Hintergrund

«Kevin, chouf dir aständegi Ungerhose»

Vanessa Kim
14.9.2021
Bilder: Thomas Kunz

Das Berner Start-up Flizzer steht für Unterhosen, die nicht nur bequem, sondern auch nachhaltig sind. Gründer Kevin Bucher verrät, was das Geheimnis seiner Schlüpfer ist und warum er damit für weniger peinliche Momente sorgt.

Die Gründung eines Labels ist kein leichtes Unterfangen: Kommst du aus der Textilbranche?
Nein. Ich interessiere mich zwar für Mode und wie sie hergestellt wird, habe aber keine Vorkenntnisse, die mir hätten weiterhelfen können.

Was hast du ursprünglich gelernt?
Maschinenzeichner respektive Maschineningenieur. Da mich dieser Beruf aber nicht erfüllte, wechselte ich in die Produktentwicklung und später ins Innovationsmanagement bei der Schweizerischen Post. Dementsprechend stand ich zu Beginn von Flizzer ohne ein Netzwerk da.

Wie hast du dieses Problem gelöst?
Ich besuchte die türkische Botschaft in Bern, die Verbindungen zur Textilbranche in der Türkei hat. Auch die Chefeinkäuferin von Schiesser hat mir weitergeholfen. Ursprünglich wollte ich ein zu 100 Prozent schweizerisches Produkt entwickeln.

Wie lief die Zusammenarbeit mit dem deutschen Produzenten weiter?
Nach einem persönlichen Treffen legten wir mit der Modellentwicklung los. Den ersten Prototyp hielt ich im September 2017 in den Händen. Daraufhin schickte ich ihm meine Änderungswünsche und Schnittkorrekturen, die ich direkt auf der Unterhose einzeichnete, wieder zurück. Fünf Iterationsschleifen waren nötig.

Kannst du von Flizzer leben?
Nein, ich arbeite nach wie vor bei der Schweizerischen Post. Ich habe aber auf 80 Stellenprozent reduziert. Die restlichen 20 Prozent – inoffiziell ist es etwas mehr (schmunzelt) – arbeite ich für mein Label. Dank der TV-Finanzspritze erhöhe ich die Präsenz der Marke in der Schweiz: Zwei Mitarbeiter helfen mir mit dem Marketing.

Inwiefern?
Cradle-to-Cradle-Papier ist weiss. Das irritiert meine Kundschaft. Sie beschwert sich darüber, dass zwar die Unterhosen, nicht jedoch die Verpackung nachhaltig sei. Aus diesem Grund lasse ich die zertifizierte und kreislauffähige Verpackung mit biologisch abbaubarer Farbe bedrucken, damit sie nicht nur nachhaltig ist, sondern auch nachhaltig aussieht.

Was sind deine nächsten Projekte?
Eine Boxershorts-Linie, die Ende Jahr auf den Markt kommt. Die Shorts sind aus einem gestrickten Material gefertigt. Darum sind sie nicht so steif wie herkömmliche Boxershorts, die in der Regel gewoben sind.

Sind auch Bügel-BHs geplant?
Nein, wir führen allerdings nicht-gestützte Bustiers. Vor drei Wochen las ich einen spannenden Artikel in der Sonntagszeitung. Darin ging es um die Entwicklung des BHs. Niemand weiss, warum es Bügel-BHs gibt. Es gibt keine logische Erklärung dafür. Abgesehen davon ist er seit Corona und Homeoffice auf dem absteigenden Ast.

Auf Augenhöhe

Hier geht es zum gesamten Flizzer-Sortiment.

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Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt. 


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