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EU will Porno-Sperre für Jugendliche

Einige grosse Pornoplattformen verstossen möglicherweise gegen den Jugendschutz in der EU. Nun hat diese eine Untersuchung eingeleitet und möchte einen sicheren Altersnachweis implementieren. Eine sichere technische Lösung läge bereits vor.

Die Europäische Kommission hat ein Ermittlungsverfahren gegen vier der weltweit grössten pornografischen Onlineplattformen eingeleitet: Pornhub, Stripchat, XNXX und XVideos. Der Verdacht: mangelnder Schutz von Minderjährigen. Die Anschuldigungen betreffen zentrale Vorschriften des Digital Services Act (DSA), dem Regelwerk der EU zur Regulierung von Online-Inhalten. Im Fokus stehen vor allem ungenügende Möglichkeiten zum Altersnachweis. Der Konsum dieser Inhalte könne sich bei Jugendlichen auf die psychische und physische Gesundheit auswirken.

Wo genau liegt das Problem?

Die Europäische Kommission wirft den betroffenen Plattformen konkret vor, keine angemessenen und wirksamen Massnahmen zur Altersverifikation zu verwenden. Tatsächlich kannst du bei den meisten dieser Seiten einfach auf den Button «Ja, ich bin über 18» klicken, um vollen Zugriff auf sämtliche Inhalte zu erhalten. Dies reicht der EU-Kommission nicht: Die eingesetzten Methoden seien in der Praxis komplett wirkungslos. So können Minderjährige ohne nennenswerte Hürden auf Inhalte zugreifen, die nicht für sie bestimmt sind.

Allerdings hat sich bisher die Frage nach einem wirksamen, aber auch sicheren Weg gestellt, das Alter nachweisen zu können. Ein Upload gescannter, amtlicher Dokumente an einen Betreiber einer Pornoplattform kommt für die wenigsten Nutzer infrage. Die Kommission veröffentlicht eigenen Angaben zufolge eine sogenannte White-Label-App, die den Plattformen keinerlei Daten übermittelt, ausser der Information, dass die Person, die ihre Website besucht, volljährig sei. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedsstaaten. Diese App gäbe es «ab Sommer 2025» bis Ende 2026, wenn die digitale EU-Brieftasche verfügbar sei – das Europäische Pendant zur Schweizerischen E-ID.

Es geht nicht nur um Technik

Die Kommission ist der Ansicht, dass die fehlende Altersverifikation nicht nur den Jugendschutz gefährde, sondern auch das Vertrauen in die Fähigkeit digitaler Plattformen, «gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen». Deshalb untersucht die Kommission auch, inwieweit die Plattformen Massnahmen ergreifen, um mögliche negative Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zu mindern. Der DSA verpflichtet Plattformen, regelmässig solche Gefahren zu bewerten und zu minimieren. Dies wird laut der Kommission bei den untersuchten Diensten vernachlässigt.

Henna Virkkunnen ist zuständig für digitale Souveränität, Sicherheit und Demokratie in der EU.
Henna Virkkunnen ist zuständig für digitale Souveränität, Sicherheit und Demokratie in der EU.
Quelle: https://www.martenscentre.eu/

Der rechtliche Rahmen: Digital Services Act (DSA)

Plattformen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern und Nutzerinnen in der EU gelten als «Very Large Online Platforms» (VLOPs). Diese unterliegen besonders strengen Anforderungen. Pornhub, XNXX und XVideos gelten als VLOPs. Stripchat verlor diesen Status kürzlich, nachdem das Unternehmen angab, unter der Nutzerschwelle geblieben zu sein. Die laufenden Ermittlungen beziehen sich jedoch auf den Zeitraum, in dem Stripchat noch als VLOP galt.

Die Strafen wären bei Nicht-Einhaltung deftig: Bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes könnten den Plattformen drohen– ein Bussgeld in potenziell dreistelliger Millionenhöhe. Die Ermittlungen dauern aber noch eine Weile – eine Frist gibt es derzeit nicht. Auch kann sich der Fokus der Ermittlungen noch erweitern – etwa auf verbotene Dark Patterns. Die betroffenen Unternehmen zeigen sich bislang zurückhaltend. Pornhub verweist auf die Mitgliedschaft bei ASACP (Association of Sites Advocating Child Protection) und betont, über die Untersuchung unglücklich zu sein. Denn selbst wenn es eine wirksame Altersverifikation gäbe, weichen Minderjährige allenfalls auf Plattformen aus, deren Inhalte überhaupt nicht moderiert werden. XNXX und Stripchat schweigen komplett.

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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