
digitec plays «Forza Horizon 4»: Sonntagsfahrer und Crash-Pilot geben Vollgas

Wechselnde Jahreszeiten, bombastische Grafik und eine riesige Spielwiese, die du mit hunderten verschiedenen Boliden durchpflügen darfst. «Forza Horizon 4» hat verdammt viel zu bieten. Wir klemmen uns hinters Lenkrad und zeigen der Konkurrenz den Auspuff.
«Horizon» ist die Arcade-Version der «Forza»-Serie. Während «Motorsport» auf Realismus setzt, fokussiert sich «Horizon» auf Spektakel und Spielspass. Jedes Element im vierten Teil ist darauf abgerichtet, dir eine gute Zeit zu bescheren – und das funktioniert hervorragend.
Ein Fest für Augen und Ohren

Renngames sind bekannt für ihre schicke Grafik. «Forza Horizon 4» ist keine Ausnahme. Seit jeher gehört die Serie zu den Vorzeigespielen der Xbox – seit dem letzten Teil dürfen auch PC-Spieler sabbern. Wenn du in den Xbox-Optionen Grafik statt Performance auswählst, verzichtest du zwar auf 60 fps, dafür erstrahlt das Teil in seiner ganzen 4K-Schönheit. Auf dem PC kannst du auch beides haben, wenn deine Kiste genug Leistung bringt. Wenn die Regler alle oben stehen, dann klotzt «Forza Horizon 4» so richtig. Selbst nach etlichen Stunden kann ich mich nicht daran satt sehen. Besonders durch die unterschiedlichen Wettereffekte, Tag-Nachtwechsel und den vier Jahreszeiten kommt man nicht aus dem Staunen raus. Ob Schnee, Regen oder wehendes Laub: «Forza Horizon 4» fährt auf allen Zylindern.
Schön anzusehen ist auch, wie die Fahrzeuge mit der Zeit schmutzig werden. Wenn du – wie ich – meist querfeldein fährst, dann schreit der Schlitten nach einer Waschanlage. Auch das Schadensmodell wurde aufgepeppt. Zwar gibt es auch dieses mal keine Totalschäden, selbst wenn du mit voller Geschwindigkeit in eine Mauer rast, aber die Karosserie verbeult und verkratzt sichtbar. Nach einem Crash baumelt auch mal der Scheibenwischer hilflos vor sich hin.
Aber nicht nur deine Augen werden verwöhnt. Die über 450 Fahrzeuge liefern eine beeindruckende Geräuschkulisse. Hinzukommen verschiedene Radiostationen von Klassik bis Electro, die eine überraschend gute Musikauswahl bieten. Wenn du zu Mozart mit 300 Sachen über die Piste donnerst oder zu The Sugarhill Gang auf Stossstangenjagd gehst, dann kommt einfach gute Stimmung auf.
Es wird nie langweilig

