Alle Eine

Deutsch, Carlo Bessa, Lea Hübner, 2024
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Produktinformationen

Der Sonntag, an dem ich starb. Was mich angeht, ich wache immer noch früh auf an regnerischen Sonntagen. Ich schaue immer noch zur rechten Seite, wo mein Mann früher schlief und dabei unser Haus festhielt. Und manchmal brummle ich in mein Kissen: Siehst du, Eduardo, das Haus steht noch. Und dann stehe ich auf, ohne auf das lose Brett zu treten, obwohl niemand mehr da ist, den das Geräusch stören könnte. Solche Anwandlungen, besonders nächtliche, einsame, gehen ins Körpergedächtnis über. Nach wie vor schenke ich dem Fersensporn keine Beachtung und humple ins Bad, um mich im Spiegel zu sehen. Eigenartig: Seit ich allein bin, habe ich den Eindruck, dass die Leere abnimmt. Es ist eine fast unmerkliche Veränderung, eine leichte Färbung meines Abbildes dort im Spiegel, die Wangen rosiger oder in den Augen ein Glanz, der wiederkehrt. Ein Mensch mit einem besseren Gespür für die Wirklichkeit würde das auf den Widerschein des Morgenrots draussen zurückführen, den orangefarben, rot entflammten Himmel. Aber ich nicht, nein. Ich spüre mich allmählich wiederkehren. Bin weder überrascht noch erschrocken. Empfinde auch keinen Schmerz. Um ehrlich zu sein, empfinde ich so etwas wie Erleichterung. Alívio, sage ich leise vor mich hin in meiner Muttersprache, die Stimme fast nur ein Hauch, der Mund ganz nah am Spiegel, der von dem Wort beschlägt. Und es ist, als erschliesse sich mir mit einem Mal die Bestimmung, die in meinem Namen steckt: Lívia - die Verblasste, Blasse, die Leichte, die Lichte. - Lívia! - wiederhole ich laut, als rufe ich mich selbst.

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