Meinung

Katze vs. Augensalbe: ein Kampf in sieben Akten

So schwer kann es doch nicht sein, einer Katze Medizin zu geben? Doch. Tipps aus der Tierarztpraxis und aus dem Internet sind für die Katz. Zumindest bei unserer Joy.

«Schieben Sie die Beine sanft unter den Körper …» Ich muss laut auflachen, als mir mein Mann ein Video unserer Tierärztin zeigt. Sie demonstriert, wie es gelingen soll, einer Katze Augensalbe gegen eine Bindehautentzündung zu verabreichen. Ganz simpel. Ganz entspannt.

Aber nicht bei unserer Joy.

Unsere Katze kriegt zu Hause bereits Herzflattern, wenn sie die Crèmetube nur schon sieht. Kein Wunder: Versucht haben wir alles.

1. Der Handgriff

Blauäugig denken wir erst, ein fester Griff würde reichen. Doch wer hätte gedacht, dass unsere sanftmütige 3,7-Kilogramm-Katze, die mehr piepst als miaut, zu einem bengalischen Tiger mutiert? Bereits beim ersten Versuch verpasst sie mir drei dicke Kratzer am Handgelenk und einen am Bauch – durchs Shirt, das nun ein stilvolles Loch ziert.

Mi-AU! Da hat mich Joy aber ordentlich erwischt.
Mi-AU! Da hat mich Joy aber ordentlich erwischt.

2. Die Bank

Vielleicht klappt es ja, wenn wir Joy stellen statt halten, denken wir und versuchen es auf der Bank im Korridor. Diesmal nimmt mein Mann Joy in den Schwitzkasten. Zumindest sieht es so aus. Bis sie sich nach drei Sekunden schon wieder aus seinen Armen windet. «Du musst sie festhalten. Fest! Halten!», schnaube ich. «Ja, ja, schon klar», murmelt mein Mann. Die nächsten 15 Minuten schmollt Joy unter dem Sofa und wir sitzen schweigend über ihr.

3. Der Tisch und die Kampfmontur

Vielleicht war die Bank zu tief, um sie zu fixieren, denken wir und haben die nächste zündende Idee: Joy landet auf dem Esstisch (nicht im kulinarischen Sinne). Diesmal ziehe ich mir als Rüstung zwei wollene Winterhandschuhe über. Und einen Bademantel über das zerlöcherte Shirt. Was für ein Anblick. Aber tatsächlich: Für einen Moment kann ich sie fixieren. Als Joy jedoch die Crèmetube erblickt, zieht sie ihren Hals wie eine Schildkröte ein und starrt demonstrativ nach unten. So kommt mein Mann unmöglich an ihr Auge. Wir lassen sie entkommen. Ich fluche.

Meine Kampfmontur: Winterhandschuhe und ein Bademantel.
Meine Kampfmontur: Winterhandschuhe und ein Bademantel.

4. Der Löffel

Wenn die Tube das Problem ist, dann muss etwas anderes her. Ich habe einen MacGyver-Einfall, von dem ich mindestens doppelt so überzeugt bin wie mein Mann. Ich hole einen Löffel aus der Schublade und drücke eine Linie der Crème darauf aus. Mein Mann hält Joy wieder fest, während ich ihr den Löffel über das Auge streiche. Dieses drückt sie nun natürlich zu und dreht den Kopf zur Seite. Die Crème landet halb am Schnurrhaar und halb am Ohr. Prima. Wirklich grossartig.

Diese Line lass lieber sein: Damit ging die Crème überall hin, nur nicht ins Auge.
Diese Line lass lieber sein: Damit ging die Crème überall hin, nur nicht ins Auge.

5. Die Bestechung

Mit einem Katzensnack gelingt es sicher, glaubt mein Mann. «Dreamer», denke ich. «Dreamies», denkt er. An diesen knabbert Joy so lange, bis wir sie das erste Mal festhalten. Von da an schiesst sie davon, sobald sie den Snack-Beutel nur schon rascheln hört. Ein Albdreamie. Joy lässt die nächsten 15 Minuten verstreichen, diesmal unter dem Bett.

Dreamies Huhn (Adult, 1 Stk., 180 g)
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6. Der Nacken

Als nächstes versuchen wir, Joy an der Hautfalte an ihrem Nacken festzuhalten. So, wie es Mutterkatzen bei Kitten tun. Und wie unsere Tierärztin auch schon Kater Jasper fixiert hat. Mit Joy scheitert es kläglich. Sie erstarrt nicht mal ansatzweise, sondern erzappelt sich hektisch die Freiheit. «Na gut, dann lassen wir dein Auge halt verrotten!», rufe ich ihr mit sarkastischem Unterton hinterher. Sie blinzelt ungläubig unter dem Sofa hervor.

Von Erstarrung nichts zu sehen: Joy befreit sich nach wenigen Sekunden aus dem Nackengriff.
Von Erstarrung nichts zu sehen: Joy befreit sich nach wenigen Sekunden aus dem Nackengriff.

7. Der Burrito

Zuletzt geben wir einem Tipp aus dem Internet eine Chance: dem Burrito-Trick. Einfach die Katze in ein Tuch einwickeln. Haha. Heute ist Fajita-Tag? Nicht bei uns. Sobald Joy Frotté unter den Füssen spürt – falls wir überhaupt so weit kommen – realisiert sie, dass wir etwas im Schilde führen. Das einzige Gerollte, das wir an diesem Tag zu Gesicht bekommen, ist die Hechtrolle: Joy rettet sich mit einem Sprung von der Tischkante.

Hallelujah!

Als auch die stahlharten Nerven meines Mannes bedenklich flattern, kommt mir ein letzter Einfall. Dass ich Joy auf der Korridor-Bank festhalte, haben wir noch nicht versucht. Also lege ich mich mit meinem ganzen Gewicht auf den kleinen Katzenkörper, schiebe die Beine mit den Armen nach innen und drücke den Kopf mit den Fingern nach oben, während ich ihn mit meinem Kinn fixiere. Mein Mann zieht mit der einen Hand Joys Auge auf – «Das linke, gell?!» – und träufelt mit der anderen die Crème rein. Hallelujah, es ist vollbracht! Jetzt nur noch sieben weitere Male ...

Theorie ist Wissen, das praktisch nicht funktioniert

Mein Resümee: Was in der Tierarztpraxis und im Internet so bubieinfach aussieht, kann zu Hause akrobatisches Können erfordern. Und was bei der einen Katze ein Kinderspiel ist – Kater Jasper lässt sich problemlos halten, einrollen und die Augen in alle Himmelsrichtungen aufziehen – kann bei der anderen in einen Kampf ausarten. Wem die Tortur aus Crèmes, Tropfen und Tabletten noch bevorsteht, will ich nur eines mit auf den Weg geben: «Kamerad, komm heil zurück».

Wie gut gelingt es dir, deiner Katze Medikamente zu verabreichen? Verrate es in einem Kommentar.

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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.


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