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Was ich nach 263 mal Training in einem Jahr gelernt habe

Vor einem Jahr habe ich beschlossen, fünf Mal pro Woche ins Fitnesscenter zu gehen. Ein Jahr später ist das Projekt zu Ende und ich ziehe Resumée über Motivation und Disziplin.

«Ich gehe ab sofort Montag bis Freitag ins Training», habe ich meiner Freundin vor genau einem Jahr gesagt. Es war kein Neujahrsvorsatz, kein Bekenntnis zur Fitness oder die Motivation gesunder oder sportlicher zu werden. Ich wollte einfach mal sehen, ob ich das kann. Ein Jahr später kann ich sagen: Ja, ich kann!

Etwas Statistik:

Die Vorbereitung auf ein hartes Jahr

Mein Trainingsplan wurde zu Beginn auf drei «Arm-Tage» und zwei «Bein-Tage» aufgeteilt. So konnte mir Trainer Camillo Ferreirinha versichern, dass meine Muskeln genug Zeit haben, zwischen Trainings zu regenerieren. Die Erfolge können sich sehen lassen. Schnell gehen meine Maximalgewichte nach oben, Cardiotraining auf dem Velo geht immer besser.

Der Weg zum Strongman

Zwei Wochen später: Ich schreibe Stefan Ramseier von der Swiss Federation of Strongman Athletes ein Mail. Ich frage, wie viel ich heben müsste, um irgendwie mit dabei zu sein und nicht weit abgeschlagen auf dem letzten Platz zu landen. Letzter Platz ist okay, aber dann bitte nur knapp. Er lädt mich zu einem Training ein.

Mein erster 150kg Deadlift im Juli. Mittlerweile schaffe ich die Vierteltonne. Im Hintergrund: Trainerin Nina Züger

Und ich ersetze meine kaputten Laufschuhe mit fürs Gewichtheben tauglicheren Schuhen.

Mein erster Wettkampf

Im Oktober war es dann soweit: Mein erster Wettkampf. An der Fitness-Expo in Basel traten wir vor grossem Publikum in zwei Disziplinen an. Mein Ziel war es, nicht Letzter zu werden.

Beim Axle Clean and Press wird eine Stange mit 5 cm Durchmesser mit Gewichten ab 75kg belegt und über Kopf gestossen. Ich übertraf meinen eigenen Rekord und schaffe 100kg. Damit landete ich auf dem sechsten und somit vorletzten Platz.

Sieht einfach aus, ist aber unendlich viel härter als angenommen

Am Event wurde mir klar: Das ist etwas für mich. Weil nicht nur kann ich mit einem fünften Schlussrang besser abschneiden, als ich gehofft habe, sondern ich fühle mich in der Gemeinschaft der Strongmen willkommen. Wir feuern uns gegenseitig an, freuen uns gemeinsam und am Ende fühlt es sich nicht so an, als ob jemand verloren hätte.

Die zwei Arten, irgendwas hinzukriegen

In meinem Jahr Training habe ich viel gelernt. Vor allem aber, dass es zwei Arten gibt, etwas hinzukriegen.

  1. Mit Motivation
  2. Mit Disziplin

Ich bin mittlerweile ein grosser Verfechter des zweiten Punktes, denn Motivation ist definitiv der falsche Weg.

Motivation verlässt sich auf externe Faktoren. Es muss einfach alles stimmen: Deine Laune, das Wetter, dein Arbeitstag, der Gemütszustand deiner Katze und so weiter. Nur wenn all das stimmt, bist du in mental der Lage eine Aufgabe zu bewältigen.

Disziplin hingegen splittet die Funktion vom Gemütszustand. Sprich, du machst etwas ungeachtet deiner Laune und anderen Umständen. Damit drehst du die Prinzipien der Motivation um. Du schliesst Aufgaben erfolgreich ab, und das macht Freude. Damit schaffst du dir die Bedingungen, die ein Motivationsmensch braucht, gleich selbst. Die Implikation dieser Geisteshaltung ist klar: Du wirst besser! In allem.

Das kannst du locker auf alle Aspekte deines Lebens anwenden, sei es Training, Arbeit oder das Aufstehen am Morgen. Wir bleiben aber beim Training. Der Unterschied, praktisch sportlich formuliert kann so lauten:

  • Motivationsmensch: Wartet bis er in olympischer Form ist, beginnt dann mit dem Training
  • Disziplinmensch: Trainiert, um in olympische Form zu kommen

Die Frage, die du dir stellen musst ist diese: «Wie schaffe ich es, dass ich meine Aufgaben erledigen kann, ohne dass ich ewig rummosern muss?»

Der Hintergedanke ist, dass du dein emotionales Wohlbefinden von der anstehenden Aufgabe entkoppelst, denn du wirst dich nach der Aufgabe eh besser als vorher fühlen. Wenn du all deine Aufgaben von der Motivation abhängig machst, dann endest du auf deinem Sofa und spielst in deiner Unterwäsche PlayStation während deine Aufgaben unerledigt bleiben, weil die Sterne gerade nicht richtig stehen.

Motivation versus Disziplin im Arbeitsalltag

Sind wir ehrlich, jeder Job hat so seine Aspekte, von dem keiner erwarten kann, dass sich irgendwer dafür motiviert. Dein Job hat das, mein Job hat das. Wenn du also Motivationsmensch bist, dann rennst du hier gegen die Wand. Die leidigen Arbeiten häufen sich an, und weil die Sterne nie richtig stehen, wird der Arbeitsberg grösser und du fühlst dich noch schlechter, weil die Arbeit einfach nicht weniger wird.

War dir auch schon mal dermassen langweilig im Job, obwohl du unendlich viel zu tun gehabt hättest?

Kurz: Motivation ist die Kunst, dich dazu bringen zu wollen, etwas zu tun. Disziplin ist, es einfach zu tun, egal wie du dich gerade fühlst.

Aber wie kriege ich Disziplin?

Disziplin ist etwas, das du lernen kannst. Wie? Ganz einfach indem du dir Angewohnheiten anerziehst. Irgendwann hast du gelernt, das Licht auszuschalten, wenn du aus dem Raum gehst. Das ist Disziplin. Zähne putzen nach dem Essen? Disziplin durch Angewohnheit.

Genau wie du dir das Zähneputzen angewöhnen kannst, kannst du dir auch das Fitnesstraining angewöhnen. Nimm dir die Zeit, tu, was du tun musst und du wirst sehen, dass du innerhalb kürzester Zeit nicht nur Erfolge erzielen kannst, sondern dich auch noch besser fühlen wirst.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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