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Meinung

Change My Mind: «Hercules» ist der beste Disney-Film

Cassie Mammone
25.12.2025

Die Disney-Bibliothek hat in den letzten Jahrzehnten durch den Aufkauf verschiedener Marken ordentlich Zuwachs bekommen. Trotzdem konnte kein Film «Hercules» aus dem Jahr 1997 das Wasser reichen.

Manche Filme laufen während der Weihnachtszeit häufiger auf dem heimischen TV als andere. Dazu gehören etwa «Kevin – Allein zu Haus», «Tatsächlich Liebe», die gesamte «Harry Potter»-Reihe, aber auch zahlreiche Disney-Filme.

Der Beste von ihnen läuft bei mir mehrmals im Jahr und hat schon satte 28 Jahre auf dem Buckel: «Hercules». Der Animationsfilm ist 1997 in einer Zeit vor Streamingdiensten und grossen Markenaufkäufen erschienen. Ich hatte damals die Videokassette einer Freundin ausgeliehen und auf und ab gespielt – erst als Erwachsene habe ich erfahren, dass das dem Medium nicht guttut. Sorry, meine Liebe!

Meiner – sehr subjektiven – Meinung nach ist und bleibt «Hercules» der beste Disney-Film aller Zeiten. Die folgenden viereinhalb Gründe sprechen dafür.

1) Zeitlose Geschichte mit schöner Botschaft

Es ist natürlich sehr dankbar, wenn die Vorlage der Handlung eine weltbekannte Sage ist. «Hercules» basiert auf dem gleichnamigen Helden und Halbgott «Herakles» aus der griechischen Mythologie. Zwar erzählt der Film nur eine zusammengefasste und abgeänderte Version der Geschichte, doch sie bleibt weiterhin nachvollziehbar, fesselnd und emotional.

Geschichten aus der Mythologie wie der Kampf gegen die Hydra werden immer wieder auf Vasen referenziert.
Geschichten aus der Mythologie wie der Kampf gegen die Hydra werden immer wieder auf Vasen referenziert.
Quelle: Disney

Die Geschichte beginnt damit, dass Hercules kurz nach seiner Geburt von seinen Eltern getrennt wird – den Göttern Zeus und Hera. Schuld daran ist Zeus’ Bruder, Hades. Der möchte nämlich seine Herrschaft über die Unterwelt aufgeben und stattdessen den Posten seines Bruders als Götterkönig einnehmen. Dies gelingt ihm laut den drei Schicksalsgöttinnen jedoch nur, wenn Hercules nicht dazwischenfunkt. Heisst für Hades: am besten wär’s, wenn der eigentlich unsterbliche Götterjunge … nun … sagen wir einfach, wenn er nicht mehr unter uns weilen würde.

Doch statt den kleinen Hercules umzubringen, machen ihn Hades’ Gehilfen Pech und Schwefel durch ein Missgeschick «nur» sterblich und verheimlichen das ihrem Meister. Das gibt Hercules die Chance, eines Tages wieder zum unsterblichen Gott aufzusteigen und Hades’ Pläne zu durchkreuzen – seine Heldenreise beginnt. Buchstäblich. Denn Hercules kann nur dann zurück in den Olymp, wenn er sich als wahrer Held erweist.

Aber was macht einen «wahren» Helden denn genau aus?

Hercules widmet sich dem Training und wird zum stärksten, wagemutigsten und kühnsten Monsterschlächter Griechenlands. Das reicht aber nicht: Kraft und Mut allein machen noch lange keinen Helden aus. Es wird Zeit, dass er über sein bisher oberflächliches Bild hinauswächst und lernt, dass mehr zum Held-Sein dazugehört.

Als Hercules sein Ziel am Ende des Filmes endlich erreicht, ist der Moment schön und vor allem belohnend: Er wäre bereit gewesen, sein eigenes Leben für das seiner Geliebten zu opfern. Dieser Akt der Selbstlosigkeit verleiht ihm den lang ersehnten Heldenstatus. Hercules könnte als Gott in den Olymp zu seinen Eltern aufsteigen – doch die Selbstlosigkeit, die aufgrund seiner Liebe entsteht, hindert ihn daran. Hercules bleibt lieber als Sterblicher bei seiner geliebten Meg und seinen Freunden.

