Produkttest

Das elektrische Lou Board und wieso es sich irgendwie falsch anfühlt

Manuel Wenk
14.6.2019
Bilder: Thomas Kunz

Normalerweise bringe ich die letzte Meile auf meinem Carver-Surfskateboard hinter mich. Und das wird auch so bleiben. Nach einigen Tagen mit dem elektrischen «Lou Board» musste ich feststellen: Auf Motoren kann ich gut verzichten.

Aus dem Büro, aufsteigen und am kleinen Griff nach vorne drücken. Schon kommt das kleine «Lou Board» ins Rollen. Geräuschlos und mit 80 kg Zusatzlast. Steigungen meistert es locker. Wenn es runter geht, lassen mich die Bremsen nicht im Stich.

Das Lou Board hat vor etwa einem Jahr über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter die Runden gemacht. Innert kurzer Zeit kamen rund 320 000 Franken von 600 Unterstützern zusammen. Ursprünglich hat die Schweizer Firma SoFlow mit Sitz in Flawil SG 80 000 Franken zusammenbringen wollen. Obwohl in der Schweiz auf öffentlichem Grund verboten, kann es auch hierzulande gekauft werden.

Mit einem Gewicht von 5.4 kg kannst du das Board gerade noch gut in Bus, Tram oder Zug mitnehmen. Von einem Leichtgewicht würde ich trotzdem nicht sprechen, ein normales Skateboard ohne Batterie und Motoren bringt nur rund die Hälfte auf die Waage. Der Akku des Lou Board ist laut Hersteller in zwei Stunden komplett geladen. Entfernst du die obere Abdeckung, kann er einfach entnommen werden. Ohne Akku kannst du das Board auch im Flugzeug mitnehmen.

Auf Dauer ist das Board ziemlich schwer.
Auf Dauer ist das Board ziemlich schwer.

Klein, schnell und mit schlechter App

Das Lou Board gibt es in drei verschiedenen Varianten. Ich habe mir die teuerste genauer angesehen. Diese ist mit einem Dual-Hub-Motor und einem leichten Karbon-Deck ausgestattet. Die beiden Motoren verstecken sich in den Vorderrädern und bringen ganz schön viel Leistung auf die Strasse. Trotzdem ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, dass es sich um ein E-Skateboard handelt.

In der schnellsten Stufe sind 35 km/h möglich – damit bist du schneller als ein klassisches Töffli (maximal 30 km/h) unterwegs. Das fühlt sich im Stadtverkehr ganz schön schnell an. Beschleunigt und gebremst wird über einen kleinen Controller aus Plastik. Die Bremsen reagieren prompt und sind zu Beginn gewöhnungsbedürftig. Ich muss das Körpergewicht bei Tempowechseln stark verlagern, um nicht plötzlich auf der Strasse zu liegen.

Nicht erlaubt, aber überall zu sehen: E-Skateboards sind in der Öffentlichkeit keine Seltenheit mehr.
Nicht erlaubt, aber überall zu sehen: E-Skateboards sind in der Öffentlichkeit keine Seltenheit mehr.

Über die extra zum Skateboard entwickelte App kann die Beschleunigung und das Bremsverhalten nach eigenen Bedürfnissen angepasst werden. Leider funktioniert die App mehr schlecht als recht. Zumindest bei mir. Zwar erkennt sie beim ersten Öffnen sofort mein Board und lässt verschiedene Einstellungen zu. So kann ich zum Beispiel einen Advanced- oder Beginner-Mode einstellen. Die Beschleunigung und Bremsstärke wird dabei spürbar verändert. Aber beim zweiten Öffnen stürtzt die App jedes Mal ab. Abhilfe schafft nur eine Deinstallation und eine erneute Installation. Das mag auf anderen Geräten besser funktionieren, tut es aber bei meinem Honor View 10 nicht. Ich scheine nicht der einzige mit diesen Problemen zu sein. Bei Google Play wird die App von 56 Nutzern mit durchschnittlich 2.3 Sternen bewertet.

Es fühlt sich komisch an

Während meinen Fahrten durch Zürich fühle ich mich nie wirklich wohl auf dem elektrischen Skateboard. Die hohe Geschwindigkeit und das damit erhöhte Unfallrisiko geben mir zu denken. Dadurch, dass ich auf diesem kleinen Brett stehe und nur eine kleine Fernbedienung in einer Hand halte, weiss ich nicht so recht, wohin ich mit der anderen Hand soll. Ich stehe einfach auf dem Ding und alles passiert ganz automatisch, praktisch ohne jegliches Zutun meinerseits. Ich habe während der Fahrt zu viel Zeit, mich umzusehen. Beispielsweise beobachte ich Menschen, wie sie auf mein Fortbewegungsmittel reagieren. Die einen drehen ihre Köpfe nach mir und andere bemerken erst gar nicht, dass ich auf einem elektrisch betriebenen Gefährt durch die Gegend brause.

Schnell unterwegs: Das Lou Board fährt bis zu 35 km/h.
Schnell unterwegs: Das Lou Board fährt bis zu 35 km/h.

Auf meinem Carver-Surfskateboard habe ich viel mehr Fahrgefühl und komme durch Muskelkraft vorwärts. Das fühlt sich für besser an. Und dabei bleibe ich.

Eigentlich verboten und trotzdem überall zu sehen

Es ist verboten, Skateboards wie das Lou Board in der Schweiz auf öffentlichen Strassen zu fahren. Trotzdem ist es mittlerweile fast normal, dass E-Skateboards oder andere elektrisch angetriebene Vehikel auf der Strasse unterwegs sind. Obwohl hohe Bussen drohen und man weitere Risiken eingeht. Versicherungen können die Zahlung bei Unfällen vermeiden.

«Bei der Benützung eines motorisierten Trendfahrzeuges ohne Typengenehmigung im öffentlichen Verkehr (gemäss Gesetzgebung) können strafrechtliche Konsequenzen die Folge sein.»
TCS
  • Ratgeber

    E-Mobility: Was mit welchem Fahrzeug erlaubt ist

    von Michael Restin

Solange solche fahrbaren Untersätze gekauft werden können, wird es kaum möglich sein, diese von öffentlichen Strassen zu verbannen. Auch wenn sie theoretisch nur auf Privatgrund zugelassen sind.

Sollten E-Skateboards & Co. legalisiert werden?

  • Ja, das ist längst fällig.
    81%
  • Nein, die Dinger sind zu gefährlich.
    19%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Fazit

Das Skateboard bringt dich zuverlässig von A nach B. Ist schnell. Schön. Vergleichsweise leicht zu transportieren. Und hat eine miserable App. Alles in allem gute Voraussetzungen, sofern die Probleme mit der App per Update behoben werden. Für jeden, der sich in den Kopf gesetzt hat, in naher Zukunft ein E-Skateboard zu kaufen, ist das Lou Board eine gute Wahl. Ich bleibe bei meinem Board ohne Motor. Weils einfach mehr Spass macht und legal ist.

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Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne. 


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