am schlechtesten ablesbar. Wenigstens ist es genau wie bei den anderen zwei Modellen ausklapp- und drehbar. Das finde ich praktisch.

Unter dem Strich begeistert mich keine der Kameras mit tollem Sucher oder Display, was wohl der Preisklasse geschuldet ist. Sie sind aber auch nicht störend schlecht. Die Stärken und Schwächen der drei Modelle gleichen sich insgesamt etwa aus.

1. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20, OM System OM-5

Autofokus: Fujifilm hat aufgeholt

Fujifilm hat den Autofokus der X-S20 gegenüber dem Vorgängermodell verbessert. Beim Fotografieren stellt die Kamera erfreulich schnell scharf und ich habe die Wahl zwischen verschiedenen Objektarten, welche die Kamera erkennen soll. Ich teste Menschen und Motorräder. Beim ersten klappt das Tracking gut, die Fujifilm erkennt zuverlässig das nahe Auge von Personen. Mit Motorrädern hat sie hingegen Mühe. Auch bei Nebel lässt mich der Autofokus ein paar Mal im Stich.

Da wirkt die Sony A6700 eine Ecke unkomplizierter. In ihr steckt der neue BIONZ XR Prozessor, der per künstlicher Intelligenz (KI) Motive besser automatisch erkennen soll. Ob das nun an an der KI liegt oder nicht: Tatsächlich erfasst die Kamera praktisch immer das, was ich will – ohne dass ich dafür etwas von Hand einstellen muss. Sonys Autofokus scheint entschlossen und unfehlbar. Er bleibt das Mass aller Dinge.

OM System verbaut in der OM-5 leider nicht den sehr guten Autofokus der grösseren OM-1. Was bedeutet, dass die OM-5 nur menschliche Gesichter erkennt. Bei einer Kamera, die sich mit den kleinen Objektiven für Tierfotografie eignen würde, ist das schade. Ich kann per Touch zwar Objekte auswählen, die dann getrackt werden. Das ist aber nicht besonders praktisch oder schnell. Insgesamt kann die kleine OM System nicht mit den Autofokussystemen der Konkurrenz mithalten.

1. Platz: Sony A6700
2. Platz: Fujifilm X-S20
3. Platz: OM System OM-5

Bildqualität: Alle gut, zwei besser

Da Lightroom die Raw-Bilder der Sony A6700 zum Testzeitpunkt noch nicht unterstützt, vergleiche ich der Fairness halber aus allen Kameras nur JPGs. Diese Ergebnisse sind nur begrenzt aussagekräftig. Weil ich den Test unbedingt vor der Ferienzeit veröffentlichen wollte, liest du hier trotzdem meine ersten Eindrücke der Bildqualität.

In kontrollierten Tests bei gutem Licht erkenne ich wenig Unterschiede zwischen den drei Kameras. Ich schiesse Bilder mit den Festbrennweiten und Blende f/5.6. Sony, Fujifilm und OM Sytem lösen ähnlich feine Details auf. Die OM-5 hat zwar 6 Megapixel weniger als die anderen zwei, das spielt aber so gut wie keine Rolle.

Erst bei hohen ISO-Werten macht sich der kleinere Sensor der MFT-Kamera bemerkbar. Wenn ich bei allen drei Testmodellen den Rauschfiler ausschalte, sind die Fujifilm X-S20 und die Sony A6700 weniger körnig.

Das gleiche gilt für den Dynamikumfang. Dieser bietet subjektiv wahrgenommen überall ähnlich viel Reserven bei ISO-Werten bis 400. Bei höheren Empfindlichkeiten haben die zwei APS-C-Kameras leichte Vorteile. Generell brennen bei JPGs helle Stellen schneller aus, als dass dunkle Stellen komplett Schwarz werden. Im Zweifelsfall würde ich deshalb lieber ein wenig unterbelichten.

Eine Lanze möchte ich für die OM System OM-5 doch noch brechen: Ich bin ein Fan ihres 4:3-Seitenverhältnisses. Besonders im Hochformat sind mir die 3:2-Bilder der anderen Kameras oft zu schmal. Natürlich lassen sie sich beschneiden, doch das kostet Auflösung. Weil das eine persönliche Vorliebe ist, fliesst der Unterschied nicht in die Wertung mit ein. Die MFT-Kamera landet mit kleinem Abstand auf dem dritten Platz, den ersten teilen sich die anderen zwei.

1. Platz: Sony A6700, Fujifilm X-S20
3. Platz: OM System OM-5

Video: OM System fällt zurück

Wer eine Hybrid-Kamera möchte, kann die OM System OM-5 ausschliessen. Sie filmt in 4K mit bis zu 30 FPS, nur in 8 bit und mit einem 1,19-fachen Crop. Damit bietet sie weniger FPS und weniger Dynamikumfang als die Konkurrenz. Der Autofokus wirkt träge und erwischt bei der Testaufnahme öfters meine Stirn statt den Augen. Auch die Bedienung ist klar auf Fotografie ausgerichtet

1. Platz: Sony A6700
2. Platz: Fujifilm X-S20
3. Platz: OM System OM-5

Fazit: Knapper Sieg für Sony

Die versöhnliche Nachricht zuerst: Alle drei Kameras machen Freude. Bist du bereits in einem System investiert oder aus anderen Gründen Fan einer bestimmten Marke, machst du mit keinem der getesteten Modelle etwas falsch. Sie sind leichtfüssig, durchdacht und liefern gute Bilder. Doch für ein solches Wischiwaschi-Urteil bist du kaum hier. Was also, wenn du noch nichts hast oder gar umsteigen willst?

Im Videobereich krallt sich die Sony A6700 endgültig den Gesamtsieg: 4K-Aufnahmen mit bis zu 120 FPS, bei bis zu 60 FPS im Oversampling-Verfahren ohne Crop. Die Fujifilm X-S20 kann zwar 6,2K, dafür 4K nur mit bis zu 60 FPS. Doch vor allem ist die Schärfenachführung von Sony schneller, genauer und flüssiger. Die OM System OM-5 ist für Videos am wenigsten gut geeignet.

Unter dem Strich zeigt die Sony Alpha 6700 am wenigsten Schwächen und ist in der Praxis nie im Weg. Ich greife am Ende des Tages wie von alleine zu ihr statt zu den anderen. Sie wäre im Reisezoom-Kit meine erste Wahl für unkomplizierte und gute Ferienfotos.

Titelbild: Samuel Buchmann

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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