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«Pokémon Legends: Arceus»: So spielen sich die ersten Stunden

Luca Fontana
31.1.2022

Fast wäre «Pokémon Legends: Arceus» das Rollenspiel geworden, auf welches Fans seit Jahren hoffen. So zumindest mein Eindruck nach zehn Spielstunden.

Nintendo will mit «Pokémon Legends: Arceus» tatsächlich neue Wege gehen. Fast zehn Stunden Spielzeit habe ich mittlerweile auf dem Buckel – und noch immer keine Lust, aufzuhören. Gutes Zeichen. Kriegen wir Fans also endlich das Rollenspiel, auf das wir seit Jahren hoffen?

Nicht ganz. Dafür wird viel zu viel Potenzial verschenkt.

Endlich eine neue Story

Eine Zeitreise! Das gab’s in Pokémon noch nie. Sie sorgt aber für ein spannendes neues Setting. Wir erinnern uns: Die Story in den früheren Spielen war im Grunde immer dieselbe, einfach mal in blau, silbrig, blattgrün, rubinrot… du verstehst den Witz. Stets zogen wir in die Welt hinaus, um Pokémon zu fangen, Verbrecher-Syndikate den Garaus zu machen, unseren Rivalen zu überflügeln und beim grossen Turnier die oder der Beste zu werden.

Nicht, dass du jetzt eine oscarreife Story à la «The Last of Us» erwartest. Nintendo-typisch wird sie viel zu kindgerecht erzählt. Das geht von unterirdisch infantilen Dialogen bis hin zu Erklärungen wie «mit X wechselst du dein Pokémon, das nennt sich X-Wechsel». Grossartig. Trotzdem fühlt sich «Arceus» von Beginn weg frisch an. Ausser, was die Spielwelt betrifft. Oder wie Kollege Phil es sagen würde: der Donphan im Raum.

Die Grafik: Auweia!

Zugegeben, die Welt ist endlich komplett offen und frei begehbar. Keine Schlauchlevels mehr. Keine Top-Down-Perspektive. Die Kamera lässt sich um den Charakter herum rotieren. Selbst während den Kämpfen kann ich mich frei bewegen. Ein Traum, der seit ich mein erstes Pokémon-Spiel gezockt habe «nur» 25 Jahre lang gedeihen musste. Aber: Grafisch wird die Welt von Hisui keinen Schönheitspreis gewinnen. Damit meine ich es noch gut.

Nicht, dass ich das von einem Nintendo-Switch-Spiel erwartet hätte. Dennoch: Muss die Welt so kahl, eintönig und einfallslos sein? Dazu kommen ultraverwaschene Texturen, billige Lichteffekte und kaum Kantenglättung. Hisui wirkt, als ob die Entwickler seit einer unfertigen Alpha-Version keinen Finger mehr gerührt hätten. Was hat sich Nintendo dabei gedacht? Da sahen gar die Vorgänger «Schwert» und «Schild» schöner aus, selbst in ihren Schlauchlevel-Passagen.

Unerschütterlich loyale Fans könnten mir zu viel Strenge vorwerfen. Es gibt sie ja, die unterschiedlichen Terrarien: saftig-grüne Wiesen, malerische Strände und verschneite Gebirge, zum Beispiel. Nur werden die hier benutzten Adjektive dem, was tatsächlich zu sehen ist, nicht gerecht. Alles wirkt viel abgespeckter. Besser wäre: «Es gibt Wiesen, Strände und Gebirge.»

Punkt.

Ein Hauch von Rollenspiel

Es hat mich ein, zwei Stunden gekostet, den grafischen Kulturschock zu verdauen. Dann wurde ich aber mit neuen Kampf- und Fangsystemen belohnt, die aus «Arceus» tatsächlich eine überaus spassige Light-Version eines Rollenspiels machen.

Alternativ könnte ich mich direkt in den Kampf stürzen, um das Pokémon zu schwächen, bevor ich es zu fangen versuche. Apropos: Statt dass Tempo wie früher bloss darüber entscheidet, welches Pokémon im rundenbasierten Kampfsystem zuerst angreifen darf, kann Tempo jetzt auch beeinflussen, ob das Pokémon sogar zwei- oder mehrmals hintereinander angreifen darf.

Brillanter Spielzug, Luca.

Das Streifen durch die Welt macht also viel Laune. Auch, weil das Erforschen der Pokémon erfordert, sie mal einzufangen, mal zu bekämpfen, mal zu füttern, mal zu entwickeln. Was genau zu tun ist, lässt sich immer im Pokédex-Prototyp nachlesen oder beim Beobachten des Pokémons bequem einblenden. So kommt Abwechslung in die Chose.

Nur: Abgesehen von «Fangen» und «Forschen» gibt es nicht viel mehr zu tun. Da hätte Nintendo für etwas mehr Abwechslung sorgen müssen. Auf lange Zeit wird das Spiel zu eintönig.

Fazit: Es macht Spass, aber…

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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