

Carhartt Double Front Pant: Review einer Hose? Review einer Hose!

Nachdem ein Unfall mit einem Brenner meine alten Arbeiterhosen getötet hat, suche ich Ersatz. Zufällig bin ich auf eine Hose der Marke Carhartt gestossen. Und Arbeitskleidung kann reviewt werden. Darum: Ein Review einer Hose.
Wenn ich mit einer Schweissfackel in einem meiner Lieblingsorte der Stadt Zürich – dem Werkbereich des Kulturhauses Dynamo – rumwerkle, dann sind mir «die heissesten Styles für kalte Tage» oder die «basic Jeans als Accessoire» scheissegal. Ich will Taschen, ich will dicken Stoff und ich will Bewegungsfreiheit.
Einer der besten Orte der Stadt: Das DynamoIch will eine verdammt gute Arbeitshose.
Seither bin ich auf der Suche nach einer neuen Hose. Der neueste Versuch kommt aus dem Hause Carhartt und hört auf den Namen «Double Front Pant». Darum schreibe ich diesen Text jetzt auch, denn im Internet Arbeitskleidung zu bestellen ist heikel, ausser du kennst sie schon. Ich hoffe, dass du nach diesem Text eine Hose mehr kennst.
Arbeitshosen im Büro: Ein No-Go
Der zweilagige Stoff ist zwar übelst stabil, aber nicht wirklich bequem zum drin rumsitzenTrotzdem, die Hosen sind definitiv kein Büromaterial. Der Stoff vorne auf den Oberschenkeln ist zweilagig, was die Hose steif und massig macht. Normal gehen ist damit schwierig, weil die Schneider bei Carhartt sich gedacht haben, dass hier Bewegungsfreiheit über allem stehen soll.
Der Fokus der Hose liegt auf der Bewegung. Ganz klar. Für's rumsitzen sind die Hosenbeine zu steif und werden auch nach Wochen des Tragens und Waschens nicht weicher. Verstärkte Front ist halt verstärkt.
Ah ja, und warm wird es in der Hose. Denn der dichte Stoff erlaubt nur wenig Luftzirkulation, ohne dass du dich bewegst. Im Büro sind Jeans eindeutig besser.
Arbeitshose in der Werkstatt: Oh yeah!
Gut, die Carhartt Double Front Pant in ihrem wirklich wenig bezaubernden Braun, von Carhartt liebevoll «Carhartt Brown» getauft, ist nicht gemacht für eine Büroumgebung. Ausser du kommst rein, um da zu werken und nicht um ellenlange Texte zu schreiben, in denen du öffentlich Arbeitshosen kommentierst.
Ich schreibe diesen Text nicht für die Büroleute dieser Welt. Ich schreibe ihn für die Bastler, die Maker, die Bauarbeiter und die, die oft und gerne in der Werkstatt zu finden sind. Die, die erschaffen, reparieren und bauen, experimentieren und testen.
Darum ist das Dynamo mein Testgebiet. Die Metallwerkstatt von Gunar Hambrecht und Patrick Wild um genau zu sein. Schweissflammen, Funkenflug und Sandstrahlung stehen den Hosen bevor. Mein derzeitiges Projekt ist eine Garderobe aus Kettenhaken – mehr dazu nach Abschluss der Arbeiten – und denen muss die Farbe abgezogen werden. Denn sie sind knallrot. Das geht gar nicht.
Ich weiss, meine Flamme ist schlecht. Aber das Bild sieht gut aus, oder?Acetylen-Schweissfackel an, Farbe abbrennen. Easy. Zwar nicht grade das Umweltfreundlichste aller Zeiten, aber der Sandstrahler geht zu lange, weil der Sand zu fein ist und draussen Arbeiten geht nur bis zum Einbruch der Dunkelheit. Klar, das Team um Gunar hat Scheinwerfer installiert, aber wenn die Schweissfackel an ist, dann ist alles, was dunkler ist als Tageslicht zu dunkel um effizient zu arbeiten.
Ich erwarte Russ und Hitze. Ich hoffe zwar, dass ich mich nicht anzünde, aber ich bin lieber vorbereitet als dass ich mich dann am Ende verletze. Ich lege los. Eine Viertelstunde später fühle ich mich ganz wohl in meiner Haut. Die Hose macht mit. Was mich vor allem erstaunt und vor allem erfreut, ist, dass die Hose jede Bewegung einfach so mitmacht.
Die Hosenbeine sind etwas lang, aber sehr geräumigVor allem fällt mir auf, dass die Unterschenkelpartie der Hose extrem weit geschnitten ist. Darum ist das Gehen zwar mehr eine breitbeinige Cowboy-Angelegenheit, aber bei der Arbeit ist das grossartig. Die Hose ist mir nie im Weg. An weite Oberschenkel in Arbeitshosen bin ich mich gewöhnt, aber so weite Unterschenkel sind neu.
Und jetzt: Der Härtetest
Gut, ich arbeite also so ein paar Stunden. Es ist zwar so etwa zwei Grad draussen, aber ich friere nicht. Am Oberkörper ist das schnell gemacht, aber es muss viel passieren, bis ich mich in lange Unterhosen schmeisse. Pluspunkt für die Hose.
Was ich aber bemerke, ist dass der angemachte Gurt am linken Bein für das schnelle Einhängen von Werkzeugen und so arg kurz ist. Vielleicht bin ich mich es einfach nicht gewohnt, dass der Gurt nur von der Seitennaht der Hose bis zur Tasche hinten an der Hose reicht, aber die Schnell-Einhängen-Bewegung fällt mir schwerer als bei meinen alten Hosen.
Update 08.01.2018: Die Gurtpartie heisst Hammerschlaufe. Danke an User Miltex für den Hinweis.
Das Gurtpartie-Dings – wie heisst das Teil eigentlich? – ist etwas zu kurz für meinen GeschmackUm die verstärkten Hosenbeine bin ich froh. Funkenflug und dergleichen macht mir keine Sorgen. Nicht nur, weil ich im Laufe der Jahre ohnehin schon gelernt habe, dass Funken versus Hosen lange ignoriert werden kann, aber auch weil sich die stabilere Hose einfach sicherer anfühlt.
Warum das Ding nicht stylish ist
Okay, modisch sind die Hosen nicht. Das gebe ich zu. Das Carhartt-Braun war spätestens mit dem Fall der Skater-Szene in den 1990ern out. Doch das Branding der Hose selbst weist darauf hin. Denn Carhartt ist nicht gleich Carhartt.
- Carhartt WIP ist das Fashion Label der Marke
- Carhartt Workwear ist das Label für Kleidung, die für die Arbeit gemacht ist
So. Fertig. Geh was bauen. Auch wenn es kacke wird, immerhin hast du was getan.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.
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