Produkttest

Asus ROG Ally im Test: Leistung ist nicht alles

Mit dem ROG Ally will Asus dem Steam Deck Konkurrenz machen. Bei der Leistung und Ausstattung gelingt das zweifellos. Die Software macht dem ganzen aber einen Strich durch die Rechnung.

Besseres Display, mehr Leistung und jedes PC-Spiel installieren, das ich will: Der Asus ROG Ally klingt nach der perfekten portablen Gaming-Maschine. Entsprechend gross ist meine Enttäuschung darüber, dass der vermeintliche Steam-Deck-Konkurrent von zahlreichen Software-Problemen geplagt wird.

Eleganter Handheld-PC mit Top-Ausstattung

Der ROG Ally von Asus ist ein Handheld-PC. So etwas wie eine Nintendo Switch, aber für PC-Userinnen und -User. Anders als das Steam Deck, das auf Linux basiert, ist der Ally mit Windows 11 ausgestattet. Der offensichtlichste Vorteil davon ist, dass ich jedes Spiel installieren kann, das es für PC gibt. Beim Steam Deck funktionieren von Haus aus nur kompatible Steam-Titel.

Bei der Ausstattung geizt Asus nicht:

  • Display: 7-Zoll-Touch-LCD, 1920 x 1080 Pixel, 120 Hertz, 500 Nits
  • CPU/GPU: AMD Ryzen Z1 Extreme, RDNA 3
  • Speicher: 512 GB M.2-2230, MicroSD-Slot
  • RAM: 16 GB LPDDR5
  • Akku: 40 Wh
  • Gewicht: 608 g

Die Tasten und Analog-Sticks klicken und bewegen sich sehr befriedigend. Alles wirkt kompakt, nirgends lottert etwas. Einzig die beiden Tasten auf der Rückseite passen mir nicht so recht. Erstens, weil es deren nur zwei sind und nicht vier wie beim Steam Deck. Mehr noch, weil ich sie nicht zuverlässig auslösen kann – besonders die rechte Taste. Ich drücke sie mit dem Mittelfinger und muss bewusst drücken, damit sie funktionieren. Sehr unbefriedigend.

Sehr positiv macht sich dagegen die 120-Hz-Bildwiederholrate bemerkbar. Die Menüs steuern sich äusserst flüssig und spürbar schneller als beim Steam Deck. Der dadurch höhere Akkuverbrauch macht mir aber jetzt schon Sorgen.

Unendliche Möglichkeiten …

Ich beende das Spiel und wähle in der Armoury-App manuell das Spielprofil «Gamepad» aus. Danach funktioniert die Steuerung im Spiel. Es ist nicht das letzte Mal, dass mich die Thematik beschäftigt.

«Wildfrost» läuft butterweich. Das taktische Karten-Kampf-Spiel ist zwar nicht sonderlich leistungshungrig, aber 120 Bilder pro Sekunde (FPS) auf einem Handheld sind bemerkenswert.

Noch mehr Laune macht «Hi-Fi Rush». Ein actionreiches Rhythmus-Spiel, bei dem schnelle Reflexe und ein flüssiges Spielerlebnis Pflicht sind. Auch hier liefert der Ally satte 120 FPS und das mit maximalen Details und 1080p-Auflösung. Zwar mit FSR-Upscaling, aber trotzdem. Auch der Sound aus den Lautsprechern klingt anständig. Das nenne ich einen tollen ersten Eindruck.

Als Nächstes lasse ich das WLAN heiss laufen und installiere jedes Spiel, das mich halbwegs interessiert. Darunter weitere aus dem Game Pass, denn die bleiben mir auf dem Steam Deck verwehrt. Microsoft setzt bei den eigenen Spielen auf die «Universal Windows Platform», kurz UWP, und die ist nicht mit dem linuxbasierten Steam Deck kompatibel.

Meiner Installationswut wird aber schnell ein Riegel vorgeschoben. Die SSD ist voll. Von den 512 GB stehen theoretisch 475 GB zur Verfügung. Davon verschlingt Windows einen grossen Teil. Und weil auch das 130 GB grosse «Star Wars Jedi: Survivor» in der Download-Warteschlange steht, ist der freie Platz bereits aufgebraucht.

Also besorge ich mir eine schnelle microSD-Karte mit grosszügigen 1 TB Speicher und weiter geht’s. Die Karte musst du übrigens in NTFS formatieren, damit du darauf auch Spiele aus dem Windows-Store installieren kannst.

Mittlerweile ist «Cyberpunk 2077» installiert, das ich umgehend ausprobieren muss. Und wow, das sieht verdammt nice aus. Mit 1080p-Auflösung und Details auf High läuft CD Projekt Reds dystopisches Action-Abenteuer mit über 40 FPS. Das Steam Deck schafft selbst mit 800p nur etwa 25 FPS.

Lange kann ich mich nicht freuen, dann stürzt das Spiel ab. Und hier komme ich zum Hauptproblem des Asus ROG Ally: Das Gerät funktioniert (noch) nicht zuverlässig genug. Ständig muss ich mich mit irgendwelchen Bugs rumschlagen.

… unendliche Probleme

Bevor ich weiter ins Detail gehe, sei gesagt, dass der Ally offiziell erst in vier Wochen erscheint. Bis dahin kann und wird Asus hoffentlich noch fleissig nachpatchen. Noch am Tag der Veröffentlichung dieses Artikels ist ein neues Update erschienen, das ich nicht mehr ausgiebig testen konnte. Auszuschliessen ist auch nicht, dass es an meinem Testgerät liegt. Dennoch beunruhigt mich die Vielzahl an Problemen.

