Samsung Galaxy Note 9: Wenn Samsung im Jahr 2018, dann das
15.10.2018
Video: Stephanie Tresch
Das Samsung Galaxy Note 9 macht viel richtig. Und viel Spass. Doch es stellt sich die grosse Frage: Warum gibt es die Note-Serie eigentlich noch? Ein radikaler Vorschlag in einem Review.
Das Samsung Galaxy Note 9 macht all das richtig, was die diesjährige S-Serie in den Sand gesetzt hat. Das S9 und das S9+ sind zwar solid gute Phones, aber der Wow-Effekt und der Grund, warum Nutzer vom S8 upgraden sollten, fehlen. Der Akku ist zu schwach, die Kamera so ganz okay, aber nicht der Oberhammer.
Zumindest mit dem Akku hat Samsung die Kurve gekratzt. Denn das Note 9 hat mit seinen 4000 mAh genug Durchhaltevermögen, um einen ganz normalen Arbeitstag zu überstehen und vielleicht etwas Ausgang am Abend hinzukriegen. Das S9 wurde kurz vor Feierabend zum Briefbeschwerer, die Plusversion dann beim Feierabendbier oder nach dem Sport.
Das Note 9 hingegen hält auch im Gebrauch bei den Power Usern locker einen Tag durch. Anderthalb Tage sogar. Sowohl in meinem Test wie auch in dem von Videoproduzentin Stephanie Tresch hat der Akku tadellos funktioniert.
Der Bildschirm ist das Highlight
In Reviews wird viel zu selten die Qualität des Bildschirms angesprochen. Irgendwie klingt das immer so in etwa so: «AMOLED und gut ist, wer was anderes will, hat eine leichte Geschmacksverstauchung. Punkt. Fertig.» Beim Note 9 hingegen aber hat Samsung ganze Arbeit geleistet. Die Farben sind satt und leuchten, ohne dass der Bildschirm je grell wird oder gar die Augen schmerzt. Die Farben sind gleichzeitig sanft und kraftvoll. Keine Ahnung, wie Samsung das hingekriegt hat, aber der südkoreanische Konzern hat sich hier selbst übertroffen.
Denn egal, ob du eine SMS schreibst oder Netflix schaust, der Bildschirm sieht einfach immer grossartig aus. So macht es richtig Spass, mit dem Note 9 zu arbeiten. Denn du brauchst nicht immer übersättigte Farben oder den Neon-Look, von dem wir nicht wissen, dass wir ihm ausgesetzt sind.
Der 6.4 Zoll grosse Screen ist flacher als der des S9+, damit du besser mit dem neu überarbeiteten S Pen arbeiten kannst. Der Pen hat neu einige Features, die im Alltagsgebrauch kaum nützlich sind, aber im Kontext eines Power oder Business Users durchaus Sinn ergeben. Der Pen kann neu via Bluetooth mit dem Gerät verbunden werden und du kannst das Note 9 aus einem Abstand von etwa zehn Metern kontrollieren. Standardmässig ist der Pen so eingestellt:
- Ein Klick: Kamera macht ein Foto
- Zwei Klicks: Wechsel zwischen Front- und Hauptkamera
Das könnte das Ende des Selfies sein, in dem der Arm des Fotografen etwa einen Drittel des Bilds einnimmt. Und selbst wenn du meinst, dass das nur Gugus ist, es ist schön zu sehen, dass Samsung weiter denkt als nur «hier Stift, fertig». In den Settings kannst du weitere Aktionen definieren. So macht das Spass. Dazu hilft der Pen extrem in der Bedienung und der Arbeit mit Text. Markieren und so geht extrem einfach.
Quelle: Dominik Bärlocher
Ich muss aber zugeben, dass ich den S Pen hauptsächlich dazu verwendet habe, Schweinchen zu zeichnen und diese an Kollegen zu schicken. Warum Schweinchen? Schau dir meine grossartige Zeichnung oben an und sag mir: Warum nicht?
Das Ding rutscht und sieht schlecht
Eine kleine Warnung: Das Note 9 ist schwer. Es wiegt 201 Gramm und ist damit schwer genug um abrutschen zu können, selbst wenn du es ruhig und scheinbar stabil auf eine leicht schräge Unterlage legst. Mir fällt das Phone selten runter, aber Stephanie ist so eine, die gerne mal «concussive testing» betreibt. Geplant und absichtlich, versteht sich. Damit das Phone während ihrem Test heil bleibt, haben wir dem Gerät eine Otterbox umgeschnallt.
Damit wird das Phone zwar noch schwerer, aber griffiger. Ich mag das Rutschige an Phones, Stephanie schätzt Grip. Wenn ich aber dauernd Phones fallen liesse, wie eine nicht näher genannt werden wollende Videoproduzentin, dann wäre ich durchaus für ein Case zu haben.
Kurztest der Otterbox: Passt. Das Phone wird zwar zum Ziegel, aber auch unzerstörbar. Du gewöhnst dich schnell ans Case und zum Brummer wie ein Cat S61 wird es trotzdem noch lange nicht. Zudem gibt es im Leben kaum eine Situation, die nicht mit Ottern verbessert werden kann.
Ferner schwächelt die Gesichtserkennung bei Brillenträgern. Offensichtlich kann Samsungs Gesichtserkennung Brillen mit dickeren Rändern nur schlecht abstrahieren. Wenn du eine Wireframe-Brille hast, dann geht das prima, aber bei Hornbrillen oder Hipster-Brillen wird es schwierig. Sonnenbrillen gehen gar nicht.
Der Blick über den Tellerrand: Warum gibt es die Note-Serie noch?
Nach dem Test stellt sich die Frage: Warum gibt es die Note-Serie eigentlich noch? Nach dem Debakel mit dem explodierenden Note 7 anno 2016 habe ich gedacht, dass Samsung sich hüten wird, noch ein Phone mit dem Namen Note auf den Markt zu bringen. Das Note 8 hat den Ruf der Serie dann gerettet. Erstaunlich.
Dann sind aber die Phones der S-Serie immer grösser geworden. Aktuell ist das S9+ 6.2 Zoll diagonal, das Note 9 6.4 Zoll. Das ist ein Unterschied in der Diagonale von 0.508 Zentimeter. Lohnt das noch? Der Ruf des «gigantischen Phones» oder des Phablets – wer auch immer diesen grässlichen Begriff eingeführt hat, soll auf einen Legostein stehen – hat die Note-Serie verloren. Daher mein radikaler Vorschlag: Weg mit dem Namen «Note» und die Plus-Reihe der S-Serie soll das werden, was das Note heute ist.
Das hat mehrere Gründe. Vor allem würde das Plus tatsächlich einen erheblichen Mehrwert bieten. Das normale S-ohne-Plus wäre dann ein solides Phone, ohne grossen Schnickschnack. AMOLED, Infinity Display, gute Kamera. Passt. Das Plus hingegen hätte den S-Pen, eine Killer-Kamera und einen Bildschirm, der dich dahinschmelzen lässt. Dann hast du die Wahl zwischen «klein und solid» und «gross und grossartig», natürlich mit entsprechendem Preisschild, das sich dann auch eher rechtfertigt.
Aktuell fehlt ohnehin der eine gute Grund, weshalb du dir ein S9+, oder ein Phone der S-Plus-Serie, kaufen musst. Denn wenn du generell mehr von einem Phone willst, dann ist die Note-Serie das Mindeste, was du willst. Die S-Plus-Geräte aber sind so «ein kleines Phone in gross», und nur mit einer Dual Cam gegenüber einer Single Cam hinten überzeugt mich das nicht zwingend zum Kauf. Vor allem nicht, wenn ich weiss, dass einige Monate später ein Gerät daherkommt, das wirklich mehr bietet, ordentlich Kraft und einen Hammerbildschirm verbaut hat. Kaufe ich dann ein Plus? Eher nicht. Ich warte auf das Note. Denn alleine der Name des S9 oder des S10 wird nur so lange mit Brand Recognition überleben können, bis Power User mehr verlangen. Oder bis der Gelegenheitsnutzer seine Ansprüche steigert. Ansprüche, die der Markt mit seinem Drang zur Neuentwicklung selbst weckt.
Denn wenn du dir im laufenden Jahr ein Samsung Phone kaufen willst, dann ist es das Note 9. Es gibt keinen Grund, das S9 zu kaufen, denn das Note 9 macht alles das, was die S-Serie macht, einfach besser.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.
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