
Ratgeber
Tier im Recht: Mitleid mit Strassentieren im Urlaub? Das kannst du tun
von Darina Schweizer

«Wer Pelz trägt, trägt den Tod», «Tierleid ist untragbar», «Lieber nackt als im Pelz» – durch solche Slogans und Kampagnen ist längst klar: Tierfell heisst Tierleid. Doch was ist mit Kunstfell und Secondhandkleidung? Worauf gilt es zu achten?
«Ach, wie flauschig», dachte ich, als ich vor vier Jahren Winterschuhe mit Kunstfell um die Knöchel kaufte. Seither habe ich ein paar abschätzige Blicke geerntet. Und auch gefragt wurde ich schon: «Der ist aber nicht echt?!»
Caroline Mulle, gibt es Pelz, den man mit gutem Gewissen tragen kann?
Die kurze Antwort lautet: Nein.
Weshalb nicht?
Die Pelzherstellung ist für Tiere nach wie vor mit massiven Qualen verbunden. In aller Regel werden sie brutal gefangen oder in engen Käfigen gehalten. Nicht selten werden sie auch lebendig gehäutet.
Wie sieht es bei Fuchspelz aus Schweizer Jagd aus?
Teilweise hört man, von einem abgeschossenen Fuchs könne man ja auch das Fell verwerten. Oder die Bejagung sei notwendig, um den Bestand zu regulieren und das natürliche Gleichgewicht zu bewahren.
Das stimmt nicht?
Nein. Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Jagd einen geringen Einfluss auf die Grösse der Population hat. In erster Linie sind das Futterangebot und die Bedingungen für die Jungtieraufzucht entscheidend.
Inwiefern?
Durch Laboruntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass Pelzprodukte aus allen Preisklassen schädliche Rückstände von Chemikalien aufweisen. Diese können krebserregend, hormonverändernd oder allergieauslösend sein.
Wie häufig ist in Kleidergeschäften noch Echtpelz anzutreffen?
Erfreulicherweise deutlich seltener als noch vor einigen Jahren. Viele Kaufhäuser und Luxusmarken haben Pelzprodukte aus ihrem Sortiment verbannt.
Ich liebe alles, was vier Beine oder Wurzeln hat – besonders meine Tierheimkatzen Jasper und Joy sowie meine Sukkulenten-Sammlung. Am liebsten pirsche ich auf Reportagen mit Polizeihunden und Katzencoiffeurinnen umher oder lasse in Gartenbrockis und Japangärten einfühlsame Geschichten gedeihen.
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Alle anzeigenNein, natürlich nicht. Natürlich ist mir bewusst, dass die Pelzproduktion mit Tierleid verbunden ist. Deshalb habe ich ja Kunstpelz gewählt. Doch plötzlich meldete sich die Paranoia: Hatte ich mich beim Kauf womöglich in die Irre führen lassen? Ist Kunstpelz wirklich eine kluge Alternative? Caroline Mulle, rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung für das Tier im Recht, hat mir Auskunft gegeben.
Was ist mit Produkten, die als «ethisch», «nachhaltig» oder «aus schonendem Wildfang» bezeichnet werden?
Die entsprechenden Labels wurden von der Pelzindustrie ins Leben gerufen und dienen lediglich der Imagepflege. Die Realität ist, dass Tiere auch für solche Pelzprodukte massiv leiden. Die Tatsache, dass in der Schweiz seit 40 Jahren – also seit Inkrafttreten des ersten Tierschutzgesetzes – keine Pelzfarmen mehr existieren, zeigt: Eine rentable Pelzproduktion unter Einhaltung unserer Tierschutzstandards ist schlicht nicht möglich.

Welche Importländer sind besonders umstritten?
Mehr als die Hälfte der in die Schweiz importierten Felle stammt aus asiatischer Produktion. Vorwiegend aus China, das nicht einmal über tierschutzrechtliche Minimalstandards verfügt. Aber auch die Haltungsbedingungen in europäischen Pelztierhaltungen müssen nach Massstab des Schweizer Tierschutzrechts als klar tierquälerisch bezeichnet werden. Weiter werden auch in Nordamerika in der Schweiz verbotene Praktiken angewandt: Insbesondere Kojoten, Füchse und Rotluchse werden mit Fangeisen, Schlingen und Schlagfallen gefangen. Das bedeutet oft einen stunden- oder tagelangen Überlebenskampf.
Wäre es denn eine Alternative, den Pelz von kranken Tieren zu verwenden oder von solchen, deren Fleisch weiterverarbeitet wird?
Auch das scheint nur auf den ersten Blick ethisch vertretbar. Ein häufiger Irrtum ist etwa, dass Kaninchenfell ein Nebenprodukt der Fleischindustrie und nicht verwerflich sei. Insbesondere die flauschigen Rex-Kaninchen werden jedoch ausnahmslos für ihr Fell gezüchtet und getötet und leben unter schlechten Bedingungen. Die Ausbeutung wird aufrechterhalten, wenn man diesen Pelz trägt. Und man kann auch sich selbst schaden.
Ganz verschwunden ist er aber nicht?
Leider nein. Besonders an Produkten mit kleinen Pelzdetails, wie etwa an Kapuzen oder Krägen von Winterjacken, ist er noch zu finden. Viel häufiger wird tierquälerische Pelzware aber über Secondhand-Kanäle abgesetzt. 2023 kontrollierte der Zürcher Tierschutz zwölf Brockenhäuser und drei Secondhand-Shops in und um Zürich. In 14 dieser 15 Läden wurden insgesamt 197 Secondhand-Artikel entdeckt, die entweder ganz aus Echtpelz waren oder einzelne Teile davon enthielten.

Weshalb ist der Kauf von Secondhand-Pelz nicht okay? Man könnte ja argumentieren, dass kein neues Tierleid entstehe.
Wenn Pelz getragen wird, ist nicht sichtbar, ob es sich um einen gebrauchten oder neuen Pelz handelt. Deshalb tragen auch Secondhand-Käufe in einem grossen Mass zur Normalisierung von Pelz bei. Wenn Menschen sehen, dass Pelz getragen wird – egal ob neu oder gebraucht – wird der Eindruck erweckt, dass Pelz akzeptabel ist. So bleibt Echtpelz salonfähig und die grausame Pelzindustrie bleibt auch am Leben.
Worauf sollte man beim Kauf von Kleidern achten?
Damit Echtpelz im Laden erkannt werden kann, sollte man nach der gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung suchen, also einem Etikett am Produkt. In Secondhand-Läden kann man sich darauf aber leider nicht verlassen. Am besten verzichtet man also ganz auf Pelzwaren. Egal ob sie neu, Secondhand oder künstlich hergestellt sind. Denn wie gesagt: Auch echt wirkender Kunstpelz kann die Nachfrage aufrechterhalten und somit neues Tierleid schaffen.
Was hältst du von Pelzkleidung?
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.