Gesellschaftsstruktur und Semantik

Dieser vierte Band von Niklas Luhmanns Studien zum Zusammenhang von Gesellschaftsstruktur und Semantik zeigt am Thema „Natur“, dass die alte (aristotelische) Paradoxie einer zugleich naturgemässen (perfekten) und naturwidrigen (korrupten) Natur unter modernen Bedingungen nicht fortgesetzt werden kann. Sie wird in verschiedene Naturbegriffe aufgelöst. Der Begriff der „Kultur“, oft als Gegensatz zur „Natur“ vorgestellt, führt zu ganz anderen Problemen. Hier ist zu bedenken, dass es sich um begriffliche Erfindungen des späten 18. Jahrhunderts handelt, also um einen historischen Begriff, der aber zugleich mit geschichtlich und regional universalem Geltungsanspruch ausgestattet wird. Eine weitere Frage ist, was geschieht, wenn der alte Begriff der „admiratio“ (Bewunderung, Verwunderung, Staunen, Entsetzen) aufgegeben und durch Vorstellungen über Störbarkeit oder Irritation ersetzt wird. Am Begriff des „Staates“ kann gezeigt werden, dass fünfhundert Jahre Geschichte dieses Wortes auf ganz verschiedene gesellschaftsstrukturelle Bedingungen reagiert haben. Das führt zu der Frage, was man heute unter den Bedingungen zunehmender Globalisierung auch der Politik noch vom Staat erwarten kann. Und welche Bedeutung hat der Begriff der „Barbarei“ für eine soziologische Zeitdiagnose? Themen dieser Art werden nicht mehr im Stile der klassischen Wissenssoziologie behandelt. Stattdessen wird - im letzten Kapitel des Bandes - die Wissenssoziologie in der von Marx und Mannheim vorgegebenen Ausrichtung selbst zum Thema.