

Mit einem Sommerbuch auf dem Badetuch – Was macht gute Sommerlektüre aus?

Die Ferien stehen an. Ein Buch muss mit. Oder vielleicht zwei? Da ich mich bei der Entscheidung immer schwer tue und dann oft keine meiner mitgebrachten Bücher lese, nehme ich die Sommerlektüre, ein ganz eigenes Genre, unter die Lupe.
Jeden Juli die gleiche Frage: Welche Bücher nehme ich mit in die Ferien? Ein Buch reicht schliesslich nicht für fünf Tage Strand. Meint zumindest mein Kopf. Nach langem Überlegen entscheide ich mich für zwei bis drei Titel, die es dann doch nicht aus dem Koffer schaffen. Unterwegs Reiselektüre kaufen macht halt eben doch mehr Spass. Bei Hotelferien geht das ja noch. Ich habe aber mehr als einmal eineinhalb Kilo Literatur in meinem Rucksack mitgeschleppt, ohne auch nur eine einzige Zeile zu lesen.
Dieses Jahr habe ich es immerhin fertiggebracht, mir elektronische Hilfe zu holen. Es werden meine ersten Ferien mit eReader, wobei mir schon jetzt vor Kaffee-Flecken graut. Frühstück am Strand und Schusseligkeit passen nicht gut zusammen. Auf einem Taschenbuch mag ein solcher Fleck ja charmant wirken, einem eReader bekommt er wahrscheinlich weniger gut. Also vielleicht doch zur Sicherheit ein Buch einpacken.
Diesmal will ich aber nicht wieder mit zwei ungelesenen Büchern im Gepäck aus den Ferien zurückkommen. Deshalb habe ich mich der Frage gewidmet, was spannende Sommerlektüre ausmacht. Muss ein Buch Sonne im Titel haben? Ein Strandbild auf dem Einband? Oder geht es vielmehr darum, endlich genug Musse zum Lesen zu haben? Finden wir es heraus.
Ferne Länder – Reisen mit und in Büchern
Romane übers Reisen. Sie machen Lust, aufzubrechen und neue Welten zu entdecken. Dafür fehlt aber oft Zeit und Geld. Darum mag ich es, mich in fremde Welten entführen zu lassen, ohne meinen Balkon verlassen zu müssen. Was eignet sich dafür besser, als die Erzählungen des Weltenbummlers Roger Willemsen? In «Die Enden der Welt» nimmt er uns mit von Afghanistan nach Kamtschatka, über Borneo nach Senegal und am Schluss sogar bis an den Nordpol.
Ähnlich weit kommt nur Phileas Fogg, der Held in Jules Vernes Abenteuergeschichte «In 80 Tagen um die Welt». Fogg wettet, es in nur 80 Tagen einmal um die ganze Welt zu schaffen. Ein waghalsiges Unternehmen, bei dem ihm sein Freund Jean Passepartout zur Seite steht. Nebst den Reisen, die Phileas und Roger unterwegs erleben, haben beide Geschichten noch eine weitere, wichtige Gemeinsamkeit: Sie haben beide mehr als 300 Seiten.

In 80 Tagen um die Welt
Deutsch, Sabine Hübner, Jules Verne, Léon Benett, Alphonse de Neuville, 2007
Denn was gibt es schlimmeres, als ein fertig gelesenes Buch, wenn man es sich gerade im Liegestuhl bequem gemacht hat. Ferienlektüre soll also nicht nur zum Reisen animieren. Sie soll vor allem eines haben: Umfang.
Zeit für Seiten – Je mehr, desto besser
Dicke Wälzer, am besten noch mit Fortsetzung, und mein Sommer ist gerettet. Egal ob es regnerische 15 Grad sind oder ich mich bei 30 Grad im Schatten verstecke. Geschichten, die sich über viele Seiten erstrecken und einem doch nicht langweilig werden: In diese Kategorie fällt Patricia Highsmiths «Der talentierte Mr. Ripley». Dieser reist nach Italien und bekommt Geschmack am sorglosen Leben, das sein reicher Schulfreund Dickie Greenleaf dort führt. Dickie ist nicht der Einzige, der Ripley und seinen Wunsch nach einem anderen Leben unterschätzt...
Den Wunsch nach Neuem kennt auch die Protagonistin Ella in Elif Shafaks Geschichte «Die vierzig Geheimnisse der Liebe». In den Gedichten des Mystikers Rumi findet Ella, was ihr im Alltag fehlt. Sie macht sich auf eine Reise, bei der sie nicht nur sich selbst ganz neu kennenlernt. Rumis Poesie ist dabei wunderbar mit Shafaks Text verbunden und führt uns über das 13. Jahrhundert ins heutige Amerika. Ein Buch, in das man so richtig schön versinken kann. Auftauchen muss man nur, um das Badetuch in den Schatten zu rücken oder sich ein kühles Getränk zu holen.
Fantastisch, sogar wenn es regnet
Wenn das Wetter dann doch nicht mitspielt und der Strandurlaub in den Regen fällt, hilft nur noch eines: weg aus der Realität und rein ins nächste Fantasy-Abenteuer. Mein Tipp für Fantastisches: Ben Aaronovitchs Geschichten rund um Peter Grant. Grant ist ein aufstrebender Polizist bei der Londoner Polizei. Und natürlich ist er auch ein Zauberer. Die Bücher spielen im modernen England, das bevölkert wird von allen möglichen Fabelwesen und magischen Kleinkriminellen. Was die Reihe einzigartig macht, ist Aaronovitchs herrlich trockener Humor und die Mannigfaltigkeit seiner Figuren. Bereits sechs Abenteuer hat Peter Grant schon bestanden und eine Ende ist nicht abzusehen.
Jetzt aber mal langsam
Im Sommer kann man sich Zeit lassen. Bei 27 Grad im Schatten darf auch einmal alles etwas langsamer gehen. Ferien heisst schliesslich auch, nicht von einer Verpflichtung zu nächsten hetzen zu müssen.
Mit dieser Haltung geht auch John Franklin durchs Leben. Sten Nadolnys Roman über den Seefahrer Franklin erzählt eine Geschichte der Langsamkeit. Gleichzeitig verschafft sie uns einen Einblick in das Leben auf hoher See. Bedächtig navigiert der Nordpolentdeckter seinen Weg durch die Herausforderungen des Lebens.
Ein weiterer Titel, der die Langsamkeit feiert, ist «Das Geräusch einer Schnecke beim Essen». Zugegeben, viel ist es nicht, dass in dieser Geschichte geschieht. Aber was geschieht, wird ein einer wunderbaren Sprache erzählt. Elisabeth Tova Baileys Buch ist ein wahres Lesevergnügen, perfekt für müssige Sonnenstunden.
Was macht sie denn nun aus, die perfekte Sommerlektüre? Sind es Erzählungen, die uns mit auf Reisen nehmen? Oder Abenteuer in fernen Welten? Sind es Titel, so spannend, dass wir sie kaum aus den Händen legen können? Vielleicht ist es eine Mischung aus alledem, vielleicht ist es aber auch das Gefühl, einen ganzen Sommer voller Bücher vor uns zu haben. Das Schönste an ihnen ist, dass wir uns Zeit für sie nehmen und sie geniessen können. Ob am Strand oder auf dem Balkon.
Das könnte dich auch interessieren


Als Autorin und leidenschaftliche Leserin gehört ein Grossteil meiner Zeit der Welt der Wörter. Ich bin gerne auf Reisen und entdecke die Welt, immer mit einem Buch im Gepäck. Sprachen aller Art begeistern mich, fast so sehr wie die Aussicht auf den nächsten Kaffee.