Ein Bug führt dazu, dass die Spielübersicht in der Armoury-App mit «Miles Morales» geflutet wird.

Generell muss ich den Ally regelmässig neu starten. Mal weil Apps hängenbleiben, mal weil Windows nicht reagiert, wie es sollte und mal weil die Spielliste in Asus Armoury plötzlich nur noch aus unzähligen «Spider-Man Miles Morales»-Verknüpfungen besteht.

All das ist nur der Anfang meiner Probleme. Weil ich nicht auf alle Fehler einzeln eingehen will, findest du hier eine Übersicht mit den gängigsten Bugs, die bei mir aufgetaucht sind:

Folgende Punkte funktionieren, sind aber verbesserungswürdig:

Lautstärke und Akku

Das Steam Deck macht in «Cyberpunk 2077» mit mittleren Details nach 100 Minuten schlapp. Der Ally schaltet sich mit den gleichen Einstellungen bei 720p und ebenfalls 60 Hz bereits nach einer Stunde aus. Ich habe den Test mit 120 Hz wiederholt, mit dem gleichen Ergebnis. Weil das Spiel ohnehin nie über 50 FPS kommt, wirkt sich die höhere Hertzzahl hier nicht negativ aus.

Der Test ist ein Extrembeispiel. Wenn der Ally nicht konstant bis ans Limit gebracht wird, kann ich typischerweise zwei bis drei Stunden darauf spielen. Es bestätigt aber meinen Eindruck, dass der Akkuverbrauch beim Ally höher ausfällt als beim Steam Deck.

Spiele-Benchmark

Wenn der Ally mal läuft, ist das Spielerlebnis toll. Der neue AMD-Ryzen-Z1-Chip spielt hier seine ganze Stärke aus. Games laufen in der Regel deutlich schneller als auf dem Steam Deck. In «Gears Tactics» erhalte ich mit 720p-Auflösung die doppelte Framerate wie beim Steam Deck mit 800p. Selbst das hardwarehungrige «Cyberpunk 2077» lässt sich mit hohen Details flüssig spielen – sogar mit 1080p-Auflösung.

Der Ally lässt mich ähnliche Anpassungen am Prozessortakt oder der Lüftersteuerung vornehmen. So kann ich Spiele manuell optimieren. Ganz so unkompliziert wie über Steam Decks dediziertes Menü geht es zwar nicht, dafür würden mir bei Windows mit MSI Afterburner und Co. noch komplexere Programme zur Verfügung stehen.

Einziger Ausreisser bezüglich Performance ist «Spider-Man Miles Morales». Das Spiel läuft auf dem Steam Deck mit der praktisch gleichen 45 Bildern pro Sekunde.

In der Tabelle siehst du vier Spiele, die ich auf beiden Geräten getestet habe. Auf dem Ally jeweils in beiden Auflösungen. 1280 x 720 Pixel ergeben dabei eine Gesamtpixelzahl von 921 600, während das Steam Deck mit 1280 x 800 Pixel auf 1 024 000 Pixel kommt. Das sind zehn Prozent mehr. 1920 x 1080 Pixel beim Ally sind wiederum das doppelte der Steam-Deck-Auflösung.

Der Ally kommt sogar mit anspruchsvollen Switch-Emulatoren wie Yuzu oder Ryujinx zurecht. Falls ich also «Zelda Breath of the Wild» auf dem Ally spielen möchte, funktioniert das einwandfrei. Das gilt natürlich auch für Nintendo-64, Gameboy- oder Mega-Drive-Emulatoren.

Fazit: Bevor Asus nachbessert, nicht zu empfehlen

Ich habe wirklich eine hohe Toleranz, was Bugs und Crashes anbelangt. Aber der ROG Ally hat selbst meine Nerven überstrapaziert. Ständig funktioniert irgendwas nicht. Die Liste meiner Probleme wächst mit jedem Tag. Asus muss bis zum offiziellen Launch dringend die Software nachbessern.

Wenn ein Game mal läuft, ist der Ally super. An der Leistung gibt es nichts zu meckern. Spiele laufen bis zu doppelt so schnell wie auf dem Steam Deck. Es gibt praktisch keine Einschränkungen. Und ich liebe es, dass ich Spiele aus anderen Stores als Steam installieren kann – allen voran dem Game Pass.

Die Hardware ist top. Der Ally ist verhältnismässig handlich, das 7-Zoll-Display knackig scharf und die Lüfter sind nicht übermässig laut. Auch Asus’ Armoury-App erfüllt ihren Zweck. Sie ist ein nützlicher Hub für alle meine Spiele und die wichtigsten Einstellungen.

Leider wird das Gesamterlebnis immer wieder durch unvorhersehbare Ereignisse beeinträchtigt. Mal öffnet sich die Tastatur nicht, dann reagiert die Steuerung nicht, dann hängt ein Download oder ein Spiel stürzt ab. Für mich sind es zu viele Kompromisse, die ich für mehr Leistung und mehr Spiele hinnehmen muss.

Im Tech-telmechtel-Podcast diese Woche rede ich ebenfalls über meine Erfahrungen mit dem ROG Ally.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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