

«Ich bleibe ganz bei mir selbst»

Die Eigenmarken-Welle von Galaxus rollt. Das bringt Neuzugänge ins Sortiment, welche die Welt nicht neu erfinden, aber mit einem guten Preis überzeugen wollen. So wie die neue Thermosflasche.
Seit ich im Frühjahr einem der ersten Eigenmarken-Produkte, einem T-Shirt, hier im Magazin eine Bühne gegeben habe, drängen sich weitere auf. Mir scheint, die dafür zuständige Abteilung sprudelt gerade vor Ideen. Wohlan, dann wollen wir doch einmal genauer nachfragen, was die neue Thermosflasche kann.
Hallo Thermos … Darf ich dich so ansprechen?
Thermos: Ja, das passt schon. Intern nennen sie mich zwar 54445525, also so wie die Artikelnummer im Shop. Aber das kann sich ja niemand merken. Da freut es mich, dass ich in der Produktbeschreibung quasi aus Versehen wohl einen Namen bekommen habe.
Wie kam das?
Muss ein Fauxpas des Texters gewesen sein, der sich ausdenkt, was bei den Eigenmarken unter «Produktbeschreibung» zu lesen ist. Bei anderen Produkten im Shop steht da ja oft ziemlicher Quatsch. Vermutlich von KI generiert. Oder von koksenden Marketingleuten ausgedacht. Oder eine Kombination aus beiden. Wie auch immer: Bei mir heisst es ganz nüchtern: «Die Thermos-Trinkflasche fasst 0,5 Liter und ist für heisse und kalte Getränke geeignet.» Das gefällt mir, weil es so schlicht ist.
Apropos schlicht: Du fällst im Sortiment der Trinkflaschen und Thermosflaschen ja kaum auf.
Wie soll ich denn da auffallen?! Es gibt über 12 000 Flaschen bei Galaxus. Da fällst du doch nur auf, wenn du entweder eine ganz grausige Farbe hast oder dich aufbretzelst, als wärst du was Besseres – so wie diese Stanley-Becher-Typen. Pff! Da bleib ich lieber ganz bei mir selbst.
Das heisst konkret?
Alles an mir schreit förmlich Mainstream. Ich fasse einen halben Liter, habe einen Schraubverschluss, bin schwarz und aus Metall. Das ist, was die Leute wollen. Jedenfalls wollen das sehr viele. Das sagen zumindest die Eigenmarken-Leute von Galaxus, die auch mich erfunden haben. Unter uns: Ich glaube, die dürfen wohl nicht besonders kreativ sein, die wollen wohl einfach nur viel verkaufen.
Meinst du, das klappt?
Ich will jetzt nicht allzu gross angeben, aber schau mich mal an. Bin ich nicht gut proportioniert? Fühle ich mich nicht gut an? Mit mir kann man sich doch sehen lassen im Büro oder im Fitness. Ich traue mir zu, auch bei einer Wanderung eine gute Figur zu machen.
Bist du dafür auch cool genug?
Ha, ein Witzbold! Das soll wohl irgendwie eine lustige Überleitung sein zu meiner Fähigkeit, den Inhalt besonders gut warm oder kalt halten zu können.
Öhm ja, hast mich ertappt.
Schon in Ordnung, bin ich ja gewohnt von euch Journalisten. Also, zur Sache: Natürlich halte ich Tee warm und etwas Kaltes bleibt auch kalt in mir. In den Produktdaten steht eine Warmhaltezeit von acht Stunden.
Finde ich jetzt nicht sonderlich beeindruckend, da gibt’s Thermosflaschen-Konkurrenz, die angeblich 24 Stunden schafft.
Was, echt jetzt?! Das wäre ja dreimal so lange. Uff! Ich würde schon gerne mal wissen, wie die anderen diese Tests ausgehalten haben. Ich fand das Prozedere einfach nur anstrengend.
Andere Flaschen halten wohl auch länger kalt …
Jaja! Wobei ich hier schon mal sagen muss, dass ich da schon nicht alles glaube, was da steht. Denn im Gegensatz zum Warmhalten gibt es für die Kühldauer keinen Standardtest.
Wie wurde das bei dir gemacht?
Zuerst wurde ich in einen 30 Grad warmen Raum gebracht. Dort haben ein paar Typen in Kitteln vier Grad kaltes Wasser in mich eingefüllt. Brrr! Ein Schock. Ich konnte das Wasser recht ordentlich kühl halten: Nach acht Stunden hatte es nur etwas über zwölf Grad.

Quelle: Manuel Wenk
Angeblich hält die Flasche von Chilly’s ein Getränk 24 Stunden lang kalt.
Und das glaubst Du? You dreamer, you! Ich verrate dir mal was: Hätte ich etwas zu sagen, stünde da jetzt bei mir auch 24 Stunden. Darf halt nur niemand die Flasche zwischendurch aufmachen, und ich muss in den 24 Stunden in einem Iglu stehen – dann bleibt in mir alles für immer schön kalt. Aber nein, die Produktmanager bei Galaxus geben dann lieber gar keinen Wert an. Die wollen blöderweise immer so ehrlich sein.
Also findest du solche Spezifikationen unfair?
So eine blöde Frage! Natürlich sind die Quatsch. Wie diese Snobs von Chilly’s, Sigg und Co. immer damit angeben, das kannst du dir nicht vorstellen. Aber ich hab da ne Idee: Du hast doch etwas zu melden in der Redaktion. Könntest du nicht mal einen Vergleichstest machen lassen? Ich gegen ein paar dieser Poser. Wollen doch mal sehen, wer länger durchhält in einem echten Praxistest.
Du warst im Interview bisher nicht so freundlich zu mir. Aber okay, machen wir das.
Hey, danke! Und sorry, ich wollte nicht so grob rüberkommen. Aber du hast mit diesen blöden Zeitangaben einen wunden Punkt getroffen bei mir.
Entschuldigung angenommen. Dann sehen wir uns nächstens zum Test.
Jo, bis dann. Darf ich noch etwas sagen?
Sicher.
Wissen die Leute, dass sie mich trotzdem schon kaufen dürfen? Immerhin bin ich im Vergleich zu den anderen Typen ein echtes Schnäppchen.
Du willst wirklich über den Preis reden?
(lächelt sarkastisch) Ist das wohl dein wunder Punkt? Ich weiss schon, dass ihr wegen der ständig wechselnden Preise immer wieder mal Ärger mit der Kundschaft habt. Bei mir sind’s fix 19 Franken. Fair und stabil.
So, bist du das also losgeworden. Dann ist das Interview jetzt zu Ende. Danke. Und bis zum Test dann.



Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.
Vorstellung ausgewählter neuer Produkte bei Digitec und Galaxus. Geprüft, klar und ohne Marketing-Blabla.
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