Das Grundgerüst von «Forza Horizon 4» ist erneut das Horizon-Festival. Ein episches Autorennen, das sich dieses mal über Grossbritannien erstreckt und dessen Aufmachung bescheuert ist wie eh und je. Ein Haufen supercooler Dudes und Dudettes labert dir nonstop die Ohren voll, warum du dies und das machen sollst. Auch die Figur, die du dir aussuchen kannst, ist etwa so Emotionsgelanden wie ein Mii. Wenigstens kannst du das Outfit selber bestimmen. Meinen Waschlappen habe ich mit einem Zauberhut, einer silber glänzenden Veste und einem pinken Minirock abgestraft.
Was «Forza Horizon 4» am besten macht, ist die Abwechslung. Entwickler Playground Games hat alles daran gesetzt, dir möglichst wenig Hürden in den Weg zu stellen. Die riesige Karte wird nach und nach mit immer mehr Rennen bedeckt, die du in beliebiger Reihenfolge angehen kannst. Es gibt zahlreiche Disziplinen und das allerbeste ist – du kannst fast jedes Rennen mit einem beliebigen Fahrzeugen fahren. Du hast auch die Option, das Rennen selbst zu gestalten. Fährst du lieber mit einem LKW eine Ralleystrecke? Kein Problem. Willst du mit einem Strandbuggy ein Bergrennen bestreiten? Feel Free. «Forza Horizon 4» gibt dir die Möglichkeit, die Regeln selbst zu bestimmen.
Neben den verschiedenen Rennmodi gibt es auch Spezialevents, wo du gegen ein Hoverboat antritts oder Stunts für einen Filmregisseur hinlegst. Auch die Scheunen mit versteckten Fahrzeugen gibt es wieder zu finden.
Für alles, was du machst, erhälst du Punkte. Damit schaltest du neue Rennen und Fahrzeuge frei (es gibt über 450). Auch hier zeigt Playground Games, dass sie wissen, was die Spieler wollen. Jeder Drift, jedes haarsträubende Überholmanöver, jeder Sprung und jeder umgemähte Gartenzaun gibt dir Punkte und lässt den Multiplikator in die Höhe schnellen. Die Schnellreisemöglichkeit habe ich praktisch nie benutzt, weil es viel mehr Spass macht, in einem Affentempo über Felder zu heizen und dabei möglichst viel Zeugs zu rammen. Mittlere Bäume und Leitplanken sind deiner Stosstange nicht gewachsen, nur die dicken Bäume und Häuser stoppen deine Combos abrupt.
Der Rennstall

Die grösste Variation bringt nichts, wenn sich die Fahrzeuge wie Spielzeugautos steuern. Zwar ist «Horizon» an ein Arcade-Freudiges Publikum gerichtet, das heisst aber nicht, dass beim Fahren kein Feingefühl nötig ist. Bereits auf der mittleren Schwierigkeitsstufe kommst du mit dem Bleifuss-Prinzip nicht weit. Das Spiel verzeiht aber viel. Wer's schwieriger mag, der kann in den Optionen die zahlreichen Fahrhilfen abschalten. Dann spielt sich «Forza Horizon 4» deutlich simulationslastiger. Die verschiedenen Fahrzeuge fühlen sich sehr unterschiedlich an und du merkst sofort, wenn du vom Audi R8 zu einem 3er BMW wechselst.
Die Fahrzeuge kannst du wie gewohnt upgraden und tunen – entweder automatisch oder von Hand. Dabei reicht es nicht, einfach das teuerste Teil zu montieren. Mehr PS heisst oft, mehr Gewicht, was wiederum auf die Geschwindigkeit schlägt.
Schön ist auch hier, dass alle Spielstile berücksichtigt werden. Du kannst wie ich Kamikaze-mässig Gegner von der Strecke rammen und im Notfall die Zurückspulfunktion benutzen, wenn du eine Kurve zu schnell angefahren bist. Oder du fährst sportlich korrekt und verzichtest auf die Rettungsfunktion und wirst dafür mit zusätzlichen Punkten belohnt.
Einfach lässig

Irgendwie habe ich die «Forza»-Spiele nie auf dem Radar und spiele sie dann doch immer mit viel Begeisterung. Die «Horizon»-Serie entspricht dabei mehr meinem Gusto. «Forza Horizon 4» erfordert praktisch null Eingewöhnungszeit, fängt spektakulär an und fällt danach kaum ab. Die unzähligen Fahrzeuge, die sensationelle Grafik und die äusserst abwechslungsreichen Rennmodi machen extrem viel Spass. Und dass mir das Spiel so viel Freiheiten lässt, ist ungemein erfrischend. Viele Neuerungen zum letzten Teil gibt es aber nicht. Wenn du «Forza Horizon 3» ausgelassen hast und dich das australische Setting anspricht, dann bekommst du damit für deutlich weniger Geld praktisch das gleiche Spiel. Wer frisches Rennfutter braucht oder grafisch das noch etwas schickere Spiel sucht, der kann zugreifen. Am besten du schaust dir unser Let’s Play an, um dich selbst davon zu überzeugen.


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.