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«In der Stadt gibts viele, die kennen nicht mal den Unterschied zwischen Heu und Gras»

Kann man sich in der Stadt autark ernähren? Zwei ZHdK-Studentinnen haben das Experiment gewagt und schildern ihre Erfahrungen mit Hühnerhaltung, Pflanzenpflücken und Kaffee-Anbau.

Woher kam die Idee?

Franca: Wir hatten beide die gleiche Erwartung an unsere Bachelorarbeit. Wir wollten etwas sinnstiftendes tun, wo man auch einen Prozess und nicht nur ein Produkt sieht – etwas Nachhaltiges.

Wart ihr vorher schon sensibel bezüglich Ernährungsthemen?

Seraina: Ich bin schon ein bisschen ein Ernährungshippie. Nicht so selbstversorgerisch, aber es ist mir wichtig, Nachhaltig zu leben. Bei Kosmetik und dergleichen achte ich bereits sehr drauf.

Seraina (l.) und Franca zerstampfen Kohl.

Seid ihr beide Vegetarierinnen?

S.: (nickt)
F.: Ich nicht. Aber Nachhaltigkeit ist mir wichtig. Auch bei der Elektrizität, nicht nur bei Lebensmitteln.

Glaubt ihr, eurer Generation ist dieses Thema besonders wichtig?

S: Ich glaube, das ist bei jeder Generation ein Thema, aber es nutzt sich ab. Anfangs ist man voll dabei, aber dann hört man wieder auf. In unserem Alter gibt man sich noch sehr viel Mühe, ein paar Jahre später hat man diese Phase dann hinter sich.

Was war der Zweck eurer Arbeit?

F: Ein Bewusstsein zu schaffen und aufzuzeigen, dass man nicht aufs Land ziehen muss, sondern dass man auch in der Stadt so leben kann. In der Stadt ist erstaunlich viel möglich.

S: Es war wichtig, dass nicht nur wir Experimente machen, sondern dass auch andere angeregt werden: «Hey, das könnte ich auch mal versuchen.»

Wie praktikabel sollte das Ganze sein?

S: Wir haben immer mit einem Extremfall gestartet. Wir dachten dann: Es ist unmöglich, Fischen zu gehen. Es ist unmöglich, Hühner zu haben. Aber man merkt schnell, dass vieles gar nicht so schwierig ist.

Was war das Speziellste, das ihr probiert habt?

Im Endeffekt ging es euch aber darum zu schauen, was alles in der Stadt möglich ist. Wo gab es auch klare Grenzen?

S: Alles mit Tieren. Tierhaltung würden wir nicht empfehlen. Es kommt natürlich darauf an, wo man lebt. Wenn man einen grossen Garten hat, kann man problemlos Hühner halten. Aber der Aufwand vervielfacht sich enorm. Milch kann man vergessen. Fleisch fällt auch fast weg. Man kann zwar Fischen gehen, aber sonst ist Tierhaltung praktisch unmöglich.

Wie weit kann man sich denn in der Stadt autark ernähren?

S: Vegan geht. Es wird jedoch fast zu einem Vollzeitjob, Selbstversorger zu sein. Ich würde es eher als Ergänzung empfehlen, damit man sein Essen wieder mehr schätzt.

Was geht gar nicht?

F: Am wenigsten machbar ist Kaffee. Theoretisch ist er anpflanzbar. Aber nur schon bis man genug hat, braucht es Jahre. Es war dennoch schön zum sehen, dass es geht. In Bern macht das jemand in einem Tropenhaus. Der Kaffee ist aber glaube ich nicht der beste (lacht).

S: Wir sind auch an unsere eigenen Grenzen gestossen. Fisch töten, das ging noch. Aber ein Huhn schlachten, das ging uns zu weit. Es wäre pervers gewesen, nur für unsere Bachelorarbeit ein Huhn zu töten.

Der schlimmste Moment war, als ich eines Morgens aufgewacht bin, es war irgendwann im März und der Schnee hatte das Hühnergehege eingedrückt. Die Hühner waren wie wild am Gackern. Also ging ich Barfuss in die Kälte, habe den Schnee weggeschaufelt und den Zaun wieder aufgerichtet. Die Hühner sind dann aber nur ganz kurz aus dem Stall gekommen, haben sich den Schnee angesehen und sind gleich wieder im warmen Stall verschwunden (lacht).

Was ist euch vom Projekt geblieben?

F: Ich hab immer noch ein Gärtchen und mache das auch weiter.

S: Ja, das wird mir ebenfalls bleiben. Ich hätte extrem gerne Hühner, aber es ist als hätte man ein Kind – ein sehr unkompliziertes Kind, aber dennoch. Der Respekt vor dem Essen ist geblieben. Ich schätze es jetzt viel mehr, wenn ich beispielsweise etwas mit Ei esse. Ich versuche auch viel weniger Tierprodukte zu essen. Der Produktionsaufwand ist einfach riesig.

F: Foodwaste ist auch immer noch krass. Das kennt man zwar bereits, aber es ist einfach pervers, was alles weggeschmissen wird. Das muss man sich auch in der Stadt bewusst sein oder mit den eigenen Augen sehen.

Welche Tipps gebt ihr Menschen, die etwas für die Umwelt tun wollen?

S: Lebensmittelverschwendung. Jeder macht es. Wir auch. Man muss es sich einfach immer wieder ins Bewusstsein rufen.

F: Da kann jeder etwas tun. Auch mit den Plastiksäcken. Dann packt man die Sachen einfach in einen Rucksack. Und wenn das jeder regelmässig macht, Hilft das bereits ein bisschen.

S: Ein einfaches Experiment ist auch Wildpflanzen pflücken. Das dauert nicht lange, ist kein Aufwand und macht extrem viel Spass und man sieht die Stadt anschliessend aus einem völlig neuen Blickwinkel.

Hier gehts zu den Trailern der ZHdK-Abschlussarbeiten

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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