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Avengers: Endgame: Ruhe statt Spektakel zum Ende einer Ära

Die Avengers, die mächtigsten Helden der Erde, stellen sich in «Avengers: Endgame» Thanos, dem mächtigsten Gegner des Universums. Irgendwie sollen sie es hinkriegen, 50 Prozent allen Lebens wieder auferstehen zu lassen. Irgendwo dazwischen: Captain Marvel.

Bevor dieses Review des neuen Marvel-Films «Avengers: Endgame» startet, eine Sache: Dieses Review wird spoilerfrei sein. Sollten Spoiler notwendig sein, werden diese mit Bildern gekennzeichnet und im Text angekündigt.

Wenn Charakteren Zeit gegeben wird

Klar, da kommt eine grosse Schlacht, wo alle alle verprügeln, mit Lasern um sich schiessen, Zaubersprüche schwingen und mit Hämmern hämmern. Aber das ist es nicht, wofür der 181 Minuten lange Film in Erinnerung bleiben wird. Denn die Drehbuchautoren Christopher Markus und Stephen McFeely erlauben sich einen Schachzug, den so wohl keiner hat kommen sehen. Anstatt die Handlung schnell voranzutreiben, nehmen sie ihr alle Geschwindigkeit.

Nach dem Fingerschnippen, das 50 Prozent allen Lebens im Universum ausgelöscht hat, bleibt die Zeit fast stehen. Das ist auch bitter notwendig, denn egal mit wie viel Pomp die Kampfszenen – natürlich fehlen die nicht – inszeniert werden, das kennen wir bereits. In «Avengers: Infinity War», dem Vorgänger, haben Thanos und seine Schergen das afrikanische Königreich Wakanda angegriffen. Computereffekt prügelt Computereffekt. Kennen wir.

Was wir aber nicht kennen, ist die menschliche Seite. Was stellt der stete Kampf gegen das Böse oder in diesem Fall gegen die Auslöschung des halben Lebens mit einer guten Person an? Hier etwas Spoiler. Er endet nach dem Video der Schlacht von Wakanda.

Bedauerlicherweise wird dieser Subplot schnell verworfen, genau wie all die anderen Subplots, die zwischen Decimation und Rettungsaktion liegen. Dennoch wird ihnen genug Zeit gegeben, dass der emotionale Schlag gelingt. Die Szenen werden so lange gezeigt, bis jeder begriffen hat, wie es den Figuren im Film geht. Szenen, wie die elends lange auf dem Planeten Vormir in «Infinity War», gibt es nicht mehr.

Die schwachen Sekunden

So gut «Avengers: Endgame» auch geschrieben sein mag, der Film kommt nicht ohne Schwächen aus. Glücklicherweise sind die Szenen kurz, aber für jemanden, der sich seit Jahrzehnten mit Superhelden und deren Mythen auseinandersetzt, stechen sie heraus. So schwanken die Power Levels einzelner Helden von Sekunde zu Sekunde und einige Helden ertränken so andere im Kampf. Mehr Spoiler, die nach dem Bild von Carol Danvers (Brie Larson) enden.

Hart erwischt es in Puncto Power Levels Captain Marvel. In ihrem ersten Auftritt macht sie den Trick aus dem Finale ihres Solo-Films nach und schrottet ein gigantisches Raumschiff, indem sie es durch das unbesiegbar wirkende Flugobjekt durchfliegt. Es ist klar: Carol Danvers soll die schwere Artillerie der Avengers sein. Das war bis dato der Hulk, aber der hat gerade den Frieden gefunden und ist daher so halb effektiv.

Einige Minuten später tut sich Carol Danvers aber schwer mit einigen Fusssoldaten aus dem Heer Thanos. Sie bekommt Verstärkung von all den Heldinnen im Marvel Cinematic Universe und da ist einer der Hero Shots. Grossartig. Kurz darauf aber ist Carol wieder im vollen Schwere-Artillerie-Modus und die Heldinnen dürfen zuschauen, während sie zur Hintergrunddekoration werden.

Es sind kleine Momente, die dem Film manchmal während einigen Sekunden einen schlechten Beigeschmack geben. Doch die Szenen werden herausgerissen von grossartigem Schauspiel, Liebe zum Detail, auch in der grossen Schlacht und dem offensichtlichen Spass, die einige Schauspieler bei ihrem letzten Auftritt als ihre Heldenfiguren haben.

Dazu funktionieren die Hero Shots hervorragend gut. Dies nicht nur, da sie schön inszeniert sind, sondern auch wegen den langsamen Momenten zu Beginn des Films. Dort sehen wir die Helden am Boden, in Trauer, oder in einer Situation, die heldenunkompatibler nicht sein könnte. Sie müssen über sich hinauswachsen und ein letztes Mal zum Kampf antreten.

Und dann. Dann kommt der Moment, auf den Fans seit zehn Jahren warten. Captain America richtet seinen Schild. Er blickt Thanos und die Heerscharen an und sagt:

«Avengers Assemble!»

Ein paar Worte zum Kino in der Schweiz

Noch netter wäre es, liebe Kitag, wenn du deine Pause im Film so planen könntest, dass sie nicht etwa eine Sekunde vor Ende einer Szene stattfindet. Immerhin besser als bei «Guardians of the Galaxy», wo die Pause mitten im Wort begonnen hat.

So. Fertig. Ich meine ja eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke, dass «Avengers: Endgame» komplett ohne die grosse Schlacht hätte auskommen können. Das ist eine gute Sache.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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