Produkttest

Warum der iRobot Roomba S9+ meine Welt nicht erobert

Kevin Hofer
16.11.2021

Das Versprechen eines Roboterstaubsaugers ist geil: Er saugt dir die Hütte und du musst nichts tun. Zumindest in der Theorie. Praktisch sieht es dann doch etwas anders aus, wie der Test des Roomba S9+ von iRobot zeigt.

Seit unsere vierköpfige Familie im Juli dieses Jahres umgezogen ist, liebäugle ich mit einem Roboterstaubsauger. Meine Frau ist dagegen. Einerseits, weil sie meint, dass die Dinger nicht sauber saugen, andererseits, weil sie ihnen nicht traut. Sie befürchtet, dass die Roboter die Weltherrschaft ergreifen wollen.

Schnelle Inbetriebnahme, lange Vorbereitung

Der Roboterstaubsauger kommt mit Ladestation inklusive automatischer Absaugstation. Dies mit dem Versprechen, mich monatelang nicht um das Staubsaugen kümmern zu müssen. Weiter befinden sich im Lieferumfang ein Ersatz-Beutel und -Filter sowie eine Bürste.

Falls du wissen möchtest, was den Roomba S9+ sonst noch auszeichnet, schaust du dir am besten das Video von iRobot an. Ich will dir in meinem Review von meinen Erfahrungen erzählen. Schliesslich gibt es das Teil bereits seit 2019 und zig Reviews, die dir alles über die technischen Eigenschaften verraten.

Das mit der Weltherrschaft wird nichts

Die Kinder müssen für eine erfolgreiche Reinigung also A) nicht zu Hause sein, weil sie immer Unordnung machen und Röbi stören, und ich muss B) meine vier Wände auf erst Vordermann bringen. Damit ist schon mal klar, dass ich den Sauger nur laufen lassen kann, wenn ausser mir niemand zu Hause ist. Zum Glück teste ich das Teil für die Arbeit, sonst würde jetzt wieder eine Diskussion darüber losbrechen, was Angestellte im Homeoffice machen – oder eben nicht.

Grund Nr. 1: Heizkörper

Grund Nr. 2: Türen

Und ich dachte, das passiert nur meinen Kindern: Kurz nach dieser ersten Panne sperrt sich Röbi selbst ein. Er hat die Türe beim Reinigen zugestossen. Stossen kann er, ziehen jedoch nicht. Und so bleibt er erneut stecken. Auch hier benachrichtigt mich die App. Ich versuche es mit Türstoppern, aber die stösst Röbi einfach weg. Ein anderer Trick verschafft dann Abhilfe, den ich beim nächsten gescheiterten Versuch zur Eroberung der Weltherrschaft anwende.

Grund Nr. 3: Türschwellen

Grund Nr. 4: Kinder

Grund Nr 5: Dreck

Auch gegen Dreck ist Röbi nicht gefeit. Nach etwa zwei Wochen will ich ihn von unterwegs per App in Betrieb nehmen. Aber leider ist keine Verbindung zu ihm möglich. Was bloss los ist? Es ist Samstag, die ganze Familie ist unterwegs zum Einkaufen. Nach dem Einkauf muss darf ich alleine nach Hause und Bad sowie Küche putzen – das macht Röbi leider auch nicht.

Wie ich daheim feststelle, hat Röbi keinen Akku mehr, obwohl er auf der Ladestation steht. Die ist jedoch eingesteckt. Ich drehe ihn um und stelle fest: Es hat sich etwas Dreck, womöglich eingetrocknete Konfi, auf den Ladekontakten abgelagert. Wie gesagt: Unterm Tisch ist es mit Kindern am dreckigsten. Ich reinige die Kontakte und stelle Röbi wieder auf die Ladestation. Jetzt wird er geladen. Dann putze ich halt mal Küche und Bad, während Röbi lädt.

Nach ein paar Minuten höre ich ihn anspringen. Er fährt von der Ladestation runter und versucht wieder darauf zu fahren. Was ist bloss los? Er packt es nicht – dockt kurz an und nimmt dann wieder Anlauf. Das Spiel wiederholt sich, bis der Akku durch ist. Röbi ist in einer Endlosschleife stecken geblieben.

Über die App kann ich ihn nicht abstellen. Die einzige Möglichkeit, die sich mir bietet, ist, ihn wieder auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen. Somit ist aber die Karte, die er von meiner Wohnung erstellt hat, futsch. Er muss sie also wieder von Grund auf kartieren. Ärgerlich, aber immerhin wiederholt sich das Problem die restliche Testzeit über nicht.

Wie gut Saugt das Teil?

Immerhin kann ich den zweiten Einwand meiner Frau nicht bestätigen: Wenn Röbi saugt, saugt er sauber. Und das dank seiner halbrunden Form und der Eckbürste auch in den Ecken und Rändern. Dabei nimmt er nicht nur Staub, sondern auch grösseres wie Brotkrümel auf. Auch meine Teppiche werden sauber und ich finde keine Rückstände nach dem Saugen.

Für einmal komplett Saugen unserer 5,5-Zimmerwohnung mit rund 125 Quadratmeter hat Röbi etwa zwei Stunden. Der Akku reicht meist nicht ganz und er muss für den Rest noch kurz aufladen. Die Saugdauer hat sich aber bei jedem Sauggang etwas verringert, weil er die Wohnung immer besser kennt. Vielleicht reicht es in einem Monat für einmal komplett saugen ohne laden.

Für mich kein Dealbreaker ist, dass Röbi keine Wischfunktion hat. Da ich einen unversiegelten Echtholzboden im Wohnbereich und Korkboden in den Schlafzimmern habe, möchte ich sowieso nicht allzu feucht aufnehmen und mache das lieber von Hand.

Fazit: Für eine Familie wie meine ungeeignet

Trotz seiner Macken mag ich Röbi, den Roomba S9+. Er saugt zuverlässig und ist einfach in der Handhabung. Für ordentliche Singles und kinderlose Pärchen funktioniert der S9+ bestens.

Aber für meinen Anwendungsfall ist er nichts. Das manuelle Saugen meiner Wohnung dauert 20 Minuten – wenn ich meine Wohnung so herrichte, wie ich es für Röbi tue. Das ist jeweils ein grosser Aufwand: Je nach Unordnung dauert das eine halbe Stunde bis vierzig Minuten. Und dann braucht Röbi immer noch zwei Stunden, um die Wohnung sauberzumachen. Ich spare also kaum Zeit.

Sollte ich beim Aufräumen etwas übersehen haben, hat Röbi eine Panne und ich muss eingreifen. Bin ich nicht zu Hause kann Röbi den Sauggang nicht beenden, bis ich ihm helfe. Ich bin also gezwungen, fürs Saugen vor Ortzu sein. Aber ohne meine Kinder, denn die kommen Röbi immer gerne in die Quere. Zu viele Faktoren müssen im Familienleben stimmen, damit es mit der erfolgreichen vollautomatisierten Reinigung klappt.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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