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von Spektrum der Wissenschaft

Im Sternensystem Gaia BH2 geht es ziemlich gewalttätig zu: Beteiligt sind ein Schwarzes Loch, ein Roter Riese und ein unbekannter Dritter, der dem Stern erstaunliche Eigenschaften verpasst hat.
3800 Lichtjahre von uns entfernt umkreist ein Roter Riese das Schwarze Loch Gaia BH2: Es ist das drittnächste Doppelsternsystem zu unserer Erde, das Astronomen kennen – es wurde erst im Jahr 2023 entdeckt. Eine genauere Untersuchung des Roten Riesen brachte allerdings erstaunliche Daten hervor, berichten Astronomen um Daniel Hey von der University of Hawaii in Honolulu. Denn der Stern ist eigentlich zu jung für die Menge an schweren Elementen, die sich in ihm befinden. Angesichts der nachgewiesenen Konzentrationen müsste er zehn Milliarden Jahre alt sein, doch tatsächlich existiert er erst seit fünf Milliarden Jahren.
Diese sogenannten Alpha-Elemente dominieren normalerweise die chemische Signatur von Sternen, die bereits in der Frühzeit des Universums entstanden sind. Das TESS-Weltraumteleskop (Transiting Exoplanet Survey Satellite) der NASA hat jedoch Daten aufgezeichnet, die für ein deutlich geringeres Alter des Sterns sprechen: Die ursprünglichen Schwingungen, die TESS erfasst hatte, liefern Signale, die Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Roten Riesen erlauben – ähnlich wie seismische Wellen dies für das Innere der Erde ermöglichen. Über die Modellierung dieser Messgrössen ermittelten die Astronomen ein tatsächliches Alter von fünf Milliarden Jahren, das eigentlich seiner chemischen Signatur widerspricht.
Zudem rotiert der Rote Riese deutlich schneller als andere, isolierte Rote Riesen seines Alters: Er dreht sich in 398 Tagen um seine Achse. Da Sterne im Lauf ihres Lebens an Drehgeschwindigkeit verlieren, muss ein externer Prozess den Stern angetrieben haben. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Rote Riese entweder mit einem anderen Stern verschmolzen ist oder grosse Mengen an Materie absorbiert hat, als sich aus seinem früheren Sternbegleiter das heutige Schwarze Loch gebildet hat. Beide Ereignisse würden ihm zusätzliche Masse zuführen, was sowohl seinen ungewöhnlichen Chemismus als auch den erhöhten Drehimpuls erklären könnte.
Gaia BH2 gilt als ruhendes Schwarzes Loch, eine relativ neue Klasse der Schwerkraftzentren: Es saugt also keine Materie seines Begleiters ab und emittiert dadurch auch keine Röntgenstrahlung. Dadurch war diese Art der Schwarzen Löcher lange Zeit nicht nachweisbar. Erst präzise Bewegungsmessungen der ESA-Mission «Gaia» ermöglichten ihre Entdeckung: Der Begleitstern verrät das verborgene Schwarze Loch durch leichte Abweichungen in seiner Umlaufbahn.
Hey und seine Arbeitsgruppe hatten zudem Gaia BH3 untersucht, ebenfalls ein ruhendes Schwarzes Loch mit einem noch ungewöhnlicheren Begleiter. Theoretisch hätten in diesem System noch deutlichere Schwingungen nachgewiesen werden müssen, doch fehlten sie völlig. Die aktuellen Modelle zu extrem metallarmen Sternen müssten daher vielleicht revidiert werden, schliessen die Forscher daraus. Zukünftige, grössere Datensätze von TESS sollen helfen, bestehende Hypothesen zu Sternverschmelzungen zu klären oder umzuformulieren, hoffen sie.
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