Hintergrund

Der Charakterkopf aus dem Werbespot: Trainer Ralf Todzi im Interview

Michael Restin
21.6.2018
Bilder: Thomas Kunz

Seit der Galaxus-Kampagne stehen die Hobbykicker des FC Dübendorf 3 im Rampenlicht und sorgen nicht nur als Werbestars, sondern auch auf dem Platz für Aufsehen. Immer mittendrin: Trainer Ralf Todzi. Ich habe ihn zum Interview getroffen.

Klarer Blick, fester Händedruck, Fussballer mit jeder Faser. Man merkt in der ersten Sekunde, dass sich der Mann diesem Sport verschrieben hat. Ralf Todzi ist seit dieser Saison Trainer der dritten Mannschaft des FC Dübendorf, die in der aktuellen Galaxus-Kampagne auf Plakaten und in Werbespots zu sehen ist. Selbst am Bildschirm ist zu spüren: das ist kein Typ, der halbe Sachen macht. Der Ex-Profi ist einer, der es einfach nicht lassen kann. Er gehört auf den Platz, und dort habe ich ihn getroffen.

Ralf, wie bist du Trainer der dritten Mannschaft in Dübendorf geworden?

«Ich habe mit dem Präsidenten ein gutes Verhältnis und aus Jux gesagt: Hast du einen Platz frei? Dann habe ich aus Dummheit die dritte Mannschaft übernommen. Oder besser gesagt: aus Spass und Freude. Aber ganz ehrlich – ich habe nicht gewusst, worauf ich mich einlasse.»

Zunächst gab es eine Niederlage nach der anderen. Was ist deine Idee vom Fussball, was willst du von deiner Mannschaft sehen?

«Leidenschaft und Siege! Ich bin ein Trainer, der schlecht verlieren kann. Da könnt ihr euch vorstellen, was ich vor der Winterpause mit den Jungs erlebt habe. Wir haben nur verloren. Aber das waren alles Kettenreaktionen, weil wir kein Team waren. Es musste sich erst finden.»

In letzter Zeit ist rund um die Mannschaft viel passiert. Ihr wurdet nicht nur zu Werbestars im Fernsehen und auf Plakaten, sondern habt in einem tollen Saisonendspurt auch noch den Ligaerhalt geschafft.

«Die Aktion mit Galaxus war zum Schluss für alle ein riesen Ansporn, das war super für jeden Spieler. Und die Leute, die sich auf einem Plakat oder im Fernsehen wiederfinden, sind natürlich alle happy.»

Ganze 13 von 16 Punkten habt ihr in den letzten fünf Spielen geholt.

«Durch vier Siege und ein Unentschieden haben wir den Klassenerhalt klargemacht. Am Anfang hatten wir sehr viele verletzte Spieler. Mir war klar, dass wir nie absteigen werden, wenn alle wieder dabei sind. So war es dann auch.»

Die Genugtuung darüber ist im Team des FC Dübendorf 3 bei allen zu spüren. Kein Wunder. Denn wenn man von heute auf morgen ins Rampenlicht rückt, will man nicht zu «grottenschlechten Kickern» erklärt werden, wie es in einem TV-Beitrag hiess. Amateure? Klar, vierte Liga. Losertruppe? Nein. Das ist kein Etikett, das Mannschaft und Trainer gerecht wird und der sportliche Ehrgeiz wurde gerade noch rechtzeitig mit Ergebnissen belohnt.

Klare Ansagen: Ralf Todzi will die Mannschaft nach vorne bringen.
Klare Ansagen: Ralf Todzi will die Mannschaft nach vorne bringen.

Im Werbespot bekommt man den Eindruck, dass es bei dir hart aber herzlich zugeht. Charakterisiert dich das richtig?

«Ich bin sehr ehrlich und geradlinig, aber erfolgsorientiert. Hart bin ich gelegentlich, bei gewissen Sachen muss man als Trainer etwas lauter sein. Logisch. Aber ich glaube, dass ich sehr gutmütig bin. Ich habe halt meine Leidenschaft – und das ist der Fussball.»

Diese Leidenschaft spricht ihm niemand ab. Ich höre mich bei den Spielern um, was ihr Trainer für ein Typ ist. Voller Siegeswille. Ein zielstrebiger Mensch. 110 Prozent Einsatz. Ein Motivator, bei dem es auch mal laut wird und Klartext angesagt ist. So oder so ähnlich hört man es von allen Beteiligten. Man glaubt es ihnen aufs Wort, und die Worte des Trainers haben etwas bewirkt. Denn dass jeder mitzieht, ist für ihn Pflicht.

«Wenn ein Spieler nicht die richtige Einstellung mitbringt und dann am Sonntag rumläuft, als ob er gerade von der Theke kommt – das kann es nicht sein.»

Voller Einsatz, voll bei der Sache sein: Ralf Todzi lebt es seinen Spielern vor.
Voller Einsatz, voll bei der Sache sein: Ralf Todzi lebt es seinen Spielern vor.

Beim Werbedreh warst du dann nicht mehr Chef in der Kabine. Wie waren die Dreharbeiten für dich?

«Ich hatte keine Erfahrung in dem Bereich. Aber die Geschichte war so positiv, weil es natürlich rüberkam. Und die Jungs haben das super mit mir gemacht. Jetzt läuft der Spot fast täglich im Fernsehen und alle sind begeistert.»

Der Profifussball überstrahlt heute alles, nicht nur während der WM. Welche Rolle spielt der Amateurfussball noch?

«Er verbindet! Ob es Italiener, Schweizer, Deutsche oder Franzosen sind, Fussball verbindet. Die Begeisterung ist im Fussball sehr gross. Das Schlimme ist, dass bei den Profis nur noch das Geld im Vordergrund steht. Das schadet jeder Sportart und dem Fussball ganz besonders.»

Du warst in den 80ern Profi in der zweiten Bundesliga in Deutschland, bevor es mit der Kommerzialisierung so richtig losging. Wärst du es nicht lieber in der heutigen Zeit?

«Ich möchte nicht tauschen. Alles, was ich erlebt habe, kann man mir nicht nehmen und ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich bin kein Millionär, aber ich bin auch kein Bettler. Ich habe ein schönes Leben gehabt und sage dem da oben danke.»

Dass Ralf Todzi dieses Leben immer noch hat und weiter auf dem Platz stehen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn sein grösster Tag als Spieler wäre im Jahr 1984 beinahe auch sein letzter gewesen. Das ganze Drama eines Tages zwischen Triumph und Tod schildert er geradeheraus in ein paar Sätzen. Schicksal, weiter geht’s.

Was war der speziellste Moment deiner Karriere?

«Die deutsche Amateurmeisterschaft mit dem Offenburger FV, als ich vor 10 000 Zuschauern drei Tore geschossen habe, aber dann leider nachts um eins in der Disco aufgeschlitzt worden bin. Dann hat man mich im Spital und in der Bild-Zeitung wiedergefunden. Wie es halt so ist.»

Von der Titelfeier zur Notoperation – was hat das mit dir gemacht?

«Ich habe das schnell verarbeiten können. Ein anderer hätte vielleicht ständig in den Spiegel geschaut und gesagt, was ist da nur für eine Narbe entstanden. Aber ich bin nicht der Typ, der nach hinten schaut. Ich schaue immer nach vorne.»

Kein Blick zurück: Ralf Todzi hält sich nicht mit Vergangenem auf, sondern plant die Zukunft seiner Mannschaft.
Kein Blick zurück: Ralf Todzi hält sich nicht mit Vergangenem auf, sondern plant die Zukunft seiner Mannschaft.

Ralf Todzi klagt nicht, er lamentiert nicht, er packt an. Seine Tage beginnen um 4.30 Uhr in aller Frühe, doch nach der Arbeit als Lagerist bringt er mit über 60 immer noch eine Energie auf den Platz, die sich seine Spieler zum Vorbild nehmen können. Die Leidenschaft ist spürbar und es ist nur folgerichtig, dass sich auch innerhalb seiner Familie fast alles um Fussball dreht.

Du hast zwei Söhne. Sind die dem Fussball genauso verfallen?

«Der 27-Jährige spielt wieder bei mir im Team. Er war ein sehr grosses Talent, hatte aber leider Pech mit Verletzungen. Genau wie der 24-Jährige. Er war auf dem Weg Profi zu werden, aber dann gab es immer wieder Rückschläge. Mittlerweile spielt er in der höchsten Amateurklasse in der Schweiz. Also hat es leider nicht ganz zum Profi gereicht, aber er hat Spass und der Fussball dominiert unser Leben.»

Heute ist dein 63. Geburtstag und du hast ohne zu zögern noch ein Extratraining angesetzt. Was bedeutet dir der Fussball?

«Alles! Leidenschaft, Freude, Spass und abschalten vom Geschäft. Motivation. Was kann ich aus dem Team machen? Ist es machbar, dass wir nächstes Jahr um die vorderen Plätze spielen? Mich reizen schwierige Aufgaben, ich möchte schauen, wie weit ich komme.»

Und nach der Rettung hast du Hoffnung, dass die Truppe zusammenbleibt?

«Die Truppe bleibt zusammen. Wir haben 24 Spieler, das ist viel für die vierte Liga. Wir schweissen die Mannschaft noch mehr zusammen und ich denke, dass wir nächste Saison mit einem schlagkräftigen Team vorne mitspielen. Das ist mein Ziel und auch das Ziel der Jungs.»

Grosses Team, grosse Ziele: Die Mannschaft will in der neuen Saison oben mitspielen.
Grosses Team, grosse Ziele: Die Mannschaft will in der neuen Saison oben mitspielen.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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