Pias Picks: Alltagsdinge, die auch Skulpturen sind
7.7.2021
Mir gefallen viele Dinge, aber in meiner Wohnung ist nur wenig Platz. So landen einige Produkte erst einmal auf der Merkliste – und hier, weil sie dir vielleicht auch zusagen. Dieses Mal ist es «Kunst» zum Anfassen.
Wenn du Kunst schätzt oder selber machst, hast du beim Titel vielleicht die Augen verdreht. Mir ist klar, dass Kunst nicht zum Kaffeezubereiten oder Händewaschen gebraucht wird. Und doch sagte Künstler Allan Kaprow einst: «Alles ist Kunst, Kunst ist alles.» Was zählt: Sie beflügelt die Sinne auf andere Art und Weise. Ausserdem stehe ich oft im Museum und verdrehe ebenfalls die Augen, weil ich mir denke, «das ist Kunst»? Die Grenzen sind in vielen Fällen fliessend.
Wäre ich statt im Galaxus-Sortiment im Museum auf die Keramikkugel «La Boule» von Villeroy & Boch gestossen, hätte ich sie ohne Zweifel für eine Skulptur gehalten. Eine aus der Reihe «Solid Voids» der Künstlerin Birgitte Due Madsen, die mit geometrischen Formen spielt. Ihre Werke haben, ähnlich wie diese Kugel, eine samtig polierte Oberfläche. Aber dahinter steckt mehr: Boule ist ein siebenteiliges Geschirrset. Auseinander genommen besteht es aus je zwei Schüsseln, flachen Schalen und Universaltellern sowie einem Servierteller. Die Funktion wird durch die Stapeltechnik getarnt.
Bei der Espressokanne «Pulcina» sind Stufen eingearbeitet. Das macht es mir schwer, die Grenze zwischen Alltags- oder Kunstobjekt zu ziehen. Die Kanne erinnert mich an eine Broschüre vom Verlag Athena Tacha voller nicht-funktionaler Treppenskulpturen. Ich mag es, wenn Dinge so mit meiner Wahrnehmung spielen. Dass ich die kunstvolle Kanne dank ihrer Optik einfach so stehen lassen kann, ist ein klarer Pluspunkt. So wird der Herd zum Podest und die Küche zur Galerie.
Der Kreisel «Arca» von Chicura versteckt seinen Zweck genauso geschickt. Obwohl er mich an die seltsamen Keramikfiguren des Künstlers Kiho Kang erinnert, ist hier nicht nur der Stab krumm. Die aufgereihten Ringe am Stäbchen lüften das Geheimnis: Nimmst du den goldenen Deckel ab, kommt ein kleines Geheimfach zum Vorschein.
Dass der Messinghaken «Curvature» von Ferm Living handgemacht ist, verleiht ihm einen skulpturalen Charakter. Doch spätestens, wenn an ihm eine WC-Rolle hängt, fliegt er auf. Er ist vielleicht kein Schmuckstück aus der Vergangenheit. Aber mir gefällt, dass seine organische Form endlich mal anders als die meisten Chromstahl-Armaturen daher kommt. Das kann auch dein Bad zur Galerie machen.
Weil «Liba» von Ferm Living aus Kunststoff statt aus Ton ist, kann es kein antiker Tonwasserkrug sein. Trotzdem suggerieren Ästhetik und Unebenheiten genau das. Auch hier legt mich der Handmade-Look rein.
Der tropfenförmige «Blob» von Eva Solo ist ein hübsches Ding. Wenn da nicht die kleine Öffnung wäre, hätte ich es für eine Skulptur gehalten. Es handelt sich jedoch um einen Seifenspender: Blob kann mit Seife oder Spülmittel befüllt werden. Ein echter Hingucker für jedes Küchen- oder Badezimmerbecken.
Je stilvoller und dekorativer ein Gegenstand ist, desto schneller sehe ich auch seine skulpturale Qualität. Vor allem, wenn er aus dem Kontext gerissen wird. Und das ist auch gut so. Lieber lasse ich mich von Designobjekten an der Nase herumführen als mich von ihnen langweilen. Ich halte es dann mit Kaprows Zitat «Alles ist Kunst» und erfreue mich einfach daran.
«Pias Picks» gibt’s regelmässig. Ich zeige dir dann wieder ausgewählte Objekte von der Merkliste, mit denen du dein Zuhause stilvoll gestalten kannst. Folge mir als Autorin, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Pia Seidel
Senior Editor
Pia.Seidel@digitecgalaxus.chWie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.
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