
Kultur: Musik ist universell – ausser es geht um Liebe

Auf der ganzen Welt haben Menschen dieselben Definitionen davon, was ein Tanz- oder etwa ein Wiegenlied ausmacht. Doch Lovesongs scheinen sich in dem Punkt von anderen Musikarten zu unterscheiden.
Musik ist jeder menschlichen Kultur zu eigen und tritt in vielen Facetten auf: als Begleitung von zeremoniellen Gruppentänzen bis hin zu Wiegenliedern. Trotz der grossen Vielfalt gibt es weltweit auffällige Ähnlichkeiten. So singen alle Menschen ruhige und melodische Lieder, um Babys zu beruhigen, bewegen sich zu lauter und rhythmischer Tanzmusik. Das lässt vermuten, dass grundlegende musikalische Eigenschaften unabhängig von Sprache oder Kultur verstanden werden. Viele vorherige Studien zu dem Thema waren auf englischsprachige Personen aus der westlichen Welt beschränkt, also nicht repräsentativ für die Menschheit. Diese Lücke hat nun ein Team um Lidya Yurdum von der Yale University in New Haven geschlossen. Ihre Ergebnisse erschienen in dem Fachjournal «PNAS».
Mehr als 5000 Freiwillige aus 49 Ländern nahmen an der Studie teil. Der Grossteil von ihnen stammte aus Industriegesellschaften, 116 Personen jedoch aus eher isolierten Gemeinschaften mit begrenztem Zugang zu globalen Medien. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten zufällig ausgewählte Lieder aus einer repräsentativen Auswahl. Sie sollten die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass es sich bei der jeweiligen Probe um einen von vier Musiktypen handelt: Tanzmusik, Wiegenlieder, Heilmusik oder Liebeslieder.
Unabhängig von der Sprache erkannten Menschen aus allen Kulturen Tanzmusik und Schlaflieder am zuverlässigsten – in geringerem Mass auch solche Musik, die zum «Heilen» komponiert wurde. Eine grössere sprachliche oder geografische Nähe zwischen Zuhörenden und Interpreten erhöhte die Trefferquote nur geringfügig. Der weltweit musikalischen Vielfalt liegen laut den Autoren also universelle psychologische Phänomene zu Grunde.
Hingegen gelang es nur 12 von 28 Sprachgruppen, Liebeslieder zu erkennen. Das könnte auf die grosse emotionale Bandbreite und den Einfluss sprachlicher und kultureller Merkmale zurückzuführen sein. «Es handelt sich hierbei um eine besonders unscharfe Kategorie. Zu ihr gehören Lieder, die Glück und Anziehung, aber auch Traurigkeit und Eifersucht ausdrücken», so Yurdum.
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Originalartikel auf Spektrum.deTitelbild: Shutterstock / Dean Drobot


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