Hintergrund

Timekettle WT2 Plus: Faszinierende Übersetzungskopfhörer, aber gefährlich?

Die Timekettle WT2 Plus übersetzen aus 20 Sprachen in jede andere Sprache. Live. Sie sind ein wirklich spannendes Stück Technologie, aber werfen eine Menge Fragen auf.

Ein Kopfhörer, der jede Sprache in jede Sprache übersetzt. Das verspricht der chinesische Hersteller Timekettle Technologies mit dem WT2 Plus. Die In-Ear-Kopfhörer erinnern etwas an die AirPods von Apple. Das Case ist eine Art Schale, die du in der Mitte wie ein Ei aufbrichst.

Aber das ist eigentlich nur so lange relevant, bis der Akku geladen ist und die Übersetzung losgehen kann. Und dann natürlich das Experiment, wie das Gerät in die Knie gezwungen werden kann. Suchen wir uns also Leute, die einer Fremdsprache mächtig sind, mit der die WT2 nicht klarkommen

Risiko für die Privatsphäre: Deine Worte in die Cloud

Die WT2 Plus funktionieren eigentlich aus Nutzersicht ganz einfach:

  1. Das Mikrofon in den Ohrsteckern zeichnet die Stimme des Sprechers auf.
  2. Die Aufnahme wird in die Cloud geschickt.
  3. Die Aufnahme wird übersetzt. Die WT2 Plus können über 20 Sprachen und etliche Dialekte
  4. Die Kopfhörer oder die Lautsprecher geben die Übersetzung aus.

Das ist genauso simpel aber heikel, was die sicherheitstechnische Seite des Ganzen betrifft. Weder die Packungsbeilage noch die Website Timekettles sagt, in welchen Rechtsraum deine Daten übertragen werden und wer unter welchen Umständen Zugriff auf diese erhält.

Ferner ist nicht ganz klar, welche Daten wo in welcher Form gespeichert werden und welche Rechte an den Daten wohin fliessen. Auch hier: Timekettle tut sich keinen Gefallen damit, das nicht irgendwo explizit zu definieren.

Ein kleiner Disclaimer hier: Ich sage nicht, dass Timekettle die Daten an jeden verkauft oder Schindluder damit treibt. Ich sage lediglich, dass die theoretische Möglichkeit zum Schindluder besteht und ein Mangel an öffentlichen Informationen herrscht.

Denn nicht jedes Gespräch ist eine freundliche Plauderei auf der Strasse oder eine Bestellung im Restaurant.

Die App im Detail

Die App hat drei Modi:

Im Speak Mode ist es nicht zwingend notwendig, die Kopfhörer in die Ohren zu stecken. In einem kleinen, stillen Raum ist es möglich, die WT2 Plus auf den Tisch zu legen und zu sprechen. Der Auto Mode ist recht scharf und übersetzt manchmal auch Sätze, die in der anderen Sprache gesprochen werden. Die Resultate sind höchst amüsant. Touch Mode ist eine gesunde Mischung aus beidem, hat aber Verzögerungen in der Konversation.

Die Headphone-App-Kombination hört also zu, sendet die Daten irgendwo hin – welche Übersetzungsmaschine die WT2 Plus nutzen wird ebenfalls nirgends angegeben – und kommen innerhalb einer beeindruckend kurzer Zeit mit dem übersetzten Text zurück.

Vom Gesang einer Sprache

Eine Vermutung: Die Fähigkeit, dich zu verstehen und zu übersetzen, hängt unter anderem von der Melodie der Sprache ab, die übersetzt werden soll. Je definierter der Singsang der Sprache, desto einfacher die Übersetzung.

Ein Vergleich. Die russische Sprache klingt so:

Die Youtuberin Evelina Barry spricht über sich, Kultur und ihren Lebensweg. Da sind Zischlaute, definierte A- und E-Laute, harte Ts und gerollte Rs. Das ist für eine Software leicht, denn der Klang, den sie aufnimmt, lässt nur wenig Lücken zu.

Dann Tamil, jetzt ohne Hindi-Einschlag:

Ein Gespräch mit der Welt, und allen, die deine Daten kaufen

So. Fertig. Hollywood-Schauspielerin Jodie Foster spricht übrigens absolut hervorragendes Französisch. Ist mir während der Recherche aufgefallen.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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