Hintergrund

Spotify: Ein Entscheid gegen die Musik?

Livia Gamper
31.1.2022

Der schwedische Streaming-Dienst Spotify hat sich in den vergangenen Tagen in einen Shitstorm manövriert. Was ist geschehen, wer sind die beteiligten Akteure und wie reagiert Spotify?

Spotify hat sich am 28. Januar gegen Neil Young und für den umstrittenen Podcast entschieden. Der Joe Rogan Experience Podcast (JRE) bleibt und mit ihm die Fehlinformationen bezüglich der Covid-19-Pandemie.

Youngs Label Warner Music hat sich derweil hinter den Musiker gestellt – die Song-Rechte liegen nicht beim Künstler selbst – und Spotify gebeten, die Musik Youngs von der Plattform zu nehmen. Dieser Bitte ist der Streaming-Dienst nachgekommen, Youngs Musik mit sechs Millionen Abonnenten ist nicht mehr auf Spotify zu finden. Auf seiner Webseite gibt der Künstler nun Informationen, auf welchen Diensten er zu finden ist und wie der Wechsel am besten gelingt.

Weitere Künstler und die Royals ziehen nach

Nach dem Eklat zwischen Young und Spotify sind weitere Künstler mit Young mitgezogen. Diese Künstler*innen stellten sich hinter den Kanadier:

  • Brené Brown
  • Joni Mitchell
  • Nils Lofgren (Gitarrist in Bruce Springsteens E Street Band und Crazy Horse)
  • Prinz Harry und Herzogin Meghan Markle

Brown, Mitchell und Lofgren wollen ihre Titel ebenfalls von Spotify entfernen, beziehungsweise keine neuen Podcasts mehr hochladen. Meghan und Harry äusserten Kritik, wollen dem Dienst aber noch treu bleiben. Die beiden haben einen 23-Millionen-Deal mit Spotify abgeschlossen, jedoch erst eine Podcast-Folge geliefert.

Wer ist Joe Rogan und wieso ist sein Podcast so problematisch?

Dass Spotify sich gegen Youngs Musik und für Rogans Podcast entschied, ist kein Zufall. Spotify hat Rogan im Jahr 2020 100 Millionen Dollar gezahlt, um seinen Podcast, inklusive dessen Archiv, exklusiv anbieten zu können.

Mit dem Einkauf von exklusiven Podcasts versucht Spotify seit einiger Zeit, sich von den anderen Musikstreamingdiensten abzuheben. Rogans Show ist dafür das Zugpferd – und Spotify hat sich mit der Entscheidung, den problematischen Podcast auf der Plattform zu lassen, für den monetären Gewinn entschieden.

Rogan entschuldigte sich unterdessen in einem fast zehnminütigen Instagram-Video. Er räumt ein, dass er nicht alles richtig gemacht habe, und dass es ihm leid tue, Neil Young wütend gemacht zu haben. Er sei selbst ein Fan des Musikers.

Spotify rudert zurück

Am 30. Januar reagierte Spotify-Chef Daniel Ek auf die Kritik und die Geschehnisse und kündigte an, dass alle Beiträge zu Covid-19 bald mit einem technischen Hinweis versehen werden. Dieser soll die Podcast-Hörenden zu wissenschaftlich fundierten Informationen aus verlässlichen Quellen und Links führen – also wahrscheinlich eine Einblendung, wie es sie bei Instagram schon gibt.

Weiter schreibt Ek, er sehe sich in der Verantwortung, «um Ausgewogenheit zu schaffen und den Zugang zu Information zu geben, die von den medizinischen und wissenschaftlichen Gemeinschaften weitgehend akzeptiert werden».

Genügt diese Informationsoffensive?

Im Blogpost schreibt der Spotify-Chef anschliessend, was sein Unternehmen gegen die Corona-Krise unternommen hat. So sei eine Reihe von Aufklärungsressourcen und -kampagnen bereitgestellt worden. Zudem sei ein globaler COVID-19-Informations-Hub entwickelt und gefördert worden. An die WHO und Covax, der Organisation für ein gerechte Impfstoffverteilung, seien Spenden ausgerichtet worden.

Nur davon, dass der Podcast von Joe Rogan mit Malone gefährliche Covid-Fehlinformationen enthält, die gegen die erwähnten Richtlinien verstossen, fehlt im Schreiben Spotifys jede Spur.

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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