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Saban’s Power Rangers – Moment mal, warum ist der Film gut?

Go, Go, Power Rangers! So das Motto der farblich diversen aber uniform auf sich abgestimmten Superheldentruppe in Spandex-Anzügen und Töffhelmen. Seit über 20 Jahren kämpfen sie in Riesenrobotern gegen gigantische Monster und retten die Welt. Neu in der Serie: Ein Reboot auf der grossen Leinwand, nach dem keiner gefragt hat, der aber auf ganzer Linie überrascht.

Das kleine Kaff Angel Grove, irgendwo in den USA, ist stinklangweilig. Die Teenager der lokalen Schule sind chronisch gelangweilt, träumen von Grösserem und die Erwachsenen des Küstenstädtchens, das auch eine Goldmine hat, haben ihre liebe Müh mit ihrem Nachwuchs. Als Jason Scott (Dacre Montgomery) der Schule einen Streich spielen will und eine Kuh namens Roastbeef in die Garderobe des Football-Teams schmuggelt, wird er verhaftet und seine Karriere als Quarterback ist vorbei. Stattdessen muss er nachsitzen. Dort trifft er Kimberly (Naomi Scott), Billy Cranston (RJ Cyler), Zack (Ludi Lin) und Trini (Becky G). Auch wenn die fünf in der Schule nicht wirklich miteinander zurechtkommen, verbindet die Teenies weit mehr.

Ach, was schreib ich hier ein Textlein, das ihr vom Filmverleih oder dem Studio auch bekommen könntet? Nonsense. Ich bin Power-Rangers-Fan. War ich schon immer. Als kleiner Bub, anno 1994, waren die ersten Inkarnationen von Jason und Co. meine Helden. Denn die hatten alles, was in den 1990ern cool war. Und mehr. Nicht nur hatten sie coole Kleider an, sondern sie konnten auch noch Karate oder das, was ich damals für Karate hielt. Naja, und dann ist da die Tatsache, dass sie gegen eine Urzeithexe und gigantische Monster kämpfen, indem sie in einen ebenfalls gigantischen Roboter hüpfen und dann geht’s ab. Laser, Schwerter und Dinosaurier! Was ist daran nicht cool.

Die Serie hat aber brutal schlecht gealtert und rückblickend hinterfrage ich meinen kindlichen Geisteszustand. Und dann schau ich mir die der japanischen Serie «恐竜戦隊ジュウレンジャ» («Kyōryū Sentai Zyuranger», übersetzt mit «Dinosaurierschwadron Zyuranger») entlehnten Szenen mit den Riesenrobotern an. Diese sogenannten Zords sind immer noch saucool.

Okay, ich habe dann auch noch alle anderen Staffeln geschaut und erst nach Power Rangers RPM im Jahre 2009 aufgehört zu schauen, weil mir da aufgefallen ist, wie schrottig die erste Staffel damals eigentlich war. Gut, objektiv gesehen sieht RPM, basierend auf «炎神戦隊ゴーオンジャー» («Enjin Sentai Gōonjā» oder «Engine Sentai Go-Onger») auch nicht so hammermässig aus. Die Story war aber gut. Echt.

Jetzt also «Saban’s Power Rangers». Fertig Nostalgie. Alles neu und besser. Das sieht so aus.

Irgendwas zwischen John Hughes und der Apokalypse

Als am Ende die Credits über den Bildschirm geflimmert sind, bin ich im Kino gesessen und habe die Realität hinterfragt. Der Film sollte nicht gut sein. Die Kostüme sind gewöhnungsbedürftig und irgendwie hat keiner nach einem Reboot gefragt. Trotzdem: Ich sitze da und bin begeistert.

Denn Power Rangers ist nicht nur gut, sondern so richtig gut.

Die Witze sind lustig, die Effekte toll und die Story ist zwar nicht besonders innovativ, muss sie aber auch nicht sein. Denn überraschenderweise leben die neuen Power Rangers weder von Effekten noch von Witzen sondern von den Charakteren. Denn wo eine Folge Power Rangers anno dazumal knapp über 20 Minuten gedauert hat, haben die Autoren des Films hier ziemlich genau zwei Stunden Zeit, Trini und Co. Leben einzuhauchen. Das gelingt und so wird auch die CGI-Schlacht am Ende zu einem Event, in dem Zuschauer nicht nur drauf hoffen, dass der Megazord – so heisst die gigantische Kampfmaschine, die aus mehreren kleinen Kampfmaschinen zusammengesetzt ist – das goldene Riesenmonster vernichtet, damit es nicht an den lebenserhaltenden oder -zerstörenden Zeo-Kristall kommt.

Wahre Helden, sympathische Charaktere: Die Power Rangers

Denn wir fiebern mit den Rangers mit, wenn sie von Goldar in die Enge getrieben werden, wenn Kimberlys Pteranodon-Zord auf dem Boden zerstampft wird und wenn der Megazord sich erhebt, dann wird uns warm ums Herz. Denn die Power Rangers sind unsere Helden, gerade weil die Figuren sympathisch sind, wenn sie nicht kämpfen. Trini entdeckt ihre Sexualität, Billy ist leicht autistisch und Jason ist ein Superstar, der immer eine Maske trägt. Das kommt in all den Szenen zum Tragen, in denen die Rangers nicht grade trainieren oder gegen Rita Repulsa (Elizabeth Banks) antreten. Die Rangers sind Menschen, die das Leben erst grade entdecken. Sie lachen, machen Blödsinn, fluchen und wissen manchmal einfach nicht weiter. Da haben sich die Autoren etwas von John Hughes, Autor und Regisseur von Filmen wie «The Breakfast Club» und 1980er-Teeniefilm-Legende, abgeschaut. Denn seine Filme leben von den Figuren und ihren oft trivial erscheinenden Problemen, wenn das Schicksal der Welt auch noch relevant wäre.

Nicht alles Gold, was glänzt

So gut die Charaktere auch sind, andere Aspekte des Films leiden etwas unter der neugefundenen Charaktertiefe des Franchises. Namentlich sind es zwei Aspekte, die mich wirklich gestört haben.

  1. Wenn die Rangers zum ersten mal Morphen, sich also in Uniform schmeissen, warum erklingt da nicht die Power-Rangers-Melodie?
  2. Der Megazord sieht etwas blass aus. Was ist nur aus dem Brustpanzer mit den Dino-Zähnen geworden?
Die einzelnen Zords sehen zwar cool aus, aber der Megazord ist etwas fahl geworden

Hingegen ist der Revamp der bösen Weltraumhexe Rita Repulsa voll und ganz gelungen. Elizabeth Banks spielt die Bösewichtin mit so viel Spass, dass sie jede Szene, in der sie vorkommt, einfach stiehlt. Sie hat solch eine Präsenz und so einen irren Sinn für Humor und einen bösen Charme, dass sie nicht nur eine überzeugende Schurkin abgibt, sondern auch die Bedrohung real wirken lässt.

Also: Go, Go, Power Rangers! Schau dir den Film an. Ich weiss, es gibt eigentlich keinen Grund, warum der Film gut sein sollte, aber Saban’s Power Rangers ist gut. Sehr gut sogar.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

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