Ich suchte das ideale Fitness-Instrument und entschied mich für... das Rudergerät
Hintergrund

Ich suchte das ideale Fitness-Instrument und entschied mich für... das Rudergerät

Irgendeinmal passiert es jedem. Oft nach Neujahr oder nach sonstigen Ferien, in denen man ausgiebig geschlemmt hat. Man denkt sich: Ich sollte mehr Sport treiben. Das ist zwar ein bisschen so, als würde man sich selbst in die Weichteile schlagen, und dennoch wissen wir, dass es richtig ist, dass es nötig ist.

Bei mir ist das ungefähr alle sechs Monate der Fall. Ich überlege mir, wie ich diesem Diktat meiner Vernunft nachkommen kann und gehe nach dem Ausschlussverfahren vor: Noch einem Sportverein beitreten, wobei ich schon den einen höchstens einmal wöchentlich besuche? Liegt zeitlich nicht drin. Fitnesscenter? Zu teuer. Velofahren? Zu wetterabhängig. Es geht ja meist auch um die tristen und trägen Monate. Ich entscheide: Nein, ich will Sport zu Hause treiben können. Na, da haben wir das Spektrum der Möglichkeiten doch schon mal recht eingeschränkt. Zuhause heisst in meinem Fall: Altbauwohnung, zweiter Stock. Ergo: kein Seilhüpfen (finde ich sonst super), kein Crossfit (schliesst häufiges Hüpfen ein), kein Schwimmen (kein Kommentar).

Anspruchsvoll wie ich bin, möchte ich das effizienteste Fitnessgerät haben, das möglichst viele Körperregionen trainiert. Dank einer kurzen Web-Recherche habe ich die Auswahl schnell auf zwei Kategorien reduziert: Crosstrainer oder Rudergerät. Beide sind sie gelenkschonend, beziehen Ober- und Unterkörper mit ein, sind bereits in kleinen Dosen effektiv. Ich schaue mir verschiedene Vertreter der jeweiligen Kategorie an, so glaube ich, am Ende entscheiden zu können, was für mich geeigneter ist. Etwas Lottriges kommt mir nicht ins Haus, das bedeutet schon mal, dass ich unter 1000 Franken kaum wegkomme. Aber Qualität hat nun mal ihren Preis. Zu viel Platz sollte das Teil natürlich auch nicht beanspruchen, nicht allzu viel Lärm machen, nicht total bescheuert aussehen. Es läuft auf eine Stichwahl zwischen zwei jeweiligen Vertretern hinaus. Im Rennen: Der Bowflex Max Trainer M3 und die Concept 2 Modell D.

Ich schaue mir einige Youtube-Videos an und finde so die Vorzüge des Bowflex heraus: relativ platzsparend, kurzes, aber intensives Workout von 15 Minuten möglich, aber auch schon ab 3 Minuten schweisstreibend. Und: Man kann dazu fernsehen. In den Videos bedienen vorwiegend gutaussehende Menschen das Gerät und es gibt zahlreiche Erlebnisberichte, in denen Leute berichten, wie sie mit dem Bowflex abgenommen haben. Nachteile: Der Bowflex ist mehr Stepper als Crosstrainer und es braucht bereits eine gewisse Grundfitness, um überhaupt mehr als 5 Minuten Training damit durchzustehen.

Im Vergleich das Rudergerät: Es vermittle ein realistisches Rudergefühl, heisst es. Das werde ich nicht beurteilen können – ich bin noch nie gerudert. Es ist robust, ja geradezu unkaputtbar, kann in zwei Teile zerlegt werden. Und: Man kann dazu fernsehen. Auch hierzu gibt es Videos, zwar mit nicht ganz so hübschen, aber doch sportlichen Personen, die demonstrieren, wie sanft der Bewegungsablauf auf dem Concept 2 aussehen kann.

Nachteile: Es nimmt zusammengesetzt einigen Platz in Anspruch, die optimale Ruder-Bewegung muss eingeübt werden. Falsch ausgeführt kann die Bewegung Schmerzen verursachen. Der Rotor, den man mit der Zugbewegung antreibt, verursacht beträchtlichen Lärm.

Bowflex M3

Masse: 117cm x 63,5cm x 160cm
faltbar: Nein
Gewicht: 75,48 kg
Preis: ca. 1800.–
Widerstandslevel: 8
Zubehör: Brustgurt, Display

Concept 2 Modell 5

Masse: 240cm x 61cm x 90cm
faltbar: Ja
Gewicht: 26 kg
Preis: ca. 1000.-
Widerstandslevel: 10
Zubehör: Display

Keine Ahnung, ob ich es irgendwo gelesen habe oder es schlicht so logisch ist, dass es mir im Gedächtnis blieb, jedenfalls weiss ich, dass man ein solches Gerät ausprobieren sollte, bevor man es sich anschafft. Da ich schon mal die Möglichkeit hatte, auf einem Concept 2 zu sitzen und das als sehr angenehm und doch anstrengend empfand, entscheide ich mich für das Rudergerät. Der Bewegungsablauf ist geschmeidig, Oberkörper und Rumpf werden gefordert. Mehr als beim Bowflex, bilde ich mir ein. Ausserdem kann man das Rudergerät zusammenklappen und irgendwo verstauen, wo man es nicht tagtäglich sieht, denn mal ehrlich: Wahnsinnig schön anzuschauen sind Fitnessgeräte ja nie. Weiterer Grund: Ich denke nicht, dass anstrengendes Treppenlaufen mich auf Dauer fasziniert hätte.

Seit rund einem Jahr bin ich darum stolzer Besitzer eines brandneuen Concept 2 Modell D.

Wer ein Haus oder eine genügend grosse Wohnung hat, kann sein Rudergerät zusammengesetzt stehen lassen. Das erhöht sicherlich die Wahrscheinlichkeit, darauf zu trainieren. Zusammengesetzt ist das gute Stück jedoch 2 Meter 40 lang, 61 Zentimeter breit und deren 90 hoch. In meiner Wohnung ist das ein Hindernis. Selbst demontiert ((L) 84 cm × (B) 64 cm × (H) 135 cm) will das Teil irgendwo verstaut sein. Für mich bedeutet das: Habe ich vor, mich ruderisch zu betätigen, trage ich die Teile vom Kinderzimmer, wo sie lagern, ins Schlafzimmer, wo ich sie zusammensetze und darauf trainiere. Das ist schon mal eine ziemliche Hürde.

Was man schnell vergisst: Auch Schuhe gehören dazu. Darum Birkenstocks weg und Turnschuhe an, dann kann es losgehen. Ach ja, Netflix lauter stellen, sonst übertönt das Rauschen des Rotors alles. Anfangs erfordert es einige Konzentration, die Ruderbewegung richtig einzustudieren. Wer jedoch zu stark auf seine Haltung achtet, kommt nie richtig in den Ruderflow. Dieses Paradox gilt es irgendwie zu lösen.

Wer richtig trainieren will, benutzt wohl den Monitor, der anzeigt, wie viele Züge pro Minute man draufhat und wie weit man damit gerudert wäre. Andererseits ist es arg langweilig, eine halbe Stunde auf diesen kleinen Bildschirm zu starren. Und beim Netflixen kommt er eh nur in den Weg. Ich orientiere mich darum an einer rund halbstündigen Serie, ziehe so, wies grad kommt und höre auf, wenn die Beine säuern oder das Steissbein schmerzt.

Bin ich seitdem fitter geworden? Ich befürchte nicht. Vielleicht stelle ich das Rudergerät einmal im Monat auf – das ist aber schon das höchste der Gefühle. Aber wenn, dann tut es gut. Meine Schultern sind danach manchmal etwas verspannt und nach einer halben Stunde Training sind die Beine ziemlich wackelig. Aber dafür habe ich ein trockenes Ruderboot im Schlafzimmer.

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Coach und freier Journalist, Patchwork-Papa, Sport-Amateur, Natur-Freund, Bindestrich-Fan.


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