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Neue Studie: KIs diskriminieren Menschen
von Debora Pape
Manche Songs lassen innere Bilder von menschlicher Verbundenheit entstehen, selbst wenn man den Liedtext nicht versteht. Da viele Menschen so auf derartige Musik reagieren, lässt sie sich vielleicht therapeutisch gegen das Gefühl von Einsamkeit nutzen.
Wer für Musik empfänglich ist, kennt ihre starke Wirkung auf die eigene Gefühlslage. Bei vielen Menschen lösen die Klänge aber zusätzlich auch noch ein regelrechtes Kopfkino aus. Bestimmte Musik katalysiert dabei offenbar innere Bilder von glücklichem Miteinander, wie eine raffinierte Studie mit mehr als 600 Teilnehmenden zeigt. Gesang und Worte brauchte es dazu nicht unbedingt. Laut dem Studienleiter Steffen Herff von der University of Sydney könnte entsprechende Musik daher vielleicht unterstützend beim Imaginieren in der Psychotherapie eingesetzt werden.
Über Jahre hatte das Team immer wieder Probanden gebeten, ihre Augen zu schliessen und sich eineinhalb Minuten lang bildlich vorzustellen, wie sie etwa durch eine Berglandschaft wanderten. Zuvor sahen alle Teilnehmer ein tonloses 15-sekündiges Video, in dem sich eine einfache Figur einen abstrahierten Hügel hochbewegte. Während der eigenen Imagination hörten sie dann entweder Volksmusik in italienischer, spanischer oder schwedischer Sprache (Beispiele: Nannì, Fager som en ros), oder sie mussten ohne akustischen Input fantasieren.
Im Anschluss beschrieben die Versuchspersonen genau, was sie sich vorgestellt hatten. Per computergestützter Sprachauswertung identifizierte das Team die Inhalte und stellte fest, dass die Musik oft zu positiven Bildern von Gemeinschaft inspiriert hatte. Manche hatten sich etwa vorgestellt, wie sie fröhlich zusammen mit anderen oder mit der Familie durch die Landschaft wanderten. In der musikfreien Kontrollgruppe war man dagegen gedanklich eher allein unterwegs. Übrigens kamen Bilder von fröhlichem Miteinander auch dann auf, wenn die Probanden die Sprache gar nicht verstanden oder wenn die Musik ohne Liedtext abgespielt wurde.
Zusätzlich nutzte das Team Künstliche Intelligenz, um aus den wortreichen Schilderungen Illustrationen zu generieren. Diese unterschieden sich in den beiden Gruppen auffällig: Die inneren Bilder der Musikhörenden waren beispielsweise wesentlich detailreicher und lebendiger. Mehr als 4000 Fantasiereisen haben die Forscher derart ausgewertet. In einem zweiten Experiment schauten sich 60 weitere Teilnehmer die lllustrationen an: Sie sollten nun entscheiden, ob der Urheber der Bildfantasie während der Imagination Musik gehört hatte oder nicht. In stiller Umgebung scheiterten sie daran allerdings kläglich. Hörten die Probanden dagegen dieselbe Musik, gelang ihnen das schon besser. «Menschen können sich vorstellen, was sich andere vielleicht vorgestellt haben, während sie eine Musik gehört haben», sagt Kognitionsforscher Herff. «Das fasziniert mich.»
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