Meinung

«Resident Evil»: Ein Spiel, das mich und eine ganze Generation geprägt hat

Philipp Rüegg
30.12.2021

«Resident Evil» hat Horrorspiele massentauglich gemacht. Dieses Jahr feiert der Kulthit seinen 25. Geburtstag. Selbst nach dieser langen Zeit weiss ich noch genau, wie meine erste Begegnung mit dem Spiel ablief.

Racoon Forest 1998. Dichter Nebel hängt über dem Wald. Von weitem ist eine Rauchsäule zu sehen. Unheimliche Musik untermalt die Szenerie. Die S.T.A.R.S-Spezialeinheit ist auf der Suche nach ihren verschollenen Kamerad:innen. Plötzlich wird es hektisch. Schnelle Schnitte zeigen blutige Reisszähne, zerfetzte Körper und angsterfüllte Gesichter. Ein zähnefletschendes Monster greift an. Es wird geschrien und geballert, was das Zeugs hält.

Bereits das Liveaction-Intro von «Resident Evil» fährt mir heftig ein. Heute wirkt es wie die B-Movie-Verarschung eines Primarschülers. 1996 bin ich jedoch ein 14-jähriger Hosenscheisser und «Resident Evil» verströmt den unwiderstehlichen Reiz des Verbotenen. Das Spiel ist ab 18 Jahren freigegeben und von allem, was ich auf dem Pausenplatz höre, ist es das gruseligste Game aller Zeiten.

Alles beginnt mit einer gemoddeten Playstation

Ich spiele damals primär am PC. Meine Favoriten heissen «Duke Nukem 3D», «Quake» oder «Super Mario 64» für den Nintendo 64. Das ändert sich, als mein älterer Bruder eines Tages mit einer modifizierten Playstation und unzähligen Spielen nach Hause kommt. Auf einer dieser selbstbeschrifteten CDs stehen die beiden viel bedeutenden Worte:

«Resident Evil».

Was genau mit dem Titel gemeint ist, wird mir auch mit dem gelben Langenscheidt-Wörterbuch nicht klar. Aber Evil bedeutet böse, im Spiel geht es um Zombies – mehr muss ich nicht verstehen. Ausserdem habe ich als jüngerer Bruder ohnehin nur Mitnutzrecht an der Playstation und muss mich hinten anstellen. Aber nach diesem dramatischen Intro ist mir das grad recht.

Das eigentliche Spiel beginnt, nachdem sich die Überbleibsel der S.T.A.R.S.-Spezialeinheit mit letzter Not in ein prunkvolles Anwesen retten können. Übrig geblieben sind gerade mal Albert Wesker, Chris Redfield und Jill Valentine. Die letzten beiden sind die spielbaren Charaktere. Als pubertierende Teenies ist klar, auf wen die Wahl im Hause Rüegg fällt.

Diese Fratze vergesse ich nie

«Resident Evil» ist voll solcher Schockmomente. Wenn ich vom Gang mit den Hunden rede, weiss jede:r Spieler:in, wovon ich rede: In einem Moment ist es ein normaler Gang, frei von jeglicher Bedrohung und eine sichere Verschnaufpause. Im nächsten springen zwei mutierte Hunde durchs Fenster und jagen mir den Schrecken meines Lebens ein.

Wer versteckt all diese Kurbeln und Edelsteine?

«Resident Evil» besteht aber längst nicht nur aus Action und Horror. Ungewöhnlich waren damals auch die vielen Rätsel, die es zu lösen gab. Eine unverschlossene Türe ist eine Seltenheit. Weil durchtrainierte Mitglieder der S.T.A.R.S.-Spezialeinheit gewöhnliche Holztüren selbst mit einem Granatwerfer nicht bezwingen können, ist Gehirnschmalz gefragt.

Schnell kommen wir nicht vorwärts in «Resident Evil». Dafür kennen wir das Anwesen durch das ständige Hin- und Herlaufen bald wie die Rückseite der Kellogg’s-Smacks-Schachtel von. Auch, weil nur in bestimmten Räumen gespeichert werden kann – in solchen mit einer Schreibmaschine.

Die kleinen Details bleiben

Dann ist da natürlich noch die Geschichte. Je mehr wir vom Anwesen erkunden, desto schrecklichere Wahrheiten eröffnen sich uns. Da gibt es Katakomben, mit Krokodilen und Riesenspinnen, und Labors mit weiteren gruseligen Experimenten. Ich muss zugeben: So richtig verstehen tue ich die Story nicht. Aber es gibt den T-Virus, Wesker ist ein Verräter und die Umbrella Corporation sowieso des Teufels.

«Itchy itchy Scott came. Ugly face so killed him. Tasty.

Itchy.
Tasty.»

Während mein Bruder und ich das Gelesene verdauen, springt plötzlich ein Zombie aus dem Schrank. Eine Fleischwunde und ein halbes Magazin später liegt das Monster am Boden. Es trägt einen weissen Laborkittel.

Eine Erinnerung fürs Leben

Der Zyklus beginnt von vorne.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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