Am Ende wird das Happy End mit Freunden und Familie gefeiert.
Am Ende wird das Happy End mit Freunden und Familie gefeiert.
Quelle: Disney

«Hercules» ist ein Fühlgut-Film für ein kindliches Publikum und von daher nicht besonders tiefsinnig. Der Botschaft und der Stimmung nimmt das aber nichts weg.

2) «Göttlicher» Humor

Die Geschichte von «Hercules» hat einen dramatischen Kern. Die Produzentinnen und Produzenten haben jedoch so viel Humor darin eingebaut, dass sie leicht verdaulich und darüber hinaus unglaublich lustig ist. Auch heute kann ich noch viel zu viele Stellen zitieren. Ohne Kontext klingt es jedoch wohl etwas skurril, wenn ich darüber lache, wenn Hades so warm ums Herz wird, dass er denkt, er hätte sich «an einer Peperoni verschluckt».

Zugegeben: Im englischen Original, wo Schauspiel- und Synchronlegende James Woods den cholerischen Gott gibt, leistet so manches Wortspiel noch bessere Treffer. Dieselbe Stelle, in der Hades sich gerührt über Baby-Hercules zeigt, lautet dann: «I haven't been this choked up since I got a hunk of Moussaka caught in my throat!».

Tatsächlich hat Woods seinen Hades nicht einfach nur gesprochen, sondern für den Film komplett umdefiniert. Ursprünglich war der Gott der Unterwelt nämlich als eher langsamer, bedrohlicher Bösewicht gedacht – ein klassischer Disney-Schurke mit Gravitas. Woods machte daraus einen hypernervösen, zynischen Hollywood-Agenten auf Dauerkaffee. Das kam nicht aus dem Drehbuch, sondern aus ihm selbst. Und wegen seines hohen Sprechtempos hatten die Zeichnerinnen und Zeichner teilweise sogar Mühe, Schritt zu halten. Aber die Mühen, die haben sich definitiv gelohnt.

Mit seiner Veröffentlichung im Jahr 1997 ist «Hercules» zu einem Zeitpunkt erschienen, in dem Disney eine Menge Humor auf die Bildschirme brachte. «Mulan» und «Ein Königreich für ein Lama» wurden ebenfalls um die Jahrtausendwende veröffentlicht und fahren eine ähnliche Schiene, die kaum ein moderner oder älterer Film so gut trifft.

Der grandiose Humor zeigt sich bereits in der ersten Minute von «Hercules»: Das Bild schwenkt über zahlreiche Antiquitäten. Der Erzähler legt langsam los und stellt sich schliesslich die philosophische Frage, wann ein Held denn ein wahrer Held sei – die Kernfrage des Filmes. Doch hier wird er direkt von den Musen unterbrochen:

«Meint ihr das etwa ernst? Als wär’ das Ganze so ‘ne klassische Tragödie. Nicht so heftig, Süsser. Jetzt sind wir dran, Schätzchen.»

Und hier setzt schon das erste von vielen genialen Liedern ein.

3) Peppige Lieder mit Ohrwurmgefahr

Ich liebe die Musik von «Hercules». Neben der ersten Version von «Jedes Wort ist wahr» können sich auch Stücke wie «In Sekunden auf Hundert» zeigen.

Nicht nur die Musen und Hercules liefern Lieder mit Ohrwurmgefahr. Auch seine Angebetete Meg stellt sich singend ihrem Dilemma des Verliebt-Seins – ganz ohne Prinzessinen-Flair:

Disney und grosse Songs – das ist keine Entdeckung. Diese Verbindung sitzt so selbstverständlich wie Butter auf warmem Brot. Einer der Hauptgründe dafür heisst Alan Menken. Anfang der 1990er-Jahre brachte er zusammen mit Texter Howard Ashman – möge er in Frieden ruhen – mit «Arielle, die Meerjungfrau» erstmals echtes Broadway-Blut in Disneys Animationsfilmen.

Denn plötzlich wurde nicht nur gesungen, sondern erzählt, kommentiert und musikalisch gefochten. Menken führte diesen Ansatz weiter und schrieb Musik und Songs für «Die Schöne und das Biest», «Aladdin», «Pocahontas», «Der Glöckner von Notre Dame» und – ja – auch für «Hercules». Acht Oscars holte er in dieser Phase insgesamt ab. Und seine Musik prägt Disney bis heute.

In diesem Sinn macht «Hercules» also nichts neu. Wenn ich ehrlich bin, macht es wahrscheinlich auch nichts besonders Herausragendes für Disney-Verhältnisse. Die vielen Lieder aus Filmen, die sich im kollektiven Filmgedächtnis eingenistet haben, dürften das unterschreiben.

4) Zeitloser Animationsstil

Nicht zuletzt ist der Animationsstil von «Hercules» sowohl zeitlos als auch einzigartig. Die Charaktere und die Welt des Filmes sind stilisiert dargestellt und erscheinen auch 28 Jahre nach der Veröffentlichung nicht veraltet.

Die anfängliche Szene im Olymp ist bunt und zeigt kreative Götterdesings.
Die anfängliche Szene im Olymp ist bunt und zeigt kreative Götterdesings.
Quelle: Disney

Kein Wunder: 1997 war die Zeit der handgezeichneten Animationsfilme noch nicht vorbei. Die 3D-Technologie steckte damals noch in den Kinderschuhen. Ohnehin sind der aktuelle Fortschritt der Technik sowie das Budget der Produktionsfirma bei dreidimensionalen Animationsfilmen viel stärker ersichtlich. Deswegen ist im Vergleich ein «Toy Story», das nur zwei Jahre vor «Hercules» erschien, weniger gut gealtert.

Und trotzdem gehören handgezeichnete 2D-Animationsfilme von Disney der Vergangenheit an. «Küss den Frosch» und «Winnie Puuh» aus den Jahren 2009 beziehungsweise 2011 waren die letzten beiden Beispiele. Damit wurde eine Ära beendet, die auch heutzutage eine Daseinsberechtigung hätte. Immerhin: Animationsstudio Pixar, das zu Disney gehört, hat erst kürzlich angekündigt, seinen ersten handgezeichneten Film produzieren zu wollen.

Für mich verdient «Hercules» eindeutig die Goldmedaille.
Für mich verdient «Hercules» eindeutig die Goldmedaille.
Quelle: Disney

Bonus: Das Action-Game

Der letzte Grund, weshalb ich «Hercules» so liebe, ist das gleichnamige Videospiel, das im selben Jahr wie der Film erschienen ist.

Beim «Hercules»-Action-Game handelt es sich keinesfalls um ein Meisterwerk. Doch es erweitert mein Erlebnis mit dem Film auf wertvolle Art und Weise, indem es kurze Momente aus dem Film in ganze Levels verwandelt. Dazu gehören das Training bei Phil, der Weg zum Zentauren Nessus und all die Abenteuer in der Stadt Theben. Dort muss ich Schafen ausweichen, die vom Blitz getroffen werden, oder sammle Münzen von verdächtigen Sonnenuhren-Händlern auf der Strasse. Dadurch erinnere ich mich an die chaotische Stadt aus dem Film noch besser.

Das Game fasst dabei die Geschichte des Filmes nicht an. Sie bleibt gleich und wird mit schlecht aufgelösten Zwischensequenzen nacherzählt. Die Levels bieten mir damit tiefere Einblicke in die Geschichte, ohne sie zu verdrehen. Ohne ein geniales Spiel zu sein, meistert «Hercules» dieses Element dennoch perfekt.

Ich habe mehr von der Welt, die mich schon so viele Stunden vor den Fernseher gefesselt hat – und von der Welt aus meinem liebsten Disney-Film. Göttlich.

Welcher ist dein Lieblings-Film von Disney und weshalb?

Titelbild: Disney

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Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.


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