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Was Fotos auf Linkedin aussagen

Ein Profilbild auf Linkedin kann die Chancen bei einer Bewerbung beeinflussen. Doch was lässt sich tatsächlich aus solchen Bildern ableiten?

Mimik, Blickkontakt, Hintergrund: Diese und weitere Merkmale von Profilbildern verraten etwas über die abgebildete Person – allerdings nicht viel. Das hat Tobias Marc Härtel von der Hochschule Osnabrück in einer Untersuchung von Linkedin-Profilen herausgefunden. Wie der Psychologe in der Fachzeitschrift «Personality and Individual Differences» schreibt, fand er zwar systematische Zusammenhänge zwischen Bild und Persönlichkeit, doch sie fielen sehr schwach aus.

Für die Studie hatte Härtel 381 deutschsprachige Linkedin-Nutzerinnen und -Nutzer mit Profilbild angeworben. Im Schnitt waren sie knapp 30 Jahre alt, mehr als 70 Prozent hatten mindestens einen Bachelorabschluss, und mehr als die Hälfte war in irgendeiner Form berufstätig. Besonders häufig vertreten waren BWL-Studierende sowie Fachkräfte in der IT-, Telekommunikations- oder Medienbranche. Sie beantworteten Fragen zu den fünf grossen Persönlichkeitsdimensionen, den «Big Five», und ihre Profilbilder wurden auf 21 Merkmale geprüft, die sich in früheren Studien als aussagekräftig erwiesen hatten: Wirkte die Kleidung professionell? Trug die Person auffällige Farben, Schmuck oder einen Bart? Lächelte sie, blickte sie in die Kamera? Hielt sie die Arme verschränkt? Und was war im Hintergrund zu sehen?

Härtel berechnete, inwieweit diese Merkmale mit der Persönlichkeit zusammenhingen, nachdem er etwaige Einflüsse von Alter und Geschlecht herausgerechnet hatte, und fand für jede der fünf Persönlichkeitsdimensionen systematische, aber sehr schwache Zusammenhänge mit einzelnen Bildmerkmalen. Ein Lächeln und der Blick in die Kamera beispielsweise liessen auf emotionale Stabilität, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit schliessen. War im Hintergrund ein Büro zu sehen, war das ein Hinweis auf emotionale Stabilität und Extraversion. Zeigte sich die Person dagegen in der Natur oder in einer Freizeitsituation, deutete das auf erhöhte Offenheit für neue Erfahrungen hin, und dasselbe galt für eher legere Kleidung.

Tobias Marc Härtel auf Linkedin | Das Profilbild des Wirtschaftspsychologen würde etwaigen Recruitern vermutlich Kopfschmerzen bereiten. Er hilft bei der Deutung: Die informelle Kleidung und der Freizeitkontext weisen beide auf hohe Offenheit hin. Allerdings sind diese Signale nicht sehr aussagekräftig. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine vor Freizeithintergrund abgebildete Person tatsächlich überdurchschnittlich offen ist, betrage nur etwa 55 Prozent – also kaum mehr als 50/50.
Tobias Marc Härtel auf Linkedin | Das Profilbild des Wirtschaftspsychologen würde etwaigen Recruitern vermutlich Kopfschmerzen bereiten. Er hilft bei der Deutung: Die informelle Kleidung und der Freizeitkontext weisen beide auf hohe Offenheit hin. Allerdings sind diese Signale nicht sehr aussagekräftig. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine vor Freizeithintergrund abgebildete Person tatsächlich überdurchschnittlich offen ist, betrage nur etwa 55 Prozent – also kaum mehr als 50/50.
Quelle: © mit frdl. Gen. von Tobias Marc Härtel (Ausschnitt)

Die Körperhaltung und die sonstige äussere Erscheinung verrieten wenig oder gar nichts. Womöglich liege das daran, dass sich die Menschen auf Linkedin an bestimmten Normen orientieren, so der Autor. Wer dort ein Foto hochlädt, weiss in der Regel, dass verschränkte Arme und ungepflegte Kleidung keinen guten Eindruck machen. Ausserdem bräuchte es grössere und nicht nur deutschsprachige Stichproben, denn die gängigen «Signale» in den Bildern könnten sich von Kultur zu Kultur unterscheiden.

Die Forschung zu Linkedin-Profilbildern sei spärlich, berichtet der Wirtschaftspsychologe. Dabei würden Studien zeigen, dass sich Personalverantwortliche von ihnen beeinflussen lassen. Härtel zitiert eine Umfrage unter rund 200 Personalverantwortlichen, der zufolge 70 Prozent der Befragten angaben, dass sie bereits einmal eine Bewerbung wegen des Profilbilds auf Linkedin abgelehnt hatten. Er empfiehlt, sich auf validere Informationsquellen zu konzentrieren – denn der erste Eindruck, den ein Foto erweckt, könnte falsch sein.

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