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«Risiko»: Ist es okay, wenn ich die Ukraine erobere, ähm, befreie?

Das Brettspiel «Risiko» ist eines der erfolgreichsten Spiele der Welt. Seit 1957 kannst du Armeen verschieben und die Weltherrschaft erwürfeln. Ist der Strategie-Klassiker noch zeitgemäss?

Kürzlich fiel mir das Spiel wieder in die Hände. Nicht der vermutlich ohnehin zerfledderte Karton mit Soldaten-Figuren, Würfeln, Karten und Spielbrett. Nein, Apple schickte mir seine wöchentlichen App-Empfehlungen. Darunter war eine iPad-Version des Strategiespiels. Ausprobieren kann man es mal, dachte ich mir, und lud es herunter.

Ein paar Partien später ist klar: Die Erfolgsfaktoren des Brettspiels gelten auch in der digitalen Version:

  1. Sichere dir so schnell wie möglich einen oder mehrere Kontinente, um den Truppenbonus zu erhalten.
  2. Sichere die Aussengrenzen deines Reiches ab, um Gegner gar nicht erst auf den dummen Gedanken eines Angriffs zu bringen.
  3. Achte auf mögliche Truppenkonzentration deiner Gegner (um deren Mission zu antizipieren) und reagiere durch cleveres Verschieben deiner eigenen Armeen.

Ukraine fehlt als Spielfeld bei «Risiko»

In der aktuellen «Risiko»-Brettspiel-Version gibt es die Ukraine als mögliches Schlachtfeld nicht mehr. Das Spielfeld auf dem Brett kennt nur «Russland» als eines der 42 Territorien auf der Weltkarte. Das Staatsgebiet der Ukraine ist in Russland aufgegangen. In den 1970er-Jahren dagegen gab es Spielfelder ohne «Russland», dafür mit einer «Ukraine», die vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee reichte.

Ich habe bei Hasbro nachgefragt, inwiefern die aktuelle Weltpolitik eine Rolle spielt bei der Grenzziehung auf dem Spielbrett. Die Antwort der Hasbro-Zentrale aus den USA ist fast schon unverschämt diplomatisch, insbesondere weil es ja um ein eher kriegerisches Spiel geht. Und so verständlich wie die Befehle eines Feldmarschalls im Wodka-Rausch. Sie lautet im Wortlaut:

In welcher Version auch immer: Für sensible Kleinstaaten-Seelen ist «Risiko» eher ein schwieriges Spiel. Die Schweiz zum Beispiel findet auf dem Spielfeld gar nicht erst statt. Hier empfiehlt sich ein Blick auf eine der zahlreichen Sondereditionen, zum Beispiel die Röstigraben-Variante.

Wer hat’s erfunden …?

Mit über 100 000 Verkäufen war es 1959 dann aber trotzdem das meistverkaufte Spiel. In den folgenden Jahren wurden weltweit Millionen Exemplare verkauft, «Risiko» ist damit eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten, in jedem Fall unschlagbar im Segment der Kriegs- und Strategiespiele.

Seit 1985 wird nicht mehr «erobert», sondern «befreit»

Im Vergleich zu modernen Kriegssimulationen wirkt «Risiko» in der analogen Brettspiel-Variante heute geradezu antiquiert. So wie viele andere PC-Spiele aus meiner Kindheit, zum Beispiel das DOS-Game «Tank Wars», bei dem sich zufällig in der Landschaft platzierte Panzer Artilleriefeuer-Schlachten lieferten.

Beides, «Risiko» wie auch frühe Games, sind von der Realität sehr weit entfernt. Trotzdem, ich fühle mich nicht wohl damit, Panzer oder ganze Armeen herumkommandieren. Das Kriegsspiel hat für mich den Reiz verloren, seit er in der Realität wieder so nahe ist.

Was denkst du? Sind Brettspiele wie «Risiko» heute noch zeitgemäss? Schreibe einen Kommentar und teile deine Gedanken mit mir und der Community.

Titelfoto: Martin Jungfer

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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