Getarnte QR-Codes gegen Kinderfotos im Netz: Warum auf Spielplätzen spezielle Sticker kleben
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Getarnte QR-Codes gegen Kinderfotos im Netz: Warum auf Spielplätzen spezielle Sticker kleben

Katja Fischer
25.11.2021

Rasch geknipst, ruckzuck geteilt und für immer die Kontrolle darüber verloren. Eine neue Kampagne auf Spielplätzen konfrontiert Eltern mit dem Problem von Kinderbildern im Netz.

Du wolltest gerade dein lachendes Kind auf der Rutsche fotografieren? Im Sandkasten, wie es sich von Kopf bis Fuss mit nassem Sand eingematscht hat? Oder seine Wahnsinnsfortschritte beim Schaukeln?

Vielleicht ploppt beim Knipsen eine Warnung auf, das Foto anschliessend nicht auf Social Media zu stellen. Dann hat deine Kamera unbewusst einen Sticker mit QR-Code eingefangen. Der Code ist auf den ersten Blick zwar nicht sichtbar, deine Handy-Kamera erkennt ihn aber. Die Push-Nachricht wird angezeigt und leitet dich auf eine Präventionswebseite rund ums Thema Kinderfotos im Netz weiter.

#SharingIsNotCaring: Sobald die Kamera den QR-Code erfasst, erscheint eine Push-Nachricht mit Warnhinweis.
#SharingIsNotCaring: Sobald die Kamera den QR-Code erfasst, erscheint eine Push-Nachricht mit Warnhinweis.
Quelle: Kinderschutz Schweiz

Hunderte Sticker mehr wegen grosser Nachfrage

Seit vergangenem Wochenende kleben die Sticker mit QR-Code auf Rutschen, Schaukeln und Klettergerüsten von zwei Schweizer Spielplätzen, dem Zürcher Heuried und dem Berner Längmuur. Die Stiftung Kinderschutz Schweiz steckt dahinter, sie will damit Eltern fürs Thema «Sharenting» sensibilisieren: Ein Kofferwort aus «Parenting» und «Sharing», welches das Verbreiten von Kinderbildern im Internet meint.

Vorerst handelt sich um ein Pilotprojekt. Die Aktion «Privacy Playground» soll aber bald auf die ganze Schweiz ausgeweitet werden, wie Tamara Parham, Leiterin Kommunikation von Kinderschutz Schweiz, sagt. «Wir rennen mit der Aktion offene Türen ein und haben schon Anfragen von Spielplatzbetreibern aus Bern, Zürich, Lausanne und dem Tessin erhalten.» Man lasse gerade Hunderte weitere Aufkleber produzieren und plane mittelfristig die Ausweitung auf weitere Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder.

Eltern teilen jährlich über 100 Bilder

Wer via QR-Code auf die Webseite von «Privacy Playground» gelangt, erfährt beeindruckende und überraschende Zahlen und Fakten. Zum Beispiel:

  • Eltern teilen im Jahr durchschnittlich über 100 Fotos von ihrem Nachwuchs auf Social Media.
  • Damit bringen sie ihre Kinder unabsichtlich in Gefahr: E-Stalking, Darknet, Pädokriminalität, Cyber-Mobbing, Online-Erpressung und Cyber-Grooming werden als Beispiele aufgeführt.
  • Auch mit einem Emoji übers Kindergesicht ist der Schutz heute nicht mehr ausreichend. Es existieren Apps, die es entfernen und ersetzen können.
  • Kinder haben gemäss Artikel 16 der Uno-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Privatsphäre. Die Grundrechte, die ebenso für Kinder gelten, gewährleisten zudem das Recht am eigenen Bild und das Recht auf Selbstbestimmung. Konkret heisst das, dass Eltern ohne Einwilligung eigentlich nichts posten dürfen. Nur: Als Baby kann man schlecht Nein dazu sagen.
  • Eltern müssen sich bewusst sein, dass das Selbstbestimmungsrecht rückwirkend eingefordert werden kann.

«Auf dem Spielplatz können Eltern schlecht ausweichen»

Es sind Zahlen und Fakten, die aufrütteln sollen. Aber eigentlich nicht neu sind: Eltern, die Kinderbilder online stellen, würden die seit Jahren bekannte Problematik zwar kennen, aber gerne ignorieren, so Tamara Parham. «Bei der Spielplatz-Kampagne können sie schlecht ausweichen und werden jetzt ungefragt damit konfrontiert.»

Für Kinderschutz Schweiz ist klar: Schnappschüsse zu teilen, auf denen Kinder zu erkennen sind, ist nie okay – ausnahmslos. «Gerade weil die Bilder auf pädokriminellen Seiten erwiesenermassen zunehmen und selbst harmlose Fotos missbraucht werden können», wie Parham ausführt. Sie verweist zudem aufs erhöhte Mobbing-Risiko, das auch Jahre nach Online-Stellung noch zum Problem werden kann.

Laut Parham sollten sich Eltern vor dem Sharen immer zwei wichtige Fragen stellen. Erstens: Ist das Kind erkennbar? Und zweitens: Ist es damit einverstanden? «Zumindest ab einem gewissen Alter kann man mit ihm darüber sprechen.» Und bis dahin soll man’s einfach sein lassen.

Umfrage Sharenting

Findest du es okay, wenn Eltern Bilder ihrer Kinder in sozialen Medien teilen?

  • Ja, das gehört heute dazu.
    4%
  • Ja, vorausgesetzt es sind schöne und keine peinlichen Fotos.
    11%
  • Ja, wenn das Gesicht des Kindes nicht erkennbar ist.
    17%
  • Nein, das ist ein No-Go.
    57%
  • Ich bin unschlüssig.
    11%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

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Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.


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