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US-Gerichtsurteil: Apple muss gebührenfreie Käufe ausserhalb von Apps ermöglichen

2021 entschied ein US-Gericht, dass Apple Transaktionen ausserhalb von Apps ermöglichen muss. Tim Cook führte daraufhin eine neue Gebühr auf Off-App-Käufe ein. Nun platzte der Richterin der Kragen.

Herbe Niederlage für Apple: Der District Court von Nordkalifornien verbietet es dem iPhone-Hersteller, Gebühren für Käufe ausserhalb von Apps zu kassieren. Apple darf es Entwicklern auch anderweitig nicht mehr erschweren, User auf externe Seiten zu leiten. Das Urteil gilt ab sofort, aber nur in den USA.

Der Entscheid von Richterin Yvonne Gonzalez Rogers ist Teil des Rechtsstreits zwischen Apple und Epic Games. 2021 urteilte sie, dass Apple mit seiner 30-Prozent-Gebühr für In-App-Käufe nicht gegen das Kartellrecht verstösst. Aber das Gericht wies Apple an, seine «Anti-Steering-Regeln» zu entfernen. Im Klartext: Solange du in der App etwas kaufst, darf sich Apple weiterhin 30 Prozent des Umsatzes gönnen. Aber App-Entwickler sollen dich auch auf externe Seiten steuern können, um diese Gebühr zu umgehen.

Diesem Urteil hat sich Apple laut Gonzalez Rogers vorsätzlich widersetzt. Denn die Kalifornier lassen zwar mittlerweile Weiterleitungen auf die sogenannten Off-App-Käufe zu – führten jedoch auf solche eine Gebühr von 27 Prozent ein und errichteten weitere Hürden. Dies unterlaufe die Einigung von 2021.

Tim Cook fällte laut Gerichtsunterlagen schon 2023 den Entscheid für eine neue Off-App-Gebühr.
Tim Cook fällte laut Gerichtsunterlagen schon 2023 den Entscheid für eine neue Off-App-Gebühr.
Quelle: Screenshot YouTube / Recode

Kein Spielraum mehr für «Insubordination»

In ihrer vernichtenden Urteilsbegründung findet die Richterin deutliche Worte: «Dass Apple dachte, das Gericht würde eine solche Insubordination tolerieren, war eine grobe Fehleinschätzung.» Das Unternehmen habe versucht seine illegale Einnahmequelle zu sichern. CEO Tim Cook hätte die Wahl gehabt zwischen der Befolgung der gerichtlichen Anweisung und einer ungerechtfertigten Gebühr. «Cook hat schlecht entschieden.»

Tim Cook chose poorly.
US-Richterin Yvonne Gonzalez Rogers

Wird das Urteil nicht von der nächsten Instanz umgestossen, dürfte Gonzalez Rogers recht behalten. Die ursprüngliche Einigung aus 2021 hätte Apples Kontrolle über den App Store relativ wenig gelockert, da sie vage formuliert war. Die Richterin erlaubte sogar explizit eine Gebühr für Off-App-Käufe – aber nur mit einer nachvollziehbaren Erklärung.

Letzteres nahm Tim Cook offenbar nicht allzu ernst. Trotz interner Bedenken von App-Store-Chef Phil Schiller segnete er die 27-Prozent-Gebühr auf Off-App-Käufe ab. Vor Gericht hatte Apple keine vernünftige Begründung für die hohe Kommission parat. Sie zerstört de facto jeglichen Anreiz für Entwickler, ihre User aus der App zu steuern. Doch Cupertino ging noch weiter: Es schränkte die Formatierung von externen Links ein und fügte einen Vollbild-Warnhinweis hinzu, wenn User darauf klickten.

Apple prüfte laut internen Dokumenten zwei Arten von Warnhinweisen, wenn eine App User auf externe Seiten schickt. Am Ende fiel die Wahl auf die Vollbild-Version (rechts).
Apple prüfte laut internen Dokumenten zwei Arten von Warnhinweisen, wenn eine App User auf externe Seiten schickt. Am Ende fiel die Wahl auf die Vollbild-Version (rechts).
Quelle: United States District Court Northern District of California

Gonzalez Rogers schreibt, Apples Vizepräsident für den Bereich Finanzen, Alex Roman, habe sie 2024 bei einer Anhörung zur neuen Off-App-Gebühr «schlicht belogen». Roman gab damals zu Protokoll, dass Apple sich noch nicht für die Höhe von 27 Prozent entschieden hatte. Interne Dokumente belegten jedoch, dass genau das schon im Juli 2023 passiert war.

Nun erhalten Tim Cook und seine Kollegen die Quittung. Das neue Urteil ist deutlich härter als das alte. Es lässt keinen Spielraum mehr für Gebühren oder Angstmacherei. Apple darf ab sofort nicht mehr:

  • Provisionen oder Gebühren für Käufe erheben, die Verbraucher ausserhalb einer App tätigen.
  • Den Stil, die Formatierung oder die Platzierung von Links für Käufe ausserhalb einer App durch die Entwickler einschränken
  • Die Verwendung von Buttons oder anderen «Calls to Action» blockieren oder einschränken.
  • die Entscheidung von Verbrauchern, eine App zu verlassen, beeinträchtigen. Erlaubt ist nur noch eine «neutrale Nachricht, die darauf hinweist, dass man eine Website eines Drittanbieters besucht».
We strongly disagree with the decision.
Olivia Dalton, Apples Senior Director of Corporate Communications

Apple-Sprecherin Olivia Dalton schreibt in einer Stellungnahme gegenüber «The Verge», das Unternehmen sei mit dem Urteil überhaupt nicht einverstanden. Apple werde es zwar umsetzen, aber Berufung einlegen.

Epic Games und Spotify jubeln

Tim Sweeney, CEO von Epic Games, zeigte sich erfreut über das Urteil. Er versprach, dass «Fortnite» in den USA schon nächste Woche wieder im App Store verfügbar sein wird. Sein zusätzliches «Friedensangebot»: Wenn Apple die neue Policy weltweit umsetzt, werde Epic Games sein Spiel auch weltweit in den App Store zurückbringen – und alle laufenden und künftigen Klagen gegen Apple zu diesem Thema fallen lassen.

Tim Sweeney kämpft seit über vier Jahren gegen Apple Gebühren.
Tim Sweeney kämpft seit über vier Jahren gegen Apple Gebühren.
Quelle: X / Tim Sweeney

Spotify hat kurz nach dem Urteil ein Update für seine iOS-App eingereicht, das mittlerweile von Apple zugelassen wurde. US-Nutzer sehen nun in der App die Preise für den Streamingdienst und können dann per Link auf eine externe Seite direkt ein Abo abschliessen. In einem Blogpost schreibt das Unternehmen: «Die Tatsache, dass wir bisher nicht in der Lage waren, diese grundlegenden Dienste zu liefern, ist absurd.»

EU schlägt in die gleiche Bresche

Der District Court of Northern California öffnet App-Entwicklern Tür und Tor, die Gebühr für In-App-Käufe effektiv zu umgehen. Apple droht durch das Urteil ein schmerzhafter Umsatzrückgang. Die weltweiten Einnahmen aus dem App Store werden auf rund 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Und die «Apple-Tax» steht nicht nur in den USA unter Beschuss.

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Auch die Europäische Union pocht auf eine sinngemässe Umsetzung ihrer Steering-Vorschriften. Weil Apple diese bisher ungenügend umgesetzt hat, kassierten die Kalifornier letzte Woche eine Busse von 500 Millionen Euro. Die Regeln der EU sind nicht so spezifisch wie die des US-Gerichts. Aber auch sie sollen es App-Entwicklern erleichtern, User auf externe Seiten zu leiten.

Titelbild: Shutterstock